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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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zustand gesetzt und in dieser Abwehr da, wo Hannibals
Genie fehlte, grösstentheils mit Erfolg gefochten. Darüber
verrauchte der kurzlebige Patriotismus, den der cannensi-
sche Sieg in Karthago erweckt hatte; die nicht unbedeuten-
den Anstrengungen, die man gemacht hatte, waren, sei es
durch factiöse Opposition, sei es bloss durch ungeschickte
Ausgleichung der verschiedenen im Rath laut gewordenen
Meinungen, so zersplittert worden, dass sie nirgends wesent-
lich gefördert hatten und da, wo sie am nützlichsten gewesen
wären, eben der kleinste Theil hinkam. Am Ende des Jahres
539 durfte auch der besonnene römische Staatsmann sich
sagen, dass die dringende Gefahr vorüber sei und es nur
darauf ankomme mit Anspannung aller Kräfte auf sämmt-
lichen Puncten auszuharren in der heldenmüthig begonnenen
Gegenwehr, um sie zum glücklichen Ende zu führen.

Am ersten ging der Krieg in Sicilien zu Ende. Es hatte
nicht zunächst in Hannibals Plan gelegen auf der Insel einen
Kampf anzuspinnen, sondern halb zufällig, hauptsächlich durch
die knabenhafte Eitelkeit des unverständigen Hieronymos war
hier ein Landkrieg ausgebrochen, der ohne Zweifel eben aus
diesem Grunde vom karthagischen Rath mit besonderem Eifer
geführt ward. Nachdem Hieronymos zu Ende 539 getödtet
war, schien es mehr als zweifelhaft, ob die Bürgerschaft bei
der von ihm befolgten Politik verbleiben werde. Wenn irgend
eine Stadt hatte Syrakus alle Ursache an Rom festzuhalten,
da der Sieg der Karthager über die Römer trotz aller Verspre-
chen und Verträge unzweifelhaft jenen wenigstens die Herr-
schaft über ganz Sicilien geben musste. Theils hiedurch be-
wogen, theils geschreckt durch die drohenden Anstalten der
Römer, die alles aufboten um die wichtige Insel, die Brücke
zwischen Italien und Africa wieder vollständig in ihre Gewalt
zu bringen, und jetzt für den Feldzug 540 ihren besten Feld-
herrn, den Marcus Marcellus nach Sicilien gesandt hatten,
zeigte die syrakusanische Bürgerschaft sich geneigt durch
rechtzeitige Rückkehr zum römischen Bündniss das Geschehene
vergessen zu machen. Allein bei der entsetzlichen Verwir-
rung in der Stadt, wo nach Hieronymos Tode die Versuche
zur Wiederherstellung der alten Volksfreiheit und die Hand-
streiche der zahlreichen Prätendenten auf den erledigten Thron
wild durch einander wogten, die fremden Hauptleute der Söld-
nerschaaren aber die eigentlichen Herren der Stadt waren,
fanden Hannibals gewandte Emissäre Hippokrates und Epi-

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zustand gesetzt und in dieser Abwehr da, wo Hannibals
Genie fehlte, gröſstentheils mit Erfolg gefochten. Darüber
verrauchte der kurzlebige Patriotismus, den der cannensi-
sche Sieg in Karthago erweckt hatte; die nicht unbedeuten-
den Anstrengungen, die man gemacht hatte, waren, sei es
durch factiöse Opposition, sei es bloſs durch ungeschickte
Ausgleichung der verschiedenen im Rath laut gewordenen
Meinungen, so zersplittert worden, daſs sie nirgends wesent-
lich gefördert hatten und da, wo sie am nützlichsten gewesen
wären, eben der kleinste Theil hinkam. Am Ende des Jahres
539 durfte auch der besonnene römische Staatsmann sich
sagen, daſs die dringende Gefahr vorüber sei und es nur
darauf ankomme mit Anspannung aller Kräfte auf sämmt-
lichen Puncten auszuharren in der heldenmüthig begonnenen
Gegenwehr, um sie zum glücklichen Ende zu führen.

