Hannibals Ziel bei seinem Zug nach Italien war die Sprengung der italischen Eidgenossenschaft gewesen; nach drei Feldzügen war dasselbe erreicht, so weit es überhaupt erreichbar war. Dass die griechischen und die latinischen oder latinisirten Gemeinden Italiens, nachdem sie durch den Tag von Cannae nicht irre geworden waren, überhaupt nicht dem Schreck, sondern nur der Gewalt weichen würden, lag am Tage, und der verzweifelte Muth, mit dem selbst in Süd- italien einzelne kleine und rettungslos verlorene Landstädte wie das brettische Petelia gegen den Punier sich wehrten, zeigte sehr klar, was seiner bei den Marsern und Latinern warte. Wenn Hannibal gemeint hatte auf diesem Wege mehr erreichen und auch die Latiner gegen Rom führen zu können, so hatten diese Hoffnungen sich als eitel erwiesen. Aber es scheint, als habe auch sonst die italische Coalition keineswegs die gehofften Resultate für Hannibal geliefert. Capua hatte sofort sich ausbedungen, dass Hannibal das Recht nicht haben solle campanische Bürger anders als freiwillig unter die Waffen zu rufen; es war nicht vergessen, wie Pyrrhos in Tarent aufgetreten war, und die thörichten Städter meinten zugleich der römischen wie der phoenikischen Herr- schaft sich entziehen zu können. Samnium und Lucanien waren nicht mehr was sie gewesen, als König Pyrrhos gedacht hatte an der Spitze der sabellischen Jugend in Rom einzu- ziehen. Nicht bloss zerschnitt das römische Festungsnetz
KAPITEL VI.
Der hannibalische Krieg von Cannae bis Zama.
Hannibals Ziel bei seinem Zug nach Italien war die Sprengung der italischen Eidgenossenschaft gewesen; nach drei Feldzügen war dasselbe erreicht, so weit es überhaupt erreichbar war. Daſs die griechischen und die latinischen oder latinisirten Gemeinden Italiens, nachdem sie durch den Tag von Cannae nicht irre geworden waren, überhaupt nicht dem Schreck, sondern nur der Gewalt weichen würden, lag am Tage, und der verzweifelte Muth, mit dem selbst in Süd- italien einzelne kleine und rettungslos verlorene Landstädte wie das brettische Petelia gegen den Punier sich wehrten, zeigte sehr klar, was seiner bei den Marsern und Latinern warte. Wenn Hannibal gemeint hatte auf diesem Wege mehr erreichen und auch die Latiner gegen Rom führen zu können, so hatten diese Hoffnungen sich als eitel erwiesen. Aber es scheint, als habe auch sonst die italische Coalition keineswegs die gehofften Resultate für Hannibal geliefert. Capua hatte sofort sich ausbedungen, daſs Hannibal das Recht nicht haben solle campanische Bürger anders als freiwillig unter die Waffen zu rufen; es war nicht vergessen, wie Pyrrhos in Tarent aufgetreten war, und die thörichten Städter meinten zugleich der römischen wie der phoenikischen Herr- schaft sich entziehen zu können. Samnium und Lucanien waren nicht mehr was sie gewesen, als König Pyrrhos gedacht hatte an der Spitze der sabellischen Jugend in Rom einzu- ziehen. Nicht bloſs zerschnitt das römische Festungsnetz
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KAPITEL VI.
Der hannibalische Krieg von Cannae bis Zama.
Hannibals Ziel bei seinem Zug nach Italien war die
Sprengung der italischen Eidgenossenschaft gewesen; nach
drei Feldzügen war dasselbe erreicht, so weit es überhaupt
erreichbar war. Daſs die griechischen und die latinischen
oder latinisirten Gemeinden Italiens, nachdem sie durch den
Tag von Cannae nicht irre geworden waren, überhaupt nicht
dem Schreck, sondern nur der Gewalt weichen würden, lag
am Tage, und der verzweifelte Muth, mit dem selbst in Süd-
italien einzelne kleine und rettungslos verlorene Landstädte
wie das brettische Petelia gegen den Punier sich wehrten,
zeigte sehr klar, was seiner bei den Marsern und Latinern
warte. Wenn Hannibal gemeint hatte auf diesem Wege
mehr erreichen und auch die Latiner gegen Rom führen zu
können, so hatten diese Hoffnungen sich als eitel erwiesen.
Aber es scheint, als habe auch sonst die italische Coalition
keineswegs die gehofften Resultate für Hannibal geliefert.
Capua hatte sofort sich ausbedungen, daſs Hannibal das Recht
nicht haben solle campanische Bürger anders als freiwillig
unter die Waffen zu rufen; es war nicht vergessen, wie
Pyrrhos in Tarent aufgetreten war, und die thörichten Städter
meinten zugleich der römischen wie der phoenikischen Herr-
schaft sich entziehen zu können. Samnium und Lucanien
waren nicht mehr was sie gewesen, als König Pyrrhos gedacht
hatte an der Spitze der sabellischen Jugend in Rom einzu-
ziehen. Nicht bloſs zerschnitt das römische Festungsnetz
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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. [431]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/445>, abgerufen am 24.11.2024.
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