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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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III. Maßregeln zur Sicherstellung einer gu-
ten Besetzung
.

Unzweifelhaft liegt eine möglichst gute Besetzung der Staats-
ämter im eigenen wahren Interesse des Regenten oder der sonst
zur Verleihung Berechtigten. Eine sittliche und rechtliche Pflicht
ist sie ohnedem. Schlechte Gründe verschiedener Art können
jedoch, auch erfahrungsgemäß, Neigung zur Bevorzugung min-
der Tauglicher erwecken; daher sind denn folgende Bestimmun-
gen, deren Zweck eine Nöthigung zur Wahl des Besten und
jedenfalls zur Entfernung Untauglicher ist, gerecht und zweck-
mäßig:

1. Bezeichnung der zum Staatsdienste unter allen Um-
ständen überhaupt Unfähigen; also namentlich der Weiber,
der Entmündigten, der Verbrecher, der Fremden (mit Vorbe-
halt der Befähigung durch Aufnahme in das Staatsbürger-
recht). Ungerechtigkeit dagegen ist der Ausschluß Solcher, welche
ein Amt während einer bestimmten Zeit bisher bekleideten.
Solche können leicht die einzig Tauglichen sein, und ein leben-
diger öffentlicher Geist mag eine stumpfe Gewohnheit unpassen-
der Wiedererwählung beseitigen.

2. Formelle Aufstellung des Grundsatzes, daß immer der
beziehungsweise Tüchtigste zu nehmen sei. Als Durch-
führungsmittel aber bieten sich dar:

a) Befähigung eines jeden an sich Tüchtigen zur Bekleidung
jedes Amtes, ohne Rücksicht auf Stand und Geburt.
b) Feststellung von Prüfungen und Probezeiten; wobei eine
gesetzliche Aufzählung diejenigen Aemter bezeichnen muß,
deren Bekleidung durch eine bestimmte Art von Prüfungen
bedingt ist 9).
c) Begutachtung sämmtlicher Bewerber durch eine vorgesetzte,
wo möglich collegialische, Behörde;
d) Nichtanerkennung des Dienstalters als Beförderungsgrund,
III. Maßregeln zur Sicherſtellung einer gu-
ten Beſetzung
.

Unzweifelhaft liegt eine möglichſt gute Beſetzung der Staats-
ämter im eigenen wahren Intereſſe des Regenten oder der ſonſt
zur Verleihung Berechtigten. Eine ſittliche und rechtliche Pflicht
iſt ſie ohnedem. Schlechte Gründe verſchiedener Art können
jedoch, auch erfahrungsgemäß, Neigung zur Bevorzugung min-
der Tauglicher erwecken; daher ſind denn folgende Beſtimmun-
gen, deren Zweck eine Nöthigung zur Wahl des Beſten und
jedenfalls zur Entfernung Untauglicher iſt, gerecht und zweck-
mäßig:

1. Bezeichnung der zum Staatsdienſte unter allen Um-
ſtänden überhaupt Unfähigen; alſo namentlich der Weiber,
der Entmündigten, der Verbrecher, der Fremden (mit Vorbe-
halt der Befähigung durch Aufnahme in das Staatsbürger-
recht). Ungerechtigkeit dagegen iſt der Ausſchluß Solcher, welche
ein Amt während einer beſtimmten Zeit bisher bekleideten.
Solche können leicht die einzig Tauglichen ſein, und ein leben-
diger öffentlicher Geiſt mag eine ſtumpfe Gewohnheit unpaſſen-
der Wiedererwählung beſeitigen.

2. Formelle Aufſtellung des Grundſatzes, daß immer der
beziehungsweiſe Tüchtigſte zu nehmen ſei. Als Durch-
führungsmittel aber bieten ſich dar:

a) Befähigung eines jeden an ſich Tüchtigen zur Bekleidung
jedes Amtes, ohne Rückſicht auf Stand und Geburt.
b) Feſtſtellung von Prüfungen und Probezeiten; wobei eine
geſetzliche Aufzählung diejenigen Aemter bezeichnen muß,
deren Bekleidung durch eine beſtimmte Art von Prüfungen
bedingt iſt 9).
c) Begutachtung ſämmtlicher Bewerber durch eine vorgeſetzte,
wo möglich collegialiſche, Behörde;
d) Nichtanerkennung des Dienſtalters als Beförderungsgrund,
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[255/0269] III. Maßregeln zur Sicherſtellung einer gu- ten Beſetzung. Unzweifelhaft liegt eine möglichſt gute Beſetzung der Staats- ämter im eigenen wahren Intereſſe des Regenten oder der ſonſt zur Verleihung Berechtigten. Eine ſittliche und rechtliche Pflicht iſt ſie ohnedem. Schlechte Gründe verſchiedener Art können jedoch, auch erfahrungsgemäß, Neigung zur Bevorzugung min- der Tauglicher erwecken; daher ſind denn folgende Beſtimmun- gen, deren Zweck eine Nöthigung zur Wahl des Beſten und jedenfalls zur Entfernung Untauglicher iſt, gerecht und zweck- mäßig: 1. Bezeichnung der zum Staatsdienſte unter allen Um- ſtänden überhaupt Unfähigen; alſo namentlich der Weiber, der Entmündigten, der Verbrecher, der Fremden (mit Vorbe- halt der Befähigung durch Aufnahme in das Staatsbürger- recht). Ungerechtigkeit dagegen iſt der Ausſchluß Solcher, welche ein Amt während einer beſtimmten Zeit bisher bekleideten. Solche können leicht die einzig Tauglichen ſein, und ein leben- diger öffentlicher Geiſt mag eine ſtumpfe Gewohnheit unpaſſen- der Wiedererwählung beſeitigen. 2. Formelle Aufſtellung des Grundſatzes, daß immer der beziehungsweiſe Tüchtigſte zu nehmen ſei. Als Durch- führungsmittel aber bieten ſich dar: a) Befähigung eines jeden an ſich Tüchtigen zur Bekleidung jedes Amtes, ohne Rückſicht auf Stand und Geburt. b) Feſtſtellung von Prüfungen und Probezeiten; wobei eine geſetzliche Aufzählung diejenigen Aemter bezeichnen muß, deren Bekleidung durch eine beſtimmte Art von Prüfungen bedingt iſt 9). c) Begutachtung ſämmtlicher Bewerber durch eine vorgeſetzte, wo möglich collegialiſche, Behörde; d) Nichtanerkennung des Dienſtalters als Beförderungsgrund,

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/269>, abgerufen am 24.11.2024.