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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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DIE ITALIKER GEGEN ROM.
folgenden Jahre (460) um Frieden, den Volsinii, Perusia, Ar-
retium und wohl überhaupt alle dem Bunde gegen Rom bei-
getretene Städte auf vierzig Jahre abschliessen mussten. Aber
die Samniten dachten anders; sie rüsteten sich zur hoffnungs-
losen Gegenwehr mit jenem Muth freier Leute, der das Glück
zwar nicht zwingen, aber beschämen kann. Als im Jahre 460
die beiden Consularheere in Samnium einrückten, stiessen sie
überall auf den erbittersten Widerstand; ja Marcus Atilius erlitt
eine Schlappe bei Luceria und die Samniten konnten in Cam-
panien eindringen und das Gebiet der römischen Colonie
Interamna am Liris verwüsten. Im Jahre darauf lieferte Lu-
cius Papirius Cursor, der Sohn des Helden des ersten samni-
tischen Krieges, bei Aquilonia eine grosse Feldschlacht gegen
das samnitische Heer, dessen Kern, die 16000 Weissröcke, mit
heiligem Eide geschworen hatten den Tod der Flucht vorzu-
ziehen. Indess das unerbittliche Schicksal fragt nicht nach
Schwüren und verzweifeltem Flehen; der Römer siegte und
stürmte die Festen, in die die Samniten sich und ihre Habe
geflüchtet hatten. Mit beispielloser Ausdauer hielten sich die
Eidgenossen in ihren Bergen und Burgen und erfochten noch
manchen Vortheil im Einzelnen während der letzten Jahre
des verzweifelten Krieges; des alten Rullianus erprobter Arm
ward noch einmal (462) gegen sie aufgeboten und Gavius
Pontius, vielleicht der Sohn des Siegers von Caudium, erfocht
noch für sein Volk einen letzten Sieg, den die Römer niedrig
genug an ihm rächten, indem sie ihn, als er später gefangen
ward, im Kerker hinrichten liessen (463). Aber nichts regte
sich in Italien; denn der Krieg, den Falerii 461 begann, ver-
dient kaum diesen Namen. Wohl mochte man in Samnium
sehnsüchtig die Blicke wenden nach Tarent, das allein noch
im Stande war Hülfe zu gewähren; aber sie blieb aus. -- Die
nächste Ursache der Unthätigkeit Tarents war -- ausser der
Parteinahme der Lucaner für Rom seit 456 -- ohne Zweifel die
Furcht vor Agathokles, der eben damals auf dem Gipfel seiner
Macht stand und anfing sich gegen Italien zu wenden. Nach-
dem Kleonymos durch Demetrios den Belagerer von Kerkyra
vertrieben war, setzte dort um 455 Agathokles sich fest und
bedrohte vom adriatischen wie vom ionischen Meere her die
Tarentiner. Diese Furcht war allerdings zum Theil beseitigt,
seit Kerkyra im Jahre 459 an König Pyrrhos von Epeiros ab-
getreten war; allein die kerkyraeischen Angelegenheiten fuhren
fort die Tarentiner zu beschäftigen, wie sie denn im Jahre 464

