bestimmungen der Verträge selbst angeordnet sein, theils aber selbstständig, wohl selbst von Dritten, ergriffen werden. Nicht blos die üblichsten, sondern voraussichtlich auch die wirksamsten Mittel dieser Art sind nachstehende:
1. Die Uebernahme einer Garantie durch einen in der Hauptsache unbetheiligten Staat 1). Allerdings nicht ein- seitig und unaufgefordert, wohl aber mit Zustimmung der zunächst Betheiligten, kann ein Dritter die Erklärung abgeben, für die vollständige Aufrechterhaltung eines bestimmten Rechts- verhältnisses in der Art einstehen zu wollen, daß er sich selbst, im Nothfalle mit seiner ganzen Macht, gegen denjenigen der unmittelbar Betheiligten, welcher die ihm zufallende Verpflich- tung nicht erfülle, wenden und ihn, sei es allein sei es mit den zunächst Verletzten gemeinschaftlich, zur vollständigen Er- füllung seiner Verpflichtung nöthigen werde. In solchem Falle steht dem Garanten ein Recht zur Beurtheilung der gegenseitigen Handlungen der Betheiligten zu, und somit allerdings auch die eigene Entscheidung darüber, ob der Fall einer Einschreitung eingetreten sei. Ueber andere Verhältnisse der Betheiligten, als die ausdrücklich als Gegenstand der Garantie erklärt sind, steht dem Dazwischentretenden keinerlei Einmischung zu. -- Zu bemerken ist hierbei noch, daß eine Garantie auch in Beziehung auf innere staatsrechtliche Verhältnisse eines bestimmten Staates übernom- men werden kann; so z. B. in Betreff der Aufrechterhaltung einer Verfassung, der Beobachtung einer Amnestie, der Gewäh- rung von Religionsfreiheit u. dgl. Hierdurch entsteht also nur ein Verhältniß zwischen zwei Staaten und zwar in Beziehung auf ein Verhältniß, welches an und für sich und abgesehen von dem besonderen Vertrage, der Einwirkung fremder Staaten ganz entzogen ist. Eine solche Garantie sichert nicht ein Rechts- verhältniß zwischen Staat und Staat, sondern zwischen Staats- oberhaupt und Unterthanen. Die Uebernahme kann nur
beſtimmungen der Verträge ſelbſt angeordnet ſein, theils aber ſelbſtſtändig, wohl ſelbſt von Dritten, ergriffen werden. Nicht blos die üblichſten, ſondern vorausſichtlich auch die wirkſamſten Mittel dieſer Art ſind nachſtehende:
1. Die Uebernahme einer Garantie durch einen in der Hauptſache unbetheiligten Staat 1). Allerdings nicht ein- ſeitig und unaufgefordert, wohl aber mit Zuſtimmung der zunächſt Betheiligten, kann ein Dritter die Erklärung abgeben, für die vollſtändige Aufrechterhaltung eines beſtimmten Rechts- verhältniſſes in der Art einſtehen zu wollen, daß er ſich ſelbſt, im Nothfalle mit ſeiner ganzen Macht, gegen denjenigen der unmittelbar Betheiligten, welcher die ihm zufallende Verpflich- tung nicht erfülle, wenden und ihn, ſei es allein ſei es mit den zunächſt Verletzten gemeinſchaftlich, zur vollſtändigen Er- füllung ſeiner Verpflichtung nöthigen werde. In ſolchem Falle ſteht dem Garanten ein Recht zur Beurtheilung der gegenſeitigen Handlungen der Betheiligten zu, und ſomit allerdings auch die eigene Entſcheidung darüber, ob der Fall einer Einſchreitung eingetreten ſei. Ueber andere Verhältniſſe der Betheiligten, als die ausdrücklich als Gegenſtand der Garantie erklärt ſind, ſteht dem Dazwiſchentretenden keinerlei Einmiſchung zu. — Zu bemerken iſt hierbei noch, daß eine Garantie auch in Beziehung auf innere ſtaatsrechtliche Verhältniſſe eines beſtimmten Staates übernom- men werden kann; ſo z. B. in Betreff der Aufrechterhaltung einer Verfaſſung, der Beobachtung einer Amneſtie, der Gewäh- rung von Religionsfreiheit u. dgl. Hierdurch entſteht alſo nur ein Verhältniß zwiſchen zwei Staaten und zwar in Beziehung auf ein Verhältniß, welches an und für ſich und abgeſehen von dem beſonderen Vertrage, der Einwirkung fremder Staaten ganz entzogen iſt. Eine ſolche Garantie ſichert nicht ein Rechts- verhältniß zwiſchen Staat und Staat, ſondern zwiſchen Staats- oberhaupt und Unterthanen. Die Uebernahme kann nur
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[444/0458]
beſtimmungen der Verträge ſelbſt angeordnet ſein, theils aber
ſelbſtſtändig, wohl ſelbſt von Dritten, ergriffen werden. Nicht
blos die üblichſten, ſondern vorausſichtlich auch die wirkſamſten
Mittel dieſer Art ſind nachſtehende:
1. Die Uebernahme einer Garantie durch einen in
der Hauptſache unbetheiligten Staat 1). Allerdings nicht ein-
ſeitig und unaufgefordert, wohl aber mit Zuſtimmung der
zunächſt Betheiligten, kann ein Dritter die Erklärung abgeben,
für die vollſtändige Aufrechterhaltung eines beſtimmten Rechts-
verhältniſſes in der Art einſtehen zu wollen, daß er ſich ſelbſt,
im Nothfalle mit ſeiner ganzen Macht, gegen denjenigen der
unmittelbar Betheiligten, welcher die ihm zufallende Verpflich-
tung nicht erfülle, wenden und ihn, ſei es allein ſei es mit
den zunächſt Verletzten gemeinſchaftlich, zur vollſtändigen Er-
füllung ſeiner Verpflichtung nöthigen werde. In ſolchem Falle
ſteht dem Garanten ein Recht zur Beurtheilung der gegenſeitigen
Handlungen der Betheiligten zu, und ſomit allerdings auch die
eigene Entſcheidung darüber, ob der Fall einer Einſchreitung
eingetreten ſei. Ueber andere Verhältniſſe der Betheiligten, als
die ausdrücklich als Gegenſtand der Garantie erklärt ſind, ſteht dem
Dazwiſchentretenden keinerlei Einmiſchung zu. — Zu bemerken iſt
hierbei noch, daß eine Garantie auch in Beziehung auf innere
ſtaatsrechtliche Verhältniſſe eines beſtimmten Staates übernom-
men werden kann; ſo z. B. in Betreff der Aufrechterhaltung
einer Verfaſſung, der Beobachtung einer Amneſtie, der Gewäh-
rung von Religionsfreiheit u. dgl. Hierdurch entſteht alſo nur
ein Verhältniß zwiſchen zwei Staaten und zwar in Beziehung
auf ein Verhältniß, welches an und für ſich und abgeſehen von
dem beſonderen Vertrage, der Einwirkung fremder Staaten
ganz entzogen iſt. Eine ſolche Garantie ſichert nicht ein Rechts-
verhältniß zwiſchen Staat und Staat, ſondern zwiſchen Staats-
oberhaupt und Unterthanen. Die Uebernahme kann nur
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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/458>, abgerufen am 24.11.2024.
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