Am ersten ging der Krieg in Sicilien zu Ende. Es hatte
nicht zunächst in Hannibals Plan gelegen auf der Insel einen
Kampf anzuspinnen, sondern halb zufällig, hauptsächlich durch
die knabenhafte Eitelkeit des unverständigen Hieronymos war
hier ein Landkrieg ausgebrochen, der ohne Zweifel eben aus
diesem Grunde vom karthagischen Rath mit besonderem Eifer
geführt ward. Nachdem Hieronymos zu Ende 539 getödtet
war, schien es mehr als zweifelhaft, ob die Bürgerschaft bei
der von ihm befolgten Politik verbleiben werde. Wenn irgend
eine Stadt hatte Syrakus alle Ursache an Rom festzuhalten,
da der Sieg der Karthager über die Römer trotz aller Verspre-
chen und Verträge unzweifelhaft jenen wenigstens die Herr-
schaft über ganz Sicilien geben muſste. Theils hiedurch be-
wogen, theils geschreckt durch die drohenden Anstalten der
Römer, die alles aufboten um die wichtige Insel, die Brücke
zwischen Italien und Africa wieder vollständig in ihre Gewalt
zu bringen, und jetzt für den Feldzug 540 ihren besten Feld-
herrn, den Marcus Marcellus nach Sicilien gesandt hatten,
zeigte die syrakusanische Bürgerschaft sich geneigt durch
rechtzeitige Rückkehr zum römischen Bündniſs das Geschehene
vergessen zu machen. Allein bei der entsetzlichen Verwir-
rung in der Stadt, wo nach Hieronymos Tode die Versuche
zur Wiederherstellung der alten Volksfreiheit und die Hand-
streiche der zahlreichen Prätendenten auf den erledigten Thron
wild durch einander wogten, die fremden Hauptleute der Söld-
nerschaaren aber die eigentlichen Herren der Stadt waren,
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[438/0452] DRITTES BUCH. KAPITEL VI. zustand gesetzt und in dieser Abwehr da, wo Hannibals Genie fehlte, gröſstentheils mit Erfolg gefochten. Darüber verrauchte der kurzlebige Patriotismus, den der cannensi- sche Sieg in Karthago erweckt hatte; die nicht unbedeuten- den Anstrengungen, die man gemacht hatte, waren, sei es durch factiöse Opposition, sei es bloſs durch ungeschickte Ausgleichung der verschiedenen im Rath laut gewordenen Meinungen, so zersplittert worden, daſs sie nirgends wesent- lich gefördert hatten und da, wo sie am nützlichsten gewesen wären, eben der kleinste Theil hinkam. Am Ende des Jahres 539 durfte auch der besonnene römische Staatsmann sich sagen, daſs die dringende Gefahr vorüber sei und es nur darauf ankomme mit Anspannung aller Kräfte auf sämmt- lichen Puncten auszuharren in der heldenmüthig begonnenen Gegenwehr, um sie zum glücklichen Ende zu führen. Am ersten ging der Krieg in Sicilien zu Ende. Es hatte nicht zunächst in Hannibals Plan gelegen auf der Insel einen Kampf anzuspinnen, sondern halb zufällig, hauptsächlich durch die knabenhafte Eitelkeit des unverständigen Hieronymos war hier ein Landkrieg ausgebrochen, der ohne Zweifel eben aus diesem Grunde vom karthagischen Rath mit besonderem Eifer geführt ward. Nachdem Hieronymos zu Ende 539 getödtet war, schien es mehr als zweifelhaft, ob die Bürgerschaft bei der von ihm befolgten Politik verbleiben werde. Wenn irgend eine Stadt hatte Syrakus alle Ursache an Rom festzuhalten, da der Sieg der Karthager über die Römer trotz aller Verspre- chen und Verträge unzweifelhaft jenen wenigstens die Herr- schaft über ganz Sicilien geben muſste. Theils hiedurch be- wogen, theils geschreckt durch die drohenden Anstalten der Römer, die alles aufboten um die wichtige Insel, die Brücke zwischen Italien und Africa wieder vollständig in ihre Gewalt zu bringen, und jetzt für den Feldzug 540 ihren besten Feld- herrn, den Marcus Marcellus nach Sicilien gesandt hatten, zeigte die syrakusanische Bürgerschaft sich geneigt durch rechtzeitige Rückkehr zum römischen Bündniſs das Geschehene vergessen zu machen. Allein bei der entsetzlichen Verwir- rung in der Stadt, wo nach Hieronymos Tode die Versuche zur Wiederherstellung der alten Volksfreiheit und die Hand- streiche der zahlreichen Prätendenten auf den erledigten Thron wild durch einander wogten, die fremden Hauptleute der Söld- nerschaaren aber die eigentlichen Herren der Stadt waren, fanden Hannibals gewandte Emissäre Hippokrates und Epi-

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/452>, abgerufen am 24.11.2024.