Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.der Blattern ganz verbieten. men folgends die Medicinalanstalten zu Stande, womit un-ser wohlthätiges Jahrhundert schwanger geht, so wird man überall Eltern mit ihren Kindern, Kindeskindern, Enkelkindern und Urenkelkindern herum wandern sehen, und zuletzt Mord und Todtschlag begehen müssen, um sich mit Ehren einen Platz in der Weit zu verschaffen. Jm Anfang wie Gott die Welt erschuf, wurden die XVI. E 2
der Blattern ganz verbieten. men folgends die Medicinalanſtalten zu Stande, womit un-ſer wohlthaͤtiges Jahrhundert ſchwanger geht, ſo wird man uͤberall Eltern mit ihren Kindern, Kindeskindern, Enkelkindern und Urenkelkindern herum wandern ſehen, und zuletzt Mord und Todtſchlag begehen muͤſſen, um ſich mit Ehren einen Platz in der Weit zu verſchaffen. Jm Anfang wie Gott die Welt erſchuf, wurden die XVI. E 2
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der Blattern ganz verbieten.
men folgends die Medicinalanſtalten zu Stande, womit un-
ſer wohlthaͤtiges Jahrhundert ſchwanger geht, ſo wird
man uͤberall Eltern mit ihren Kindern, Kindeskindern,
Enkelkindern und Urenkelkindern herum wandern ſehen,
und zuletzt Mord und Todtſchlag begehen muͤſſen, um ſich
mit Ehren einen Platz in der Weit zu verſchaffen.
Jm Anfang wie Gott die Welt erſchuf, wurden die
Menſchen tauſend Jahr alt, weil Garten und Feldland
im Ueberfluß da war; nachher wie die Bevoͤlkerung im
juͤdiſchen Lande zunahm, erreichten viele kaum ein mitt-
lers Alter von fuͤnf hundert Jahren; endlich ward das
hoͤchſte Alter hundert Jahr, und man ſieht offenbar, daß
das menſchliche Alter gerade in dem Verhaͤltniß abge-
nommen hat, wie ſich die Menſchen vermehret haben.
Liegt hierin aber nicht deutlich die Regel unſers Verhaͤlt-
niß, daß wir der Kinder nicht gar zu viel werden laſſen
ſollen? Wahrlich es wird, wenn die Einimpfung nicht
noch in Zeiten verboten wird, uͤber funfzig Jahr wun-
derlich in der Welt hergehen; das hoͤchſte Alter der Men-
ſchen wird dann ungefaͤhr dreyßig Jahr ſeyn, und die
Welt noch von zwanzigjaͤhrigen Greiſen regieret werden.
Sonſt hieß es je dicker die Saat je duͤnner die Halme, aber
unſre Herrn Aerzte kehren ſich an dieſe in der Erfahrung
gegruͤndete Regel nicht; auch das ſchwaͤchſte und kuͤm-
merlichſte Haͤlmgen ſoll nicht ausgejaͤtet werden. Nun
ſie moͤgen ſehen wie es ihnen die Nachwelt danken wird;
ich halte es mit den natuͤrlichen Blattern die ſo fein auf-
raͤumen, und auf jedem Hofe gerade ein Paͤrgen uͤbrig
laſſen, was ſich fein ſatt eſſen und dem lieben Gott recht
viele Engeln liefern kann. Jch breche hier ab um keine
Thorheit zu ſagen. Lebe wohl!
XVI.
E 2
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