Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.KARTHAGO. haben. Wie die Herren von Syrakus nach der Herrschaftüber Sicilien und Unteritalien und zugleich über das tyrrhe- nische und adriatische Meer zu streben anfingen, wurden auch die Karthager gewaltsam getrieben zu einer energischeren Po- litik. Das nächste Ergebniss der langen und hartnäckigen Kämpfe zwischen ihnen und ihrem ebenso mächtigen als schändlichen Gegner Dionysios von Syrakus (348-389) war die Vernichtung oder Schwächung der sicilischen Mittelstaaten, die im Interesse beider Parteien lag, und die Theilung der Insel zwischen den Syrakusanern und den Karthagern. Die blühendsten Städte der Insel: Selinus, Himera, Akragas, Gela, Messana, wurden im Verlauf dieser heillosen Kämpfe von den Karthagern von Grund aus zerstört; nicht ungern sah Diony- sios, wie das Hellenenthum hier zu Grunde ging oder doch geknickt ward, um sodann gestützt auf die fremden aus Italien, Gallien und Spanien angeworbenen Söldner die ver- ödeten oder mit Militärcolonien belegten Landschaften um so sicherer zu beherrschen. Der Friede, der nach des karthagi- schen Feldherrn Mago Sieg bei Kronion 371 abgeschlossen ward und den Karthagern die griechischen Städte Thermae (das alte Himera), Egesta, Herakleia Minoa, Selinus und ei- nen Theil des Gebietes von Akragas bis an den Halykos unter- warf, galt den beiden um den Besitz der Insel ringenden Mächten nur als ein vorläufiges Abkommen; immer von neuem wiederholten sich beiderseits die Versuche den Nebenbuhler ganz zu verdrängen. Viermal waren die Karthager Herren von ganz Sicilien bis auf Syrakus und scheiterten an dessen festen Mauern (360 unter Dionysios dem Aelteren; 410 unter Timoleon; 445 unter Agathokles; 476 unter Pyrrhos); fast ebenso oft schienen die Syrakusaner unter tüchtigen Führern, wie der ältere Dionysios, Agathokles und Pyrrhos waren, ihrer- seits dem Erfolg ebenso nahe. Mehr und mehr aber neigte sich das Uebergewicht auf die Seite Karthagos, von deren Seite regelmässig der Angriff ausging und die, wenn sie auch nicht mit römischer Stetigkeit den Plan verfolgten ihre Gegner von der Insel zu verdrängen, doch mit weit grösserer Plan- mässigkeit und Energie den Angriff betrieben als die von Par- teien zerrissene und abgehetzte Griechenstadt die Vertheidi- gung. Mit Recht durften die Phoenikier erwarten, dass nicht immer eine Pest oder ein fremder Condottier die Beute ihnen entreissen würde; und vorläufig war wenigstens zur See der Kampf schon entschieden. Pyrrhos Versuch die syrakusani- KARTHAGO. haben. Wie die Herren von Syrakus nach der Herrschaftüber Sicilien und Unteritalien und zugleich über das tyrrhe- nische und adriatische Meer zu streben anfingen, wurden auch die Karthager gewaltsam getrieben zu einer energischeren Po- litik. Das nächste Ergebniſs der langen und hartnäckigen Kämpfe zwischen ihnen und ihrem ebenso mächtigen als schändlichen Gegner Dionysios von Syrakus (348-389) war die Vernichtung oder Schwächung der sicilischen Mittelstaaten, die im Interesse beider Parteien lag, und die Theilung der Insel zwischen den Syrakusanern und den Karthagern. Die blühendsten Städte der Insel: Selinus, Himera, Akragas, Gela, Messana, wurden im Verlauf dieser heillosen Kämpfe von den Karthagern von Grund aus zerstört; nicht ungern sah Diony- sios, wie das Hellenenthum hier zu Grunde ging oder doch geknickt ward, um sodann gestützt auf die fremden aus Italien, Gallien und Spanien angeworbenen Söldner die ver- ödeten oder mit Militärcolonien belegten Landschaften um so sicherer zu beherrschen. Der Friede, der nach des karthagi- schen Feldherrn Mago Sieg bei Kronion 371 abgeschlossen ward und den Karthagern die griechischen Städte Thermae (das alte Himera), Egesta, Herakleia Minoa, Selinus und ei- nen Theil des