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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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KOENIG PYRRHOS.
Verlusten das Sinken der Bürgerrolle von 473 auf 479 um
17000 Köpfe zeugt. Noch im Jahre 476 gelang es dem Con-
sul Gaius Fabricius die bedeutendste tarentinische Pflanzstadt
Herakleia zu einem Sonderfrieden zu bringen, der unter den
günstigsten Bedingungen gewährt ward. Im Feldzug von 477
schlug man sich in Samnium herum, wo ein leichtsinnig unter-
nommener Angriff auf die verschanzten Höhen den Römern
viele Leute kostete, und wandte sich alsdann nach dem süd-
lichen Italien, wo die Lucaner und Brettier geschlagen wurden.
Ein Versuch Kroton zu überrumpeln misslang, indem Milon
von Tarent aus den Römern zuvorkam; die epeirotische Be-
satzung machte sogar einen glücklichen Ausfall gegen das be-
lagernde Heer. Indess gelang es endlich dem Consul dennoch
dieselbe durch eine Kriegslist zum Abmarsch zu bestimmen
und der unvertheidigten Stadt sich zu bemächtigen (477).
Wichtiger war es, dass die Lokrenser, die früher die römi-
sche Besatzung dem König ausgeliefert hatten, jetzt den Ver-
rath durch Verrath sühnend die epeirotische erschlugen; womit
die ganze Südküste in den Händen der Römer war mit Aus-
nahme von Rhegion und Tarent. Die Belagerung dieser Stadt
ward nicht einmal versucht; abgesehen davon, dass in dem
durch Philipp von Makedonien und Demetrios den Belagerer
umgeschaffenen Festungskrieg die Römer gegen einen erfah-
renen und entschlossenen griechischen Commandanten im ent-
schiedensten Nachtheil waren, bedurfte es dazu einer starken
Flotte, und Karthagos Angelegenheiten standen in Sicilien
durchaus nicht so, dass es diese hätte gewähren können. --
Pyrrhos Landung auf der Insel hatte mit einem Schlage die
Lage der Dinge verändert. Er hatte die Belagerung von Sy-
rakus sofort aufgehoben, alle freien Griechenstädte in kurzer
Zeit in seiner Hand vereinigt und als Haupt der sikeliotischen
Conföderation den Karthagern ihre sämmtlichen Besitzungen
entrissen bis auf Lilybaeon, wo sie und ebenso die Mamertiner
in Messana mit Mühe sich zu behaupten vermochten durch die
Hülfe ihrer damals auf dem Mittelmeer unbeschränkt herr-
schenden Seemacht. Unter solchen Umständen wäre in Ge-
mässheit des Vertrags von 475 viel eher Rom im Fall gewesen
den Karthagern auf Sicilien Beistand zu leisten als Karthago
mit seiner Flotte den Römern Tarent erobern zu helfen; über-
haupt aber war man eben von keiner Seite sehr geneigt dem
Bundesgenossen die Macht zu sichern oder gar zu erweitern.
Karthago hatte den Römern die Hülfe erst angeboten, als die

