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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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das System außerordentlich harte Folgen für die Gebildeten;
werden aber Befreiungen zugelassen, so entsteht entweder eine
Rechtsungleichheit oder eine Begünstigung des Reichthums. Diese
Art die stehenden Heere zu bilden, ist daher allerdings in mi-
litärischer Beziehung von hohem Werthe, dagegen zur kaum
erträglichen Last für die meisten europäischen Völker geworden 7).

Endlich mögen noch, freilich in seltenen Fällen, Militär-
Kolonieen
angelegt werden, deren gesammte männliche Be-
völkerung sodann während des ganzen diensttüchtigen Alters zu
den Waffen verpflichtet und auch in deren Führung von Jugend
an geübt und ausgerüstet ist. Die unerläßlichen Bedingungen
dieses Wehrsystemes sind der Besitz umfassender, zusammen-
hängender und fruchtbarer Staatsländereien, welche noch gar nicht
bevölkert sind: oder wenigstens verfügbar gemacht werden können;
sodann eine gehörige Anzahl von Freiwilligen, welche sich und
ihre Nachkommen einem solchen unablöslichen Soldatenleben
ergeben wollen. Namentlich das erstere trifft in gesittigten
Staaten nur sehr selten zu, und es ist daher die Einführung
von Militär-Kolonieen in der Regel ganz außer Frage. Allein
selbst wo sie möglich ist, muß die Anlage wohl überdacht und
darf sie der Ausdehnung nach nicht übertrieben werden. Theils
erfordert die erste Herstellung große Ausgaben; theils wird
leicht in dieser erblichen Soldatenkasse ein Prätorianerthum ge-
schaffen, welches der Regierung ebenso gefährlich sein kann, als
den Rechten des übrigen Volkes; theils endlich würde bei einer
Kolonisirung des ganzen Heeres die übrige Bevölkerung der
Waffen ganz entwöhnt werden, was denn einerseits dessen Un-
fähigkeit zur Vertheidigung auch in Nothfällen herbeiführen,
andererseits die Macht der Militär-Kolonieen um so mehr
steigern würde. Somit mag dieses System zur Vertheidigung
der Grenzen gegen einen unruhigen Nachbar, zur Herrschaft
in einem eroberten und ungerne gehorchenden Lande, oder endlich

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das Syſtem außerordentlich harte Folgen für die Gebildeten;
werden aber Befreiungen zugelaſſen, ſo entſteht entweder eine
Rechtsungleichheit oder eine Begünſtigung des Reichthums. Dieſe
Art die ſtehenden Heere zu bilden, iſt daher allerdings in mi-
litäriſcher Beziehung von hohem Werthe, dagegen zur kaum
erträglichen Laſt für die meiſten europäiſchen Völker geworden 7).

Endlich mögen noch, freilich in ſeltenen Fällen, Militär-
Kolonieen
angelegt werden, deren geſammte männliche Be-
völkerung ſodann während des ganzen dienſttüchtigen Alters zu
den Waffen verpflichtet und auch in deren Führung von Jugend
an geübt und ausgerüſtet iſt. Die unerläßlichen Bedingungen
dieſes Wehrſyſtemes ſind der Beſitz umfaſſender, zuſammen-
hängender und fruchtbarer Staatsländereien, welche noch gar nicht
bevölkert ſind: oder wenigſtens verfügbar gemacht werden können;
ſodann eine gehörige Anzahl von Freiwilligen, welche ſich und
ihre Nachkommen einem ſolchen unablöslichen Soldatenleben
ergeben wollen. Namentlich das erſtere trifft in geſittigten
Staaten nur ſehr ſelten zu, und es iſt daher die Einführung
von Militär-Kolonieen in der Regel ganz außer Frage. Allein
ſelbſt wo ſie möglich iſt, muß die Anlage wohl überdacht und
darf ſie der Ausdehnung nach nicht übertrieben werden. Theils
erfordert die erſte Herſtellung große Ausgaben; theils wird
leicht in dieſer erblichen Soldatenkaſſe ein Prätorianerthum ge-
ſchaffen, welches der Regierung ebenſo gefährlich ſein kann, als
den Rechten des übrigen Volkes; theils endlich würde bei einer
Koloniſirung des ganzen Heeres die übrige Bevölkerung der
Waffen ganz entwöhnt werden, was denn einerſeits deſſen Un-
fähigkeit zur Vertheidigung auch in Nothfällen herbeiführen,
andererſeits die Macht der Militär-Kolonieen um ſo mehr
ſteigern würde. Somit mag dieſes Syſtem zur Vertheidigung
der Grenzen gegen einen unruhigen Nachbar, zur Herrſchaft
in einem eroberten und ungerne gehorchenden Lande, oder endlich

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[691/0705] das Syſtem außerordentlich harte Folgen für die Gebildeten; werden aber Befreiungen zugelaſſen, ſo entſteht entweder eine Rechtsungleichheit oder eine Begünſtigung des Reichthums. Dieſe Art die ſtehenden Heere zu bilden, iſt daher allerdings in mi- litäriſcher Beziehung von hohem Werthe, dagegen zur kaum erträglichen Laſt für die meiſten europäiſchen Völker geworden 7). Endlich mögen noch, freilich in ſeltenen Fällen, Militär- Kolonieen angelegt werden, deren geſammte männliche Be- völkerung ſodann während des ganzen dienſttüchtigen Alters zu den Waffen verpflichtet und auch in deren Führung von Jugend an geübt und ausgerüſtet iſt. Die unerläßlichen Bedingungen dieſes Wehrſyſtemes ſind der Beſitz umfaſſender, zuſammen- hängender und fruchtbarer Staatsländereien, welche noch gar nicht bevölkert ſind: oder wenigſtens verfügbar gemacht werden können; ſodann eine gehörige Anzahl von Freiwilligen, welche ſich und ihre Nachkommen einem ſolchen unablöslichen Soldatenleben ergeben wollen. Namentlich das erſtere trifft in geſittigten Staaten nur ſehr ſelten zu, und es iſt daher die Einführung von Militär-Kolonieen in der Regel ganz außer Frage. Allein ſelbſt wo ſie möglich iſt, muß die Anlage wohl überdacht und darf ſie der Ausdehnung nach nicht übertrieben werden. Theils erfordert die erſte Herſtellung große Ausgaben; theils wird leicht in dieſer erblichen Soldatenkaſſe ein Prätorianerthum ge- ſchaffen, welches der Regierung ebenſo gefährlich ſein kann, als den Rechten des übrigen Volkes; theils endlich würde bei einer Koloniſirung des ganzen Heeres die übrige Bevölkerung der Waffen ganz entwöhnt werden, was denn einerſeits deſſen Un- fähigkeit zur Vertheidigung auch in Nothfällen herbeiführen, andererſeits die Macht der Militär-Kolonieen um ſo mehr ſteigern würde. Somit mag dieſes Syſtem zur Vertheidigung der Grenzen gegen einen unruhigen Nachbar, zur Herrſchaft in einem eroberten und ungerne gehorchenden Lande, oder endlich 44*

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 691. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/705>, abgerufen am 24.11.2024.