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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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DRITTES BUCH. KAPITEL VI.
von Rhegion aus wieder eingenommen (549). Als sollten
noch schliesslich seine Entwürfe von den karthagischen Be-
hörden, die sie ihm verdorben hatten, selbst eine glänzende
Rechtfertigung erhalten, suchten diese in der Angst vor der
erwarteten Landung der Römer jene Pläne nun selbst wieder
hervor (548. 549) und sandten an Hannibal nach Italien, an
Mago nach Spanien Verstärkung und Subsidien mit dem Befehl
den Krieg in Italien aufs neue zu entflammen und den zittern-
den Besitzern der libyschen Landhäuser und der karthagischen
Buden noch einige Frist zu erfechten. Ebenso ging eine Ge-
sandtschaft nach Makedonien um Philippos zur Erneuerung des
Bündnisses und zur Landung in Italien zu bestimmen (549).
Allein es war zu spät. Philippos hatte wenige Monate zuvor
mit Rom Frieden geschlossen; die bevorstehende politische
Vernichtung Karthagos war ihm zwar unbequem, aber er that
öffentlich wenigstens nichts gegen Rom. Es ging ein kleines
makedonisches Corps nach Africa, das nach der Behauptung
der Römer Philippos aus seiner Tasche bezahlte; begreiflich wäre
es, allein Beweise wenigstens hatten die Römer nicht, wie der
spätere Verlauf der Ereignisse zeigt. An eine makedonische Lan-
dung in Italien ward nicht gedacht. -- Ernstlicher griff Mago,
Hannibals jüngster Sohn, seine Aufgabe an. Mit den Trüm-
mern der spanischen Armee, die er zunächst nach Minorca
geführt hatte, landete er im Jahre 549 bei Genua, zerstörte
die Stadt und rief zu den Waffen die Ligurer und Gallier,
die wie immer das Gold und die Neuheit des Unternehmens
schaarenweise herbeizog; sogar durch ganz Etrurien, wo die
politischen Prozesse nicht ruhten, gingen seine Verbindungen.
Allein was er an Truppen mitgebracht, war zu wenig, um
ihm eine ernstliche Unternehmung, gegen das eigentliche Italien
möglich zu machen, und Hannibal war gleichfalls viel zu schwach
und sein Einfluss in Unteritalien zu sehr gesunken, als dass er
mit Erfolg hätte vorgehen können. Die karthagischen Herren
hatten die Rettung der Heimath nicht gewollt, da sie möglich
war; jetzt, da sie sie wollten, war sie nicht mehr möglich.

Wohl Niemand zweifelte im römischen Senat, weder
daran, dass der Krieg Karthagos gegen Rom zu Ende sei,
noch daran, dass nun der Krieg Roms gegen Karthago be-
gonnen werden müsse; allein die africanische Expedition, so
unvermeidlich sie war, anzuordnen scheute man sich. Man
bedurfte dazu vor allem eines fähigen und beliebten Führers;
und man hatte keinen. Die besten Generale waren entweder

DRITTES BUCH. KAPITEL VI.
von Rhegion aus wieder eingenommen (549). Als sollten
noch schlieſslich seine Entwürfe von den karthagischen Be-
hörden, die sie ihm verdorben hatten, selbst eine glänzende
Rechtfertigung erhalten, suchten diese in der Angst vor der
erwarteten Landung der Römer jene Pläne nun selbst wieder
hervor (548. 549) und sandten an Hannibal nach Italien, an
Mago nach Spanien Verstärkung und Subsidien mit dem Befehl
den Krieg in Italien aufs neue zu entflammen und den zittern-
den Besitzern der libyschen Landhäuser und der karthagischen
Buden noch einige Frist zu erfechten. Ebenso ging eine Ge-
sandtschaft nach Makedonien um Philippos zur Erneuerung des
Bündnisses und zur