Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.DIE ITALIKER GEGEN ROM. Spitze der römischen Truppen und siegte in einer grossenund entscheidenden Schlacht (445), zu der die Samniten ihre letzten Kräfte angestrengt hatten; der Kern ihrer Armee, die Buntröcke mit den Gold-, die Weissröcke mit den Silberschil- den wurde hier aufgerieben und die glänzende Rüstung der- selben schmückte seitdem bei festlichen Gelegenheiten die Budenreihen längs des römischen Marktes. Immer höher stieg die Noth, immer hoffnungsloser ward der Kampf. Im folgenden Jahre (446) legten die Etrusker die Waffen nieder und zugleich ergab sich die letzte Stadt Campaniens, die noch zu den Samniten hielt, Nuceria, nachdem die Römer sie zu Wasser und zu Lande gleichzeitig angegriffen hatten, unter gün- stigen Bedingungen den Römern. Zwar fanden die Samniten neue Bundesgenossen an den Umbrern im nördlichen, an den Marsern und Paelignern im mittleren Italien, ja selbst von den Hernikern traten zahlreiche Freiwillige in die Reihen der Samniten; allein was hätte entscheidend sein können gegen Rom, wenn die Etrusker noch unter Waffen gestanden hätten, vermehrte jetzt bloss die Erfolge des endlichen Sieges, ohne denselben ernstlich zu erschweren. Den Umbrern, die Miene machten, einen Zug nach Rom zu unternehmen, verlegte Rul- lianus an der obern Tiber mit der Armee von Samnium den Weg, was die geschwächten Samniten zu hindern ausser Stande waren; darauf zerstreute sich der umbrische Landsturm. Der Krieg zog sich alsdann wieder nach Mittelitalien. Die Paeligner wurden besiegt, ebenso die Marser; wenn gleich die übrigen sabellischen Stämme noch dem Namen nach Feinde der Römer blieben, stand doch allmählich Samnium thatsächlich allein. Wäh- rend die römischen Heere dort standen und dessen Burgen bra- chen, fielen die Anagniner, die wegen der unter den samnitischen Gefangenen vorgefundenen hernikischen Freiwilligen von den Römern zur Rede gestellt worden waren, offen ab von Rom (448) und schnitten das römische Heer, in dessen Rücken sie standen, von Latium ab. Die Lage war gefährlich; noch einmal war den Samniten das Kriegsglück günstig; Sora und Calatia fielen ihnen in die Hände. Allein die Anagniner, im Stich gelassen von den übrigen Hernikern, unterlagen schnell den von Rom ausgesandten Truppen und rechtzeitig machten diese dem in Samnium stehenden Heere Luft; es war eben alles verloren. Die Samniten baten um Frieden, indess ver- geblich; noch konnte man sich nicht einigen. Erst der Feld- zug von 449 brachte die Entscheidung. Die beiden römischen 16*
DIE ITALIKER GEGEN ROM. Spitze der römischen Truppen und siegte in einer groſsenund entscheidenden Schlacht (445), zu der die Samniten ihre letzten Kräfte angestrengt hatten; der Kern ihrer Armee, die Buntröcke mit den Gold-, die Weiſsröcke mit den Silberschil- den wurde hier aufgerieben und die glänzende Rüstung der- selben schmückte seitdem bei festlichen Gelegenheiten die Budenreihen längs des römischen Marktes. Immer höher stieg die Noth, immer hoffnungsloser ward der Kampf. Im folgenden Jahre (446) legten die Etrusker die Waffen nieder und zugleich ergab sich die letzte Stadt Campaniens, die noch zu den Samniten hielt, Nuceria, nachdem die Römer sie zu Wasser und zu Lande gleichzeitig angegriffen hatten, unter gün- stigen Bedingungen den Römern. Zwar fanden die Samniten neue Bundesgenossen an den Umbrern im nördlichen, an den Marsern und Paelignern im mittleren Italien, ja selbst von den Hernikern traten zahlreiche Freiwillige in die Reihen der Samniten; allein was hätte entscheidend sein können gegen Rom, wenn die Etrusker noch unter Waffen gestanden hätten, vermehrte jetzt bloſs die Erfolge des endlichen Sieges, ohne denselben ernstlich zu erschweren. Den Umbrern, die Miene machten, einen Zug nach Rom zu unternehmen, verlegte Rul- lianus an der obern Tiber mit der Armee von Samnium den Weg, was die geschwächten Samniten zu hindern auſser Stande waren; darauf zerstreute sich der umbrische Landsturm. Der Krieg zog