Zweite Hauptgattung. Staaten, welche auf dem Glauben an eine unmittelbare göttliche Stiftung und an eine fortdauernde unmittelbare Leitung der menschlichen Dinge durch göttliche Anordnung beruhen; d. h. Theokratieen. Dieselben zerfallen in zwei wohl zu unterscheidende Arten:
In reine Theokratieen, das ist in solche Staaten, in welchen die Leitung der religiösen und der politischen Dinge in derselben Hand liegt, somit Kirche und Staat ein und dasselbe Ganze bilden, und das gesammte Leben auf der Erde lediglich in dem Verhältnisse des Menschen zur Gottheit aufgefaßt wird. Nothwendig sind hier die Priester auch die Leiter aller gemein- schaftlichen Angelegenheiten, welcher Art diese auch sein mögen.
Gemischte oder dualistische Theokratieen. Hier wird dem Erdenleben wenigstens so weit Eigenthümlichkeit und selbststän- diger Werth zugeschrieben, daß ihm eine von der Besorgung der überirdischen Beziehungen gesonderte Leitung, übrigens immer nach Maßgabe göttlicher Gebote und in der von der Gottheit angeordneten Form, eingeräumt wird. Hier besteht also eine eigene Laienregierung für die weltlichen Dinge, und eine besondere Leitung der religiösen und kirchlichen Angelegen- heiten; beide untrennbar verbunden durch dasselbe göttliche Gesetz, und beide beruhend auf derselben göttlichen Auctorität. Nur darin kann Verschiedenheit und möglicher Weise Streit bestehen, ob das Religionshaupt, welches jeden Falles in Sachen des Glaubens und des Cultes selbstständig und die höchste Macht ist, auch eine obere Leitung der weltlichen Dinge hat, so daß das Haupt der letzteren nur ein mittelbarer Statthalter Gottes ist; oder ob die beiden Gewalten, jede in ihrem Kreise, auf gleicher Höhe stehen und unabhängig von einander den sie betreffenden Theil der göttlichen Anordnung vollziehen 3).
Dritte Hauptgattung. Staaten, deren Bestandtheile sich in abgesonderten Gruppen und Stellungen um eine Macht
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Zweite Hauptgattung. Staaten, welche auf dem Glauben an eine unmittelbare göttliche Stiftung und an eine fortdauernde unmittelbare Leitung der menſchlichen Dinge durch göttliche Anordnung beruhen; d. h. Theokratieen. Dieſelben zerfallen in zwei wohl zu unterſcheidende Arten:
In reine Theokratieen, das iſt in ſolche Staaten, in welchen die Leitung der religiöſen und der politiſchen Dinge in derſelben Hand liegt, ſomit Kirche und Staat ein und dasſelbe Ganze bilden, und das geſammte Leben auf der Erde lediglich in dem Verhältniſſe des Menſchen zur Gottheit aufgefaßt wird. Nothwendig ſind hier die Prieſter auch die Leiter aller gemein- ſchaftlichen Angelegenheiten, welcher Art dieſe auch ſein mögen.
Gemiſchte oder dualiſtiſche Theokratieen. Hier wird dem Erdenleben wenigſtens ſo weit Eigenthümlichkeit und ſelbſtſtän- diger Werth zugeſchrieben, daß ihm eine von der Beſorgung der überirdiſchen Beziehungen geſonderte Leitung, übrigens immer nach Maßgabe göttlicher Gebote und in der von der Gottheit angeordneten Form, eingeräumt wird. Hier beſteht alſo eine eigene Laienregierung für die weltlichen Dinge, und eine beſondere Leitung der religiöſen und kirchlichen Angelegen- heiten; beide untrennbar verbunden durch dasſelbe göttliche Geſetz, und beide beruhend auf derſelben göttlichen Auctorität. Nur darin kann Verſchiedenheit und möglicher Weiſe Streit beſtehen, ob das Religionshaupt, welches jeden Falles in Sachen des Glaubens und des Cultes ſelbſtſtändig und die höchſte Macht iſt, auch eine obere Leitung der weltlichen Dinge hat, ſo daß das Haupt der letzteren nur ein mittelbarer Statthalter Gottes iſt; oder ob die beiden Gewalten, jede in ihrem Kreiſe, auf gleicher Höhe ſtehen und unabhängig von einander den ſie betreffenden Theil der göttlichen Anordnung vollziehen 3).
Dritte Hauptgattung. Staaten, deren Beſtandtheile ſich in abgeſonderten Gruppen und Stellungen um eine Macht
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Zweite Hauptgattung. Staaten, welche auf dem Glauben
an eine unmittelbare göttliche Stiftung und an
eine fortdauernde unmittelbare Leitung der menſchlichen Dinge
durch göttliche Anordnung beruhen; d. h. Theokratieen.
Dieſelben zerfallen in zwei wohl zu unterſcheidende Arten:
In reine Theokratieen, das iſt in ſolche Staaten, in
welchen die Leitung der religiöſen und der politiſchen Dinge
in derſelben Hand liegt, ſomit Kirche und Staat ein und dasſelbe
Ganze bilden, und das geſammte Leben auf der Erde lediglich
in dem Verhältniſſe des Menſchen zur Gottheit aufgefaßt wird.
Nothwendig ſind hier die Prieſter auch die Leiter aller gemein-
ſchaftlichen Angelegenheiten, welcher Art dieſe auch ſein mögen.
Gemiſchte oder dualiſtiſche Theokratieen. Hier wird dem
Erdenleben wenigſtens ſo weit Eigenthümlichkeit und ſelbſtſtän-
diger Werth zugeſchrieben, daß ihm eine von der Beſorgung
der überirdiſchen Beziehungen geſonderte Leitung, übrigens
immer nach Maßgabe göttlicher Gebote und in der von der
Gottheit angeordneten Form, eingeräumt wird. Hier beſteht
alſo eine eigene Laienregierung für die weltlichen Dinge, und
eine beſondere Leitung der religiöſen und kirchlichen Angelegen-
heiten; beide untrennbar verbunden durch dasſelbe göttliche Geſetz,
und beide beruhend auf derſelben göttlichen Auctorität. Nur
darin kann Verſchiedenheit und möglicher Weiſe Streit beſtehen,
ob das Religionshaupt, welches jeden Falles in Sachen des
Glaubens und des Cultes ſelbſtſtändig und die höchſte Macht
iſt, auch eine obere Leitung der weltlichen Dinge hat, ſo daß
das Haupt der letzteren nur ein mittelbarer Statthalter Gottes
iſt; oder ob die beiden Gewalten, jede in ihrem Kreiſe, auf
gleicher Höhe ſtehen und unabhängig von einander den ſie
betreffenden Theil der göttlichen Anordnung vollziehen 3).
Dritte Hauptgattung. Staaten, deren Beſtandtheile ſich
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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/113>, abgerufen am 21.11.2024.
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