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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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sammlung ist, müssen auf eine der Berathung und Beschluß-
nahme der Vielen vorangehende ruhige Erwägung, auf die
Entwerfung eines folgerichtigen Planes und auf die Zusammen-
fassung der auseinanderlaufenden Ansichten denken. Hier also
ist eine Vorberathung von wenigen aber bedeutenden Männern,
und zwar bei geschlossenen Thüren, nothwendig. Dies kann
denn nun in einer reinen Volksherrschaft Aufgabe des Se-
nates, in einer Aristokratie die des engeren Rathes sein;
in der repräsentativen Demokratie übernehmen Ausschüsse
gegenüber von der Versammlung die Vorberathung, die Ver-
sammlung selbst aber gegenüber vom ganzen Volke, wo dieses
ein Veto hat. -- Was aber die schlechte formelle Fassung
eines Gesetzes betrifft, so kann theils durch die bisher be-
sprochenen Einrichtungen, theils durch Bestellung einer eigenen
zur formellen Vollendung bestimmten Behörde geholfen werden,
theils endlich mag von Jedem, welcher einen Aenderungsvor-
schlag macht, gefordert sein, daß er denselben in vollständiger
Ausarbeitung und so, daß er unmittelbar als Gesetz eingefügt
werden kann, vorlege.

3. Die Rechtspflege. -- Die Gründe, warum dem
Staatsoberhaupte nur eine beschränkte Thätigkeit bei der Wie-
derherstellung gestörter Rechtsverhältnisse zusteht, sind oben,
§ 35, bereits näher erörtert. Von Maßregeln, welche aus
dem Standpunkte der Zweckmäßigkeit zu erörtern wären, kann
daher nur bezüglich des Begnadigungsrechtes die Rede sein.
Es ist eben so einleuchtend, daß ein solches Recht bestehen
muß zur Beseitigung unbilliger Härten einer streng logischen
Gesetzesanwendung, als dieses Recht nur dem Staatsober-
haupte selbst zustehen kann. Bei der Anwendung dieses Rechtes
wird nun unvermeidlicherweise subjektive Auffassung immer
einen großen Spielraum haben, weil es sich von dem Gegen-
satze billiger Beurtheilung und strengen Rechtes handelt; den-

ſammlung iſt, müſſen auf eine der Berathung und Beſchluß-
nahme der Vielen vorangehende ruhige Erwägung, auf die
Entwerfung eines folgerichtigen Planes und auf die Zuſammen-
faſſung der auseinanderlaufenden Anſichten denken. Hier alſo
iſt eine Vorberathung von wenigen aber bedeutenden Männern,
und zwar bei geſchloſſenen Thüren, nothwendig. Dies kann
denn nun in einer reinen Volksherrſchaft Aufgabe des Se-
nates, in einer Ariſtokratie die des engeren Rathes ſein;
in der repräſentativen Demokratie übernehmen Ausſchüſſe
gegenüber von der Verſammlung die Vorberathung, die Ver-
ſammlung ſelbſt aber gegenüber vom ganzen Volke, wo dieſes
ein Veto hat. — Was aber die ſchlechte formelle Faſſung
eines Geſetzes betrifft, ſo kann theils durch die bisher be-
ſprochenen Einrichtungen, theils durch Beſtellung einer eigenen
zur formellen Vollendung beſtimmten Behörde geholfen werden,
theils endlich mag von Jedem, welcher einen Aenderungsvor-
ſchlag macht, gefordert ſein, daß er denſelben in vollſtändiger
Ausarbeitung und ſo, daß er unmittelbar als Geſetz eingefügt
werden kann, vorlege.

3. Die Rechtspflege. — Die Gründe, warum dem
Staatsoberhaupte nur eine beſchränkte Thätigkeit bei der Wie-
derherſtellung geſtörter Rechtsverhältniſſe zuſteht, ſind oben,
§ 35, bereits näher erörtert. Von Maßregeln, welche aus
dem Standpunkte der Zweckmäßigkeit zu erörtern wären, kann
daher nur bezüglich des Begnadigungsrechtes die Rede ſein.
Es iſt eben ſo einleuchtend, daß ein ſolches Recht beſtehen
muß zur Beſeitigung unbilliger Härten einer ſtreng logiſchen
Geſetzesanwendung, als dieſes Recht nur dem Staatsober-
haupte ſelbſt zuſtehen kann. Bei der Anwendung dieſes Rechtes
wird nun unvermeidlicherweiſe ſubjektive Auffaſſung immer
einen großen Spielraum haben, weil es ſich von dem Gegen-
ſatze billiger Beurtheilung und ſtrengen Rechtes handelt; den-

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[629/0643] ſammlung iſt, müſſen auf eine der Berathung und Beſchluß- nahme der Vielen vorangehende ruhige Erwägung, auf die Entwerfung eines folgerichtigen Planes und auf die Zuſammen- faſſung der auseinanderlaufenden Anſichten denken. Hier alſo iſt eine Vorberathung von wenigen aber bedeutenden Männern, und zwar bei geſchloſſenen Thüren, nothwendig. Dies kann denn nun in einer reinen Volksherrſchaft Aufgabe des Se- nates, in einer Ariſtokratie die des engeren Rathes ſein; in der repräſentativen Demokratie übernehmen Ausſchüſſe gegenüber von der Verſammlung die Vorberathung, die Ver- ſammlung ſelbſt aber gegenüber vom ganzen Volke, wo dieſes ein Veto hat. — Was aber die ſchlechte formelle Faſſung eines Geſetzes betrifft, ſo kann theils durch die bisher be- ſprochenen Einrichtungen, theils durch Beſtellung einer eigenen zur formellen Vollendung beſtimmten Behörde geholfen werden, theils endlich mag von Jedem, welcher einen Aenderungsvor- ſchlag macht, gefordert ſein, daß er denſelben in vollſtändiger Ausarbeitung und ſo, daß er unmittelbar als Geſetz eingefügt werden kann, vorlege. 3. Die Rechtspflege. — Die Gründe, warum dem Staatsoberhaupte nur eine beſchränkte Thätigkeit bei der Wie- derherſtellung geſtörter Rechtsverhältniſſe zuſteht, ſind oben, § 35, bereits näher erörtert. Von Maßregeln, welche aus dem Standpunkte der Zweckmäßigkeit zu erörtern wären, kann daher nur bezüglich des Begnadigungsrechtes die Rede ſein. Es iſt eben ſo einleuchtend, daß ein ſolches Recht beſtehen muß zur Beſeitigung unbilliger Härten einer ſtreng logiſchen Geſetzesanwendung, als dieſes Recht nur dem Staatsober- haupte ſelbſt zuſtehen kann. Bei der Anwendung dieſes Rechtes wird nun unvermeidlicherweiſe ſubjektive Auffaſſung immer einen großen Spielraum haben, weil es ſich von dem Gegen- ſatze billiger Beurtheilung und ſtrengen Rechtes handelt; den-

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 629. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/643>, abgerufen am 24.11.2024.