Personen aber gewählt werden. -- Die einzigen Ausnahmen sind folgende:
1. In großen Staaten mögen untergeordnete Aemter von näher gerückten höheren Behörden besetzt werden, damit das Staatsoberhaupt nicht bedeutenderen Geschäften dadurch entzogen werde, wohl auch zur Vermeidung von Verschleppung. In sehr ausgedehnten Reichen, oder wo ganze Provinzen ent- fernt von dem Mutterlande durch Statthalter regiert werden, muß diese Uebertragung der Ernennung bis zu hohen Posten heraufgehen. Ebenso ist in Kriegszeiten das Recht, Beförde- rungen augenblicklich vorzunehmen, für den Befehlshaber eines entfernt von dem Staatsoberhaupte gegen den Feind stehenden Heeres wo nicht unerläßlich, doch wenigstens höchst räthlich, sowohl zur Erweckung höchsten Eifers, als zu beständiger Instandhaltung der Organisation der Truppen 3).
2. Wo die Verwaltung eines Geschäftes unter der allei- nigen Verantwortlichkeit des vorgesetzten Beamten geschieht, (wie z. B. bei einem Kassenamte), ist es gerecht, diesem einen wesent- lichen Einfluß auf die Ernennung der ihm untergeordneten Gehülfen einzuräumen.
3. Zuweilen mag auch die Besetzung von Stellen den Un- terthanen überlassen sein, entweder um einem demokratischen oder aristokratischen Bestandtheile einige Rechnung zu tragen, oder im Vertrauen auf den Geist bestimmter Klassen. Letzteres mag dann selbst in ganz unbeschränkten Fürstenherrschaften vor- kommen, wie z. B. in Rußland bei den Adelswahlen 4).
II.Gewinnung der Beamten.
Die Besetzung der einzelnen Stellen kann, ohne Rechts- beeinträchtigung, auf mehr als Eine Weise geschehen.
1. Durch Reihedienst, so also, daß die Versehung bestimmter Geschäfte nach einer bestimmten Reihenfolge unter
Perſonen aber gewählt werden. — Die einzigen Ausnahmen ſind folgende:
1. In großen Staaten mögen untergeordnete Aemter von näher gerückten höheren Behörden beſetzt werden, damit das Staatsoberhaupt nicht bedeutenderen Geſchäften dadurch entzogen werde, wohl auch zur Vermeidung von Verſchleppung. In ſehr ausgedehnten Reichen, oder wo ganze Provinzen ent- fernt von dem Mutterlande durch Statthalter regiert werden, muß dieſe Uebertragung der Ernennung bis zu hohen Poſten heraufgehen. Ebenſo iſt in Kriegszeiten das Recht, Beförde- rungen augenblicklich vorzunehmen, für den Befehlshaber eines entfernt von dem Staatsoberhaupte gegen den Feind ſtehenden Heeres wo nicht unerläßlich, doch wenigſtens höchſt räthlich, ſowohl zur Erweckung höchſten Eifers, als zu beſtändiger Inſtandhaltung der Organiſation der Truppen 3).
2. Wo die Verwaltung eines Geſchäftes unter der allei- nigen Verantwortlichkeit des vorgeſetzten Beamten geſchieht, (wie z. B. bei einem Kaſſenamte), iſt es gerecht, dieſem einen weſent- lichen Einfluß auf die Ernennung der ihm untergeordneten Gehülfen einzuräumen.
3. Zuweilen mag auch die Beſetzung von Stellen den Un- terthanen überlaſſen ſein, entweder um einem demokratiſchen oder ariſtokratiſchen Beſtandtheile einige Rechnung zu tragen, oder im Vertrauen auf den Geiſt beſtimmter Klaſſen. Letzteres mag dann ſelbſt in ganz unbeſchränkten Fürſtenherrſchaften vor- kommen, wie z. B. in Rußland bei den Adelswahlen 4).
II.Gewinnung der Beamten.
Die Beſetzung der einzelnen Stellen kann, ohne Rechts- beeinträchtigung, auf mehr als Eine Weiſe geſchehen.