DIE ITALIKER GEGEN ROM.
folgenden Jahre (460) um Frieden, den Volsinii, Perusia, Ar-
retium und wohl überhaupt alle dem Bunde gegen Rom bei-
getretene Städte auf vierzig Jahre abschlieſsen muſsten. Aber
die Samniten dachten anders; sie rüsteten sich zur hoffnungs-
losen Gegenwehr mit jenem Muth freier Leute, der das Glück
zwar nicht zwingen, aber beschämen kann. Als im Jahre 460
die beiden Consularheere in Samnium einrückten, stieſsen sie
überall auf den erbittersten Widerstand; ja Marcus Atilius erlitt
eine Schlappe bei Luceria und die Samniten konnten in Cam-
panien eindringen und das Gebiet der römischen Colonie
Interamna am Liris verwüsten. Im Jahre darauf lieferte Lu-
cius Papirius Cursor, der Sohn des Helden des ersten samni-
tischen Krieges, bei Aquilonia eine groſse Feldschlacht gegen
das samnitische Heer, dessen Kern, die 16000 Weiſsröcke, mit
heiligem Eide geschworen hatten den Tod der Flucht vorzu-
ziehen. Indeſs das unerbittliche Schicksal fragt nicht nach
Schwüren und verzweifeltem Flehen; der Römer siegte und
stürmte die Festen, in die die Samniten sich und ihre Habe
geflüchtet hatten. Mit beispielloser Ausdauer hielten sich die
Eidgenossen in ihren Bergen und Burgen und erfochten noch
manchen Vortheil im Einzelnen während der letzten Jahre
des verzweifelten Krieges; des alten Rullianus erprobter Arm
ward noch einmal (462) gegen sie aufgeboten und Gavius
Pontius, vielleicht der Sohn des Siegers von Caudium, erfocht
noch für sein Volk einen letzten Sieg, den die Römer niedrig
genug an ihm rächten, indem sie ihn, als er später gefangen
ward, im Kerker hinrichten lieſsen (463). Aber nichts regte
sich in Italien; denn der Krieg, den Falerii 461 begann, ver-
dient kaum diesen Namen. Wohl mochte man in Samnium
sehnsüchtig die Blicke wenden nach Tarent, das allein noch
im Stande war Hülfe zu gewähren; aber sie blieb aus. — Die
nächste Ursache der Unthätigkeit Tarents war — auſser der
Parteinahme der Lucaner für Rom seit 456 — ohne Zweifel die
Furcht vor Agathokles, der eben damals auf dem Gipfel seiner
Macht stand und anfing sich gegen Italien zu wenden. Nach-
dem Kleonymos durch Demetrios den Belagerer von Kerkyra
vertrieben war, setzte dort um 455 Agathokles sich fest und
bedrohte vom adriatischen wie vom ionischen Meere her die
Tarentiner. Diese Furcht war allerdings zum Theil beseitigt,
seit Kerkyra im Jahre 459 an König Pyrrhos von Epeiros ab-
getreten war; allein die kerkyraeischen Angelegenheiten fuhren
fort die Tarentiner zu beschäftigen, wie sie denn im Jahre 464

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[249/0263] DIE ITALIKER GEGEN ROM. folgenden Jahre (460) um Frieden, den Volsinii, Perusia, Ar- retium und wohl überhaupt alle dem Bunde gegen Rom bei- getretene Städte auf vierzig Jahre abschlieſsen muſsten. Aber die Samniten dachten anders; sie rüsteten sich zur hoffnungs- losen Gegenwehr mit jenem Muth freier Leute, der das Glück zwar nicht zwingen, aber beschämen kann. Als im Jahre 460 die beiden Consularheere in Samnium einrückten, stieſsen sie überall auf den erbittersten Widerstand; ja Marcus Atilius erlitt eine Schlappe bei Luceria und die Samniten konnten in Cam- panien eindringen und das Gebiet der römischen Colonie Interamna am Liris verwüsten. Im Jahre darauf lieferte Lu- cius Papirius Cursor, der Sohn des Helden des ersten samni- tischen Krieges, bei Aquilonia eine groſse Feldschlacht gegen das samnitische Heer, dessen Kern, die 16000 Weiſsröcke, mit heiligem Eide geschworen hatten den Tod der Flucht vorzu- ziehen. Indeſs das unerbittliche Schicksal fragt nicht nach Schwüren und verzweifeltem Flehen; der Römer siegte und stürmte die Festen, in die die Samniten sich und ihre Habe geflüchtet hatten. Mit beispielloser Ausdauer hielten sich die Eidgenossen in ihren Bergen und Burgen und erfochten noch manchen Vortheil im Einzelnen während der letzten Jahre des verzweifelten Krieges; des alten Rullianus erprobter Arm ward noch einmal (462) gegen sie aufgeboten und Gavius Pontius, vielleicht der Sohn des Siegers von Caudium, erfocht noch für sein Volk einen letzten Sieg, den die Römer niedrig genug an ihm rächten, indem sie ihn, als er später gefangen ward, im Kerker hinrichten lieſsen (463). Aber nichts regte sich in Italien; denn der Krieg, den Falerii 461 begann, ver- dient kaum diesen Namen. Wohl mochte man in Samnium sehnsüchtig die Blicke wenden nach Tarent, das allein noch im Stande war Hülfe zu gewähren; aber sie blieb aus. — Die nächste Ursache der Unthätigkeit Tarents war — auſser der Parteinahme der Lucaner für Rom seit 456 — ohne Zweifel die Furcht vor Agathokles, der eben damals auf dem Gipfel seiner Macht stand und anfing sich gegen Italien zu wenden. Nach- dem Kleonymos durch Demetrios den Belagerer von Kerkyra vertrieben war, setzte dort um 455 Agathokles sich fest und bedrohte vom adriatischen wie vom ionischen Meere her die Tarentiner. Diese Furcht war allerdings zum Theil beseitigt, seit Kerkyra im Jahre 459 an König Pyrrhos von Epeiros ab- getreten war; allein die kerkyraeischen Angelegenheiten fuhren fort die Tarentiner zu beschäftigen, wie sie denn im Jahre 464

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/263>, abgerufen am 22.11.2024.