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KOENIG PYRRHOS.
Verlusten das Sinken der Bürgerrolle von 473 auf 479 um
17000 Köpfe zeugt. Noch im Jahre 476 gelang es dem Con-
sul Gaius Fabricius die bedeutendste tarentinische Pflanzstadt
Herakleia zu einem Sonderfrieden zu bringen, der unter den
günstigsten Bedingungen gewährt ward. Im Feldzug von 477
schlug man sich in Samnium herum, wo ein leichtsinnig unter-
nommener Angriff auf die verschanzten Höhen den Römern
viele Leute kostete, und wandte sich alsdann nach dem süd-
lichen Italien, wo die Lucaner und Brettier geschlagen wurden.
Ein Versuch Kroton zu überrumpeln miſslang, indem Milon
von Tarent aus den Römern zuvorkam; die epeirotische Be-
satzung machte sogar einen glücklichen Ausfall gegen das be-
lagernde Heer. Indeſs gelang es endlich dem Consul dennoch
dieselbe durch eine Kriegslist zum Abmarsch zu bestimmen
und der unvertheidigten Stadt sich zu bemächtigen (477).
Wichtiger war es, daſs die Lokrenser, die früher die römi-
sche Besatzung dem König ausgeliefert hatten, jetzt den Ver-
rath durch Verrath sühnend die epeirotische erschlugen; womit
die ganze Südküste in den Händen der Römer war mit Aus-
nahme von Rhegion und Tarent. Die Belagerung dieser Stadt
ward nicht einmal versucht; abgesehen davon, daſs in dem
durch Philipp von Makedonien und Demetrios den Belagerer
umgeschaffenen Festungskrieg die Römer gegen einen erfah-
renen und entschlossenen griechischen Commandanten im ent-
schiedensten Nachtheil waren, bedurfte es dazu einer starken
Flotte, und Karthagos Angelegenheiten standen in Sicilien
durchaus nicht so, daſs es diese hätte gewähren können. —
Pyrrhos Landung auf der Insel hatte mit einem Schlage die
Lage der Dinge verändert. Er hatte die Belagerung von Sy-
rakus sofort aufgehoben, alle freien Griechenstädte in kurzer
Zeit in seiner Hand vereinigt und als Haupt der sikeliotischen
Conföderation den Karthagern ihre sämmtlichen Besitzungen
entrissen bis auf Lilybaeon, wo sie und ebenso die Mamertiner
in Messana mit Mühe sich zu behaupten vermochten durch die
Hülfe ihrer damals auf dem Mittelmeer unbeschränkt herr-
schenden Seemacht. Unter solchen Umständen wäre in Ge-
mäſsheit des Vertrags von 475 viel eher Rom im Fall gewesen
den Karthagern auf Sicilien Beistand zu leisten als Karthago
mit seiner Flotte den Römern Tarent erobern zu helfen; über-
haupt aber war man eben von keiner Seite sehr geneigt dem
Bundesgenossen die Macht zu sichern oder gar zu erweitern.
Karthago hatte den Römern die Hülfe erst angeboten, als die

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[275/0289] KOENIG PYRRHOS. Verlusten das Sinken der Bürgerrolle von 473 auf 479 um 17000 Köpfe zeugt. Noch im Jahre 476 gelang es dem Con- sul Gaius Fabricius die bedeutendste tarentinische Pflanzstadt Herakleia zu einem Sonderfrieden zu bringen, der unter den günstigsten Bedingungen gewährt ward. Im Feldzug von 477 schlug man sich in Samnium herum, wo ein leichtsinnig unter- nommener Angriff auf die verschanzten Höhen den Römern viele Leute kostete, und wandte sich alsdann nach dem süd- lichen Italien, wo die Lucaner und Brettier geschlagen wurden. Ein Versuch Kroton zu überrumpeln miſslang, indem Milon von Tarent aus den Römern zuvorkam; die epeirotische Be- satzung machte sogar einen glücklichen Ausfall gegen das be- lagernde Heer. Indeſs gelang es endlich dem Consul dennoch dieselbe durch eine Kriegslist zum Abmarsch zu bestimmen und der unvertheidigten Stadt sich zu bemächtigen (477). Wichtiger war es, daſs die Lokrenser, die früher die römi- sche Besatzung dem König ausgeliefert hatten, jetzt den Ver- rath durch Verrath sühnend die epeirotische erschlugen; womit die ganze Südküste in den Händen der Römer war mit Aus- nahme von Rhegion und Tarent. Die Belagerung dieser Stadt ward nicht einmal versucht; abgesehen davon, daſs in dem durch Philipp von Makedonien und Demetrios den Belagerer umgeschaffenen Festungskrieg die Römer gegen einen erfah- renen und entschlossenen griechischen Commandanten im ent- schiedensten Nachtheil waren, bedurfte es dazu einer starken Flotte, und Karthagos Angelegenheiten standen in Sicilien durchaus nicht so, daſs es diese hätte gewähren können. — Pyrrhos Landung auf der Insel hatte mit einem Schlage die Lage der Dinge verändert. Er hatte die Belagerung von Sy- rakus sofort aufgehoben, alle freien Griechenstädte in kurzer Zeit in seiner Hand vereinigt und als Haupt der sikeliotischen Conföderation den Karthagern ihre sämmtlichen Besitzungen entrissen bis auf Lilybaeon, wo sie und ebenso die Mamertiner in Messana mit Mühe sich zu behaupten vermochten durch die Hülfe ihrer damals auf dem Mittelmeer unbeschränkt herr- schenden Seemacht. Unter solchen Umständen wäre in Ge- mäſsheit des Vertrags von 475 viel eher Rom im Fall gewesen den Karthagern auf Sicilien Beistand zu leisten als Karthago mit seiner Flotte den Römern Tarent erobern zu helfen; über- haupt aber war man eben von keiner Seite sehr geneigt dem Bundesgenossen die Macht zu sichern oder gar zu erweitern. Karthago hatte den Römern die Hülfe erst angeboten, als die 18*

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/289>, abgerufen am 22.11.2024.