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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

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für Landleute.
drückt sind, sieht man die Leute weit häufiger in den
Schenken, stiller und trauriger aber öfterer trinken, und
auch weniger fleißig arbeiten. Jhre Wirthschaft geht
bey allen Einschränkungen schlimmer, und der niederge-
schlagene Mensch schaft mit seinen Händen dasjenige nicht,
was der lustige schaft. Die Unterthanen sehen den Ge-
setzgeber wie die Kinder einen grämlichen Vater an; sie
versammlen sich in Winkeln, und thun mehr böses als
sie bey mehrer Freyheit gethan haben würden. Sie dün-
ken sich sicher, so oft sie sich nur nicht die Hälse brechen.

Bisher hat man noch kein eignes Policeyreglement
für die Lustbarkeiten der Landleute gehabt, welches haupt-
sächlich dayer rührt, daß die Gesetzgeber lieber selbst ha-
ben tanzen als andre tanzen lassen wollen. Es würde
aber doch in dem Falle nöthig seyn, wenn meine Wün-
sche erfüllet werden sollten. Jn demselben würde das
erste seyn, daß in einem gewissen zu bestimmenden Di-
stricte nur eine einzige Schenke geduldet, diese gehörig
und geräumig eingerichtet, und mit allen versehen seyn
sollte, was vernünftige Landleute ergötzen könnte. Der
Wirth sollte seine Vorschrift haben, was er geben und
nicht geben dürfte; der Tag zur Lustbarkeit sollte bestimmt
und an demselben immer die nöthige Hülfe, um Unord-
nungen zu steuren, bey der Hand seyn. Ausser dem be-
stimmten Tage, und einigen andern, die noch näher be-
stimmet werden könnten, sollte der Wirth gar keine Gä-
ste setzen dürfen. Die Spiele sollten bestimmt, und an-
gemessen seyn. Drey alte Männer sollten des Tages Rich-
ter seyn, und alles entscheiden können, was der Cere-
monienmeister anderwärts entscheiden kann. Wer sich
denselben widersetzte, sollte sofort der in der Nähe ste-
henden Amtshülfe übergeben; der betrunkene Mann durch
sie gegen ein gewisses Botenlohn sofort nach Hause ge-

bracht;
C 2

fuͤr Landleute.
druͤckt ſind, ſieht man die Leute weit haͤufiger in den
Schenken, ſtiller und trauriger aber oͤfterer trinken, und
auch weniger fleißig arbeiten. Jhre Wirthſchaft geht
bey allen Einſchraͤnkungen ſchlimmer, und der niederge-
ſchlagene Menſch ſchaft mit ſeinen Haͤnden dasjenige nicht,
was der luſtige ſchaft. Die Unterthanen ſehen den Ge-
ſetzgeber wie die Kinder einen graͤmlichen Vater an; ſie
verſammlen ſich in Winkeln, und thun mehr boͤſes als
ſie bey mehrer Freyheit gethan haben wuͤrden. Sie duͤn-
ken ſich ſicher, ſo oft ſie ſich nur nicht die Haͤlſe brechen.

Bisher hat man noch kein eignes Policeyreglement
fuͤr die Luſtbarkeiten der Landleute gehabt, welches haupt-
ſaͤchlich dayer ruͤhrt, daß die Geſetzgeber lieber ſelbſt ha-
ben tanzen als andre tanzen laſſen wollen. Es wuͤrde
aber doch in dem Falle noͤthig ſeyn, wenn meine Wuͤn-
ſche erfuͤllet werden ſollten. Jn demſelben wuͤrde das
erſte ſeyn, daß in einem gewiſſen zu beſtimmenden Di-
ſtricte nur eine einzige Schenke geduldet, dieſe gehoͤrig
und geraͤumig eingerichtet, und mit allen verſehen ſeyn
ſollte, was vernuͤnftige Landleute ergoͤtzen koͤnnte. Der
Wirth ſollte ſeine Vorſchrift haben, was er geben und
nicht geben duͤrfte; der Tag zur Luſtbarkeit ſollte beſtimmt
und an demſelben immer die noͤthige Huͤlfe, um Unord-
nungen zu ſteuren, bey der Hand ſeyn. Auſſer dem be-
ſtimmten Tage, und einigen andern, die noch naͤher be-
ſtimmet werden koͤnnten, ſollte der Wirth gar keine Gaͤ-
ſte ſetzen duͤrfen. Die Spiele ſollten beſtimmt, und an-
gemeſſen ſeyn. Drey alte Maͤnner ſollten des Tages Rich-
ter ſeyn, und alles entſcheiden koͤnnen, was der Cere-
monienmeiſter anderwaͤrts entſcheiden kann. Wer ſich
denſelben widerſetzte, ſollte ſofort der in der Naͤhe ſte-
henden Amtshuͤlfe uͤbergeben; der betrunkene Mann durch
ſie gegen ein gewiſſes Botenlohn ſofort nach Hauſe ge-

bracht;
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[35/0047] fuͤr Landleute. druͤckt ſind, ſieht man die Leute weit haͤufiger in den Schenken, ſtiller und trauriger aber oͤfterer trinken, und auch weniger fleißig arbeiten. Jhre Wirthſchaft geht bey allen Einſchraͤnkungen ſchlimmer, und der niederge- ſchlagene Menſch ſchaft mit ſeinen Haͤnden dasjenige nicht, was der luſtige ſchaft. Die Unterthanen ſehen den Ge- ſetzgeber wie die Kinder einen graͤmlichen Vater an; ſie verſammlen ſich in Winkeln, und thun mehr boͤſes als ſie bey mehrer Freyheit gethan haben wuͤrden. Sie duͤn- ken ſich ſicher, ſo oft ſie ſich nur nicht die Haͤlſe brechen. Bisher hat man noch kein eignes Policeyreglement fuͤr die Luſtbarkeiten der Landleute gehabt, welches haupt- ſaͤchlich dayer ruͤhrt, daß die Geſetzgeber lieber ſelbſt ha- ben tanzen als andre tanzen laſſen wollen. Es wuͤrde aber doch in dem Falle noͤthig ſeyn, wenn meine Wuͤn- ſche erfuͤllet werden ſollten. Jn demſelben wuͤrde das erſte ſeyn, daß in einem gewiſſen zu beſtimmenden Di- ſtricte nur eine einzige Schenke geduldet, dieſe gehoͤrig und geraͤumig eingerichtet, und mit allen verſehen ſeyn ſollte, was vernuͤnftige Landleute ergoͤtzen koͤnnte. Der Wirth ſollte ſeine Vorſchrift haben, was er geben und nicht geben duͤrfte; der Tag zur Luſtbarkeit ſollte beſtimmt und an demſelben immer die noͤthige Huͤlfe, um Unord- nungen zu ſteuren, bey der Hand ſeyn. Auſſer dem be- ſtimmten Tage, und einigen andern, die noch naͤher be- ſtimmet werden koͤnnten, ſollte der Wirth gar keine Gaͤ- ſte ſetzen duͤrfen. Die Spiele ſollten beſtimmt, und an- gemeſſen ſeyn. Drey alte Maͤnner ſollten des Tages Rich- ter ſeyn, und alles entſcheiden koͤnnen, was der Cere- monienmeiſter anderwaͤrts entſcheiden kann. Wer ſich denſelben widerſetzte, ſollte ſofort der in der Naͤhe ſte- henden Amtshuͤlfe uͤbergeben; der betrunkene Mann durch ſie gegen ein gewiſſes Botenlohn ſofort nach Hauſe ge- bracht; C 2

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/47>, abgerufen am 21.11.2024.