dentlicher Größe, ich ritt 150 Schritte in eine hinein, sie ist 8 bis 10 Ellen hoch, aber das Ueberraschende ist ihre Breite von 30 bis 40 Ellen, denn man erschrickt fast, ein steinernes nicht gewölbtes, sondern ganz waagerechtes Pla- fond von dieser Spannung, ohne alle Säulen oder Unter- stützung, über seinem Kopf schweben zu sehen. Die Höhlen könnten an 2000 Pferde aufnehmen; leider ist kein Wasser da. Mein Lieblingsspaziergang in der Stadt ist ein gro- ßes Bassin voll klaren Wassers mit zahllosen Fischen; diese Thiere sind Siaret oder geweiht; Nimrod hat sie in den Teich gesetzt, und wer davon ißt, wird blind; wenn man ihnen eine Handvoll Erbsen zuwirft, so folgen sie einem zu hunderten, wie ein Schwarm Hunde längs dem Ufer. Der eine Rand des Wassers ist von mächtigen Platanen umge- ben, an dem andern erhebt sich die Moschee Aly Rachman, aus weißem Sandstein mit Minarehs, zierlich geschnitzten Steingittern und schwarzen Cypressen, recht ein Ort, um sich Ende Januar in der heißen Mittagssonne zu ergehen.
Auf einem der kahlen Felsen, etwa eine Stunde vor der Stadt, erhebt sich ein altes Gemäuer, welches die Ara- ber Nimrods Schloß nennen. Es ist schwer zu errathen, für welchen Zweck es eigentlich erbaut wurde; keine Straße führt dahin, kein Baum, kein Grashalm gedeiht dort, und das Wasser wird in große Cisternen gesammelt. Es scheint, daß ein Gebäude spätern Ursprungs in das ältere hinein- gebaut ist, welches sich durch seinen edlen einfachen Styl auszeichnet. An einem schönen viereckigen Thurm fand ich folgende Jnschrift: [ - 24 Zeichen fehlen] [ - 11 Zeichen fehlen]
Nachdem der anhaltende Regen uns mehrere Tage ge- hindert, zog die Garnison von Orfa beim ersten klaren Tage aus, und übte bei funkelnder Sonne und munterer Musik das preußische Brigade-Exerzieren; nachdem das einige
dentlicher Groͤße, ich ritt 150 Schritte in eine hinein, ſie iſt 8 bis 10 Ellen hoch, aber das Ueberraſchende iſt ihre Breite von 30 bis 40 Ellen, denn man erſchrickt faſt, ein ſteinernes nicht gewoͤlbtes, ſondern ganz waagerechtes Pla- fond von dieſer Spannung, ohne alle Saͤulen oder Unter- ſtuͤtzung, uͤber ſeinem Kopf ſchweben zu ſehen. Die Hoͤhlen koͤnnten an 2000 Pferde aufnehmen; leider iſt kein Waſſer da. Mein Lieblingsſpaziergang in der Stadt iſt ein gro- ßes Baſſin voll klaren Waſſers mit zahlloſen Fiſchen; dieſe Thiere ſind Siaret oder geweiht; Nimrod hat ſie in den Teich geſetzt, und wer davon ißt, wird blind; wenn man ihnen eine Handvoll Erbſen zuwirft, ſo folgen ſie einem zu hunderten, wie ein Schwarm Hunde laͤngs dem Ufer. Der eine Rand des Waſſers iſt von maͤchtigen Platanen umge- ben, an dem andern erhebt ſich die Moſchee Aly Rachman, aus weißem Sandſtein mit Minarehs, zierlich geſchnitzten Steingittern und ſchwarzen Cypreſſen, recht ein Ort, um ſich Ende Januar in der heißen Mittagsſonne zu ergehen.