1. Durch Reihedienſt, ſo alſo, daß die Verſehung beſtimmter Geſchäfte nach einer beſtimmten Reihenfolge unter
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><p><pbfacs="#f0265"n="251"/>
Perſonen aber gewählt werden. — Die einzigen Ausnahmen<lb/>ſind folgende:</p><lb/><p>1. In großen Staaten mögen untergeordnete Aemter<lb/>
von näher gerückten höheren Behörden beſetzt werden, damit<lb/>
das Staatsoberhaupt nicht bedeutenderen Geſchäften dadurch<lb/>
entzogen werde, wohl auch zur Vermeidung von Verſchleppung.<lb/>
In ſehr ausgedehnten Reichen, oder wo ganze Provinzen ent-<lb/>
fernt von dem Mutterlande durch Statthalter regiert werden,<lb/>
muß dieſe Uebertragung der Ernennung bis zu hohen Poſten<lb/>
heraufgehen. Ebenſo iſt in Kriegszeiten das Recht, Beförde-<lb/>
rungen augenblicklich vorzunehmen, für den Befehlshaber eines<lb/>
entfernt von dem Staatsoberhaupte gegen den Feind ſtehenden<lb/>
Heeres wo nicht unerläßlich, doch wenigſtens höchſt räthlich,<lb/>ſowohl zur Erweckung höchſten Eifers, als zu beſtändiger<lb/>
Inſtandhaltung der Organiſation der Truppen <hirendition="#sup">3</hi>).</p><lb/><p>2. Wo die Verwaltung eines Geſchäftes unter der allei-<lb/>
nigen Verantwortlichkeit des vorgeſetzten Beamten geſchieht, (wie<lb/>
z. B. bei einem Kaſſenamte), iſt es gerecht, dieſem einen weſent-<lb/>
lichen Einfluß auf die Ernennung der ihm untergeordneten<lb/>
Gehülfen einzuräumen.</p><lb/><p>3. Zuweilen mag auch die Beſetzung von Stellen den Un-<lb/>
terthanen überlaſſen ſein, entweder um einem demokratiſchen<lb/>
oder ariſtokratiſchen Beſtandtheile einige Rechnung zu tragen,<lb/>
oder im Vertrauen auf den Geiſt beſtimmter Klaſſen. Letzteres<lb/>
mag dann ſelbſt in ganz unbeſchränkten Fürſtenherrſchaften vor-<lb/>
kommen, wie z. B. in Rußland bei den Adelswahlen <hirendition="#sup">4</hi>).</p></div><lb/><divn="8"><head><hirendition="#aq">II.</hi><hirendition="#g">Gewinnung der Beamten</hi>.</head><lb/><p>Die Beſetzung der einzelnen Stellen kann, ohne Rechts-<lb/>
beeinträchtigung, auf mehr als Eine Weiſe geſchehen.</p><lb/><p>1. Durch <hirendition="#g">Reihedienſt</hi>, ſo alſo, daß die Verſehung<lb/>
beſtimmter Geſchäfte nach einer beſtimmten Reihenfolge unter<lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[251/0265]
Perſonen aber gewählt werden. — Die einzigen Ausnahmen
ſind folgende:
1. In großen Staaten mögen untergeordnete Aemter
von näher gerückten höheren Behörden beſetzt werden, damit
das Staatsoberhaupt nicht bedeutenderen Geſchäften dadurch
entzogen werde, wohl auch zur Vermeidung von Verſchleppung.
In ſehr ausgedehnten Reichen, oder wo ganze Provinzen ent-
fernt von dem Mutterlande durch Statthalter regiert werden,
muß dieſe Uebertragung der Ernennung bis zu hohen Poſten
heraufgehen. Ebenſo iſt in Kriegszeiten das Recht, Beförde-
rungen augenblicklich vorzunehmen, für den Befehlshaber eines
entfernt von dem Staatsoberhaupte gegen den Feind ſtehenden
Heeres wo nicht unerläßlich, doch wenigſtens höchſt räthlich,
ſowohl zur Erweckung höchſten Eifers, als zu beſtändiger
Inſtandhaltung der Organiſation der Truppen 3).
2. Wo die Verwaltung eines Geſchäftes unter der allei-
nigen Verantwortlichkeit des vorgeſetzten Beamten geſchieht, (wie
z. B. bei einem Kaſſenamte), iſt es gerecht, dieſem einen weſent-
lichen Einfluß auf die Ernennung der ihm untergeordneten
Gehülfen einzuräumen.
3. Zuweilen mag auch die Beſetzung von Stellen den Un-
terthanen überlaſſen ſein, entweder um einem demokratiſchen
oder ariſtokratiſchen Beſtandtheile einige Rechnung zu tragen,
oder im Vertrauen auf den Geiſt beſtimmter Klaſſen. Letzteres
mag dann ſelbſt in ganz unbeſchränkten Fürſtenherrſchaften vor-
kommen, wie z. B. in Rußland bei den Adelswahlen 4).
II. Gewinnung der Beamten.
Die Beſetzung der einzelnen Stellen kann, ohne Rechts-
beeinträchtigung, auf mehr als Eine Weiſe geſchehen.
1. Durch Reihedienſt, ſo alſo, daß die Verſehung
beſtimmter Geſchäfte nach einer beſtimmten Reihenfolge unter
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/265>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.