sich alsdann wieder nach Mittelitalien. Die Paeligner wurden besiegt, ebenso die Marser; wenn gleich die übrigen sabellischen Stämme noch dem Namen nach Feinde der Römer blieben, stand doch allmählich Samnium thatsächlich allein. Wäh- rend die römischen Heere dort standen und dessen Burgen bra- chen, fielen die Anagniner, die wegen der unter den samnitischen Gefangenen vorgefundenen hernikischen Freiwilligen von den Römern zur Rede gestellt worden waren, offen ab von Rom (448) und schnitten das römische Heer, in dessen Rücken sie standen, von Latium ab. Die Lage war gefährlich; noch einmal war den Samniten das Kriegsglück günstig; Sora und Calatia fielen ihnen in die Hände. Allein die Anagniner, im Stich gelassen von den übrigen Hernikern, unterlagen schnell den von Rom ausgesandten Truppen und rechtzeitig machten diese dem in Samnium stehenden Heere Luft; es war eben alles verloren. Die Samniten baten um Frieden, indeſs ver- geblich; noch konnte man sich nicht einigen. Erst der Feld- zug von 449 brachte die Entscheidung. Die beiden römischen 16*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0257" n="243"/><fw place="top" type="header">DIE ITALIKER GEGEN ROM.</fw><lb/> Spitze der römischen Truppen und siegte in einer groſsen<lb/> und entscheidenden Schlacht (445), zu der die Samniten ihre<lb/> letzten Kräfte angestrengt hatten; der Kern ihrer Armee, die<lb/> Buntröcke mit den Gold-, die Weiſsröcke mit den Silberschil-<lb/> den wurde hier aufgerieben und die glänzende Rüstung der-<lb/> selben schmückte seitdem bei festlichen Gelegenheiten die<lb/> Budenreihen längs des römischen Marktes. Immer höher<lb/> stieg die Noth, immer hoffnungsloser ward der Kampf. Im<lb/> folgenden Jahre (446) legten die Etrusker die Waffen nieder<lb/> und zugleich ergab sich die letzte Stadt Campaniens, die noch<lb/> zu den Samniten hielt, Nuceria, nachdem die Römer sie zu<lb/> Wasser und zu Lande gleichzeitig angegriffen hatten, unter gün-<lb/> stigen Bedingungen den Römern. Zwar fanden die Samniten<lb/> neue Bundesgenossen an den Umbrern im nördlichen, an den<lb/> Marsern und Paelignern im mittleren Italien, ja selbst von<lb/> den Hernikern traten zahlreiche Freiwillige in die Reihen der<lb/> Samniten; allein was hätte entscheidend sein können gegen<lb/> Rom, wenn die Etrusker noch unter Waffen gestanden hätten,<lb/> vermehrte jetzt bloſs die Erfolge des endlichen Sieges, ohne<lb/> denselben ernstlich zu erschweren. Den Umbrern, die Miene<lb/> machten, einen Zug nach Rom zu unternehmen, verlegte Rul-<lb/> lianus an der obern Tiber mit der Armee von Samnium den<lb/> Weg, was die geschwächten Samniten zu hindern auſser Stande<lb/> waren; darauf zerstreute sich der umbrische Landsturm. Der<lb/> Krieg zog sich alsdann wieder nach Mittelitalien. Die Paeligner<lb/> wurden besiegt, ebenso die Marser; wenn gleich die übrigen<lb/> sabellischen Stämme noch dem Namen nach Feinde der Römer<lb/> blieben, stand doch allmählich Samnium thatsächlich allein. Wäh-<lb/> rend die römischen Heere dort standen und dessen Burgen bra-<lb/> chen, fielen die Anagniner, die wegen der unter den samnitischen<lb/> Gefangenen vorgefundenen hernikischen Freiwilligen von den<lb/> Römern zur Rede gestellt worden waren, offen ab von Rom<lb/> (448) und schnitten das römische Heer, in dessen Rücken<lb/> sie standen, von Latium ab. Die Lage war gefährlich; noch<lb/> einmal war den Samniten das Kriegsglück günstig; Sora und<lb/> Calatia fielen ihnen in die Hände. Allein die Anagniner, im<lb/> Stich gelassen von den übrigen Hernikern, unterlagen schnell<lb/> den von Rom ausgesandten Truppen und rechtzeitig machten<lb/> diese dem in Samnium stehenden Heere Luft; es war eben<lb/> alles verloren. Die Samniten baten um Frieden, indeſs ver-<lb/> geblich; noch konnte man sich nicht einigen. Erst der Feld-<lb/> zug von 449 brachte die Entscheidung. Die beiden römischen<lb/> <fw place="bottom" type="sig">16*</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [243/0257]
DIE ITALIKER GEGEN ROM.