Gebietes von Akragas bis an den Halykos unter- warf, galt den beiden um den Besitz der Insel ringenden Mächten nur als ein vorläufiges Abkommen; immer von neuem wiederholten sich beiderseits die Versuche den Nebenbuhler ganz zu verdrängen. Viermal waren die Karthager Herren von ganz Sicilien bis auf Syrakus und scheiterten an dessen festen Mauern (360 unter Dionysios dem Aelteren; 410 unter Timoleon; 445 unter Agathokles; 476 unter Pyrrhos); fast ebenso oft schienen die Syrakusaner unter tüchtigen Führern, wie der ältere Dionysios, Agathokles und Pyrrhos waren, ihrer- seits dem Erfolg ebenso nahe. Mehr und mehr aber neigte sich das Uebergewicht auf die Seite Karthagos, von deren Seite regelmäſsig der Angriff ausging und die, wenn sie auch nicht mit römischer Stetigkeit den Plan verfolgten ihre Gegner von der Insel zu verdrängen, doch mit weit gröſserer Plan- mäſsigkeit und Energie den Angriff betrieben als die von Par- teien zerrissene und abgehetzte Griechenstadt die Vertheidi- gung. Mit Recht durften die Phoenikier erwarten, daſs nicht immer eine Pest oder ein fremder Condottier die Beute ihnen entreiſsen würde; und vorläufig war wenigstens zur See der Kampf schon entschieden. 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KARTHAGO.
haben. Wie die Herren von Syrakus nach der Herrschaft
über Sicilien und Unteritalien und zugleich über das tyrrhe-
nische und adriatische Meer zu streben anfingen, wurden auch
die Karthager gewaltsam getrieben zu einer energischeren Po-
litik. Das nächste Ergebniſs der langen und hartnäckigen
Kämpfe zwischen ihnen und ihrem ebenso mächtigen als
schändlichen Gegner Dionysios von Syrakus (348-389) war
die Vernichtung oder Schwächung der sicilischen Mittelstaaten,
die im Interesse beider Parteien lag, und die Theilung der
Insel zwischen den Syrakusanern und den Karthagern. Die
blühendsten Städte der Insel: Selinus, Himera, Akragas, Gela,
Messana, wurden im Verlauf dieser heillosen Kämpfe von den
Karthagern von Grund aus zerstört; nicht ungern sah Diony-
sios, wie das Hellenenthum hier zu Grunde ging oder doch
geknickt ward, um sodann gestützt auf die fremden aus
Italien, Gallien und Spanien angeworbenen Söldner die ver-
ödeten oder mit Militärcolonien belegten Landschaften um so
sicherer zu beherrschen. Der Friede, der nach des karthagi-
schen Feldherrn Mago Sieg bei Kronion 371 abgeschlossen
ward und den Karthagern die griechischen Städte Thermae
(das alte Himera), Egesta, Herakleia Minoa, Selinus und ei-
nen Theil des Gebietes von Akragas bis an den Halykos unter-
warf, galt den beiden um den Besitz der Insel ringenden
Mächten nur als ein vorläufiges Abkommen; immer von neuem
wiederholten sich beiderseits die Versuche den Nebenbuhler
ganz zu verdrängen. Viermal waren die Karthager Herren
von ganz Sicilien bis auf Syrakus und scheiterten an dessen
festen Mauern (360 unter Dionysios dem Aelteren; 410 unter
Timoleon; 445 unter Agathokles; 476 unter Pyrrhos); fast
ebenso oft schienen die Syrakusaner unter tüchtigen Führern,
wie der ältere Dionysios, Agathokles und Pyrrhos waren, ihrer-
seits dem Erfolg ebenso nahe. Mehr und mehr aber neigte
sich das Uebergewicht auf die Seite Karthagos, von deren
Seite regelmäſsig der Angriff ausging und die, wenn sie auch
nicht mit römischer Stetigkeit den Plan verfolgten ihre Gegner
von der Insel zu verdrängen, doch mit weit gröſserer Plan-
mäſsigkeit und Energie den Angriff betrieben als die von Par-
teien zerrissene und abgehetzte Griechenstadt die Vertheidi-
gung. Mit Recht durften die Phoenikier erwarten, daſs nicht
immer eine Pest oder ein fremder Condottier die Beute ihnen
entreiſsen würde; und vorläufig war wenigstens zur See der
Kampf schon entschieden. Pyrrhos Versuch die syrakusani-
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