Auf einem der kahlen Felſen, etwa eine Stunde vor der Stadt, erhebt ſich ein altes Gemaͤuer, welches die Ara- ber Nimrods Schloß nennen. Es iſt ſchwer zu errathen, fuͤr welchen Zweck es eigentlich erbaut wurde; keine Straße fuͤhrt dahin, kein Baum, kein Grashalm gedeiht dort, und das Waſſer wird in große Ciſternen geſammelt. Es ſcheint, daß ein Gebaͤude ſpaͤtern Urſprungs in das aͤltere hinein- gebaut iſt, welches ſich durch ſeinen edlen einfachen Styl auszeichnet. An einem ſchoͤnen viereckigen Thurm fand ich folgende Jnſchrift: [ – 24 Zeichen fehlen] [ – 11 Zeichen fehlen]
Nachdem der anhaltende Regen uns mehrere Tage ge- hindert, zog die Garniſon von Orfa beim erſten klaren Tage aus, und uͤbte bei funkelnder Sonne und munterer Muſik das preußiſche Brigade-Exerzieren; nachdem das einige
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0353"n="343"/>
dentlicher Groͤße, ich ritt 150 Schritte in eine hinein, ſie<lb/>
iſt 8 bis 10 Ellen hoch, aber das Ueberraſchende iſt ihre<lb/>
Breite von 30 bis 40 Ellen, denn man erſchrickt faſt, ein<lb/>ſteinernes nicht gewoͤlbtes, ſondern ganz waagerechtes Pla-<lb/>
fond von dieſer Spannung, ohne alle Saͤulen oder Unter-<lb/>ſtuͤtzung, uͤber ſeinem Kopf ſchweben zu ſehen. Die Hoͤhlen<lb/>
koͤnnten an 2000 Pferde aufnehmen; leider iſt kein Waſſer<lb/>
da. Mein Lieblingsſpaziergang in der Stadt iſt ein gro-<lb/>
ßes Baſſin voll klaren Waſſers mit zahlloſen Fiſchen; dieſe<lb/>
Thiere ſind Siaret oder geweiht; Nimrod hat ſie in den<lb/>
Teich geſetzt, und wer davon ißt, wird blind; wenn man<lb/>
ihnen eine Handvoll Erbſen zuwirft, ſo folgen ſie einem zu<lb/>
hunderten, wie ein Schwarm Hunde laͤngs dem Ufer. Der<lb/>
eine Rand des Waſſers iſt von maͤchtigen Platanen umge-<lb/>
ben, an dem andern erhebt ſich die Moſchee Aly Rachman,<lb/>
aus weißem Sandſtein mit Minarehs, zierlich geſchnitzten<lb/>
Steingittern und ſchwarzen Cypreſſen, recht ein Ort, um<lb/>ſich Ende Januar in der heißen Mittagsſonne zu ergehen.</p><lb/><p>Auf einem der kahlen Felſen, etwa eine Stunde vor<lb/>
der Stadt, erhebt ſich ein altes Gemaͤuer, welches die Ara-<lb/>
ber Nimrods Schloß nennen. Es iſt ſchwer zu errathen,<lb/>
fuͤr welchen Zweck es eigentlich erbaut wurde; keine Straße<lb/>
fuͤhrt dahin, kein Baum, kein Grashalm gedeiht dort, und<lb/>
das Waſſer wird in große Ciſternen geſammelt. Es ſcheint,<lb/>
daß ein Gebaͤude ſpaͤtern Urſprungs in das aͤltere hinein-<lb/>
gebaut iſt, welches ſich durch ſeinen edlen einfachen Styl<lb/>
auszeichnet. An einem ſchoͤnen viereckigen Thurm fand ich<lb/>
folgende Jnſchrift:<lb/><hirendition="#c"><gapunit="chars"quantity="24"/><lb/><gapunit="chars"quantity="11"/></hi></p><lb/><p>Nachdem der anhaltende Regen uns mehrere Tage ge-<lb/>
hindert, zog die Garniſon von Orfa beim erſten klaren Tage<lb/>
aus, und uͤbte bei funkelnder Sonne und munterer Muſik<lb/>
das preußiſche Brigade-Exerzieren; nachdem das einige<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[343/0353]
dentlicher Groͤße, ich ritt 150 Schritte in eine hinein, ſie
iſt 8 bis 10 Ellen hoch, aber das Ueberraſchende iſt ihre
Breite von 30 bis 40 Ellen, denn man erſchrickt faſt, ein
ſteinernes nicht gewoͤlbtes, ſondern ganz waagerechtes Pla-
fond von dieſer Spannung, ohne alle Saͤulen oder Unter-
ſtuͤtzung, uͤber ſeinem Kopf ſchweben zu ſehen. Die Hoͤhlen
koͤnnten an 2000 Pferde aufnehmen; leider iſt kein Waſſer
da. Mein Lieblingsſpaziergang in der Stadt iſt ein gro-
ßes Baſſin voll klaren Waſſers mit zahlloſen Fiſchen; dieſe
Thiere ſind Siaret oder geweiht; Nimrod hat ſie in den
Teich geſetzt, und wer davon ißt, wird blind; wenn man
ihnen eine Handvoll Erbſen zuwirft, ſo folgen ſie einem zu
hunderten, wie ein Schwarm Hunde laͤngs dem Ufer. Der
eine Rand des Waſſers iſt von maͤchtigen Platanen umge-
ben, an dem andern erhebt ſich die Moſchee Aly Rachman,
aus weißem Sandſtein mit Minarehs, zierlich geſchnitzten
Steingittern und ſchwarzen Cypreſſen, recht ein Ort, um
ſich Ende Januar in der heißen Mittagsſonne zu ergehen.
Auf einem der kahlen Felſen, etwa eine Stunde vor
der Stadt, erhebt ſich ein altes Gemaͤuer, welches die Ara-
ber Nimrods Schloß nennen. Es iſt ſchwer zu errathen,
fuͤr welchen Zweck es eigentlich erbaut wurde; keine Straße
fuͤhrt dahin, kein Baum, kein Grashalm gedeiht dort, und
das Waſſer wird in große Ciſternen geſammelt. Es ſcheint,
daß ein Gebaͤude ſpaͤtern Urſprungs in das aͤltere hinein-
gebaut iſt, welches ſich durch ſeinen edlen einfachen Styl
auszeichnet. An einem ſchoͤnen viereckigen Thurm fand ich
folgende Jnſchrift:
________________________
___________
Nachdem der anhaltende Regen uns mehrere Tage ge-
hindert, zog die Garniſon von Orfa beim erſten klaren Tage
aus, und uͤbte bei funkelnder Sonne und munterer Muſik
das preußiſche Brigade-Exerzieren; nachdem das einige
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/353>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.