Spitze der römischen Truppen und siegte in einer groſsen
und entscheidenden Schlacht (445), zu der die Samniten ihre
letzten Kräfte angestrengt hatten; der Kern ihrer Armee, die
Buntröcke mit den Gold-, die Weiſsröcke mit den Silberschil-
den wurde hier aufgerieben und die glänzende Rüstung der-
selben schmückte seitdem bei festlichen Gelegenheiten die
Budenreihen längs des römischen Marktes. Immer höher
stieg die Noth, immer hoffnungsloser ward der Kampf. Im
folgenden Jahre (446) legten die Etrusker die Waffen nieder
und zugleich ergab sich die letzte Stadt Campaniens, die noch
zu den Samniten hielt, Nuceria, nachdem die Römer sie zu
Wasser und zu Lande gleichzeitig angegriffen hatten, unter gün-
stigen Bedingungen den Römern. Zwar fanden die Samniten
neue Bundesgenossen an den Umbrern im nördlichen, an den
Marsern und Paelignern im mittleren Italien, ja selbst von
den Hernikern traten zahlreiche Freiwillige in die Reihen der
Samniten; allein was hätte entscheidend sein können gegen
Rom, wenn die Etrusker noch unter Waffen gestanden hätten,
vermehrte jetzt bloſs die Erfolge des endlichen Sieges, ohne
denselben ernstlich zu erschweren. Den Umbrern, die Miene
machten, einen Zug nach Rom zu unternehmen, verlegte Rul-
lianus an der obern Tiber mit der Armee von Samnium den
Weg, was die geschwächten Samniten zu hindern auſser Stande
waren; darauf zerstreute sich der umbrische Landsturm. Der
Krieg zog sich alsdann wieder nach Mittelitalien. Die Paeligner
wurden besiegt, ebenso die Marser; wenn gleich die übrigen
sabellischen Stämme noch dem Namen nach Feinde der Römer
blieben, stand doch allmählich Samnium thatsächlich allein. Wäh-
rend die römischen Heere dort standen und dessen Burgen bra-
chen, fielen die Anagniner, die wegen der unter den samnitischen
Gefangenen vorgefundenen hernikischen Freiwilligen von den
Römern zur Rede gestellt worden waren, offen ab von Rom
(448) und schnitten das römische Heer, in dessen Rücken
sie standen, von Latium ab. Die Lage war gefährlich; noch
einmal war den Samniten das Kriegsglück günstig; Sora und
Calatia fielen ihnen in die Hände. Allein die Anagniner, im
Stich gelassen von den übrigen Hernikern, unterlagen schnell
den von Rom ausgesandten Truppen und rechtzeitig machten
diese dem in Samnium stehenden Heere Luft; es war eben
alles verloren. Die Samniten baten um Frieden, indeſs ver-
geblich; noch konnte man sich nicht einigen. Erst der Feld-
zug von 449 brachte die Entscheidung. Die beiden römischen
16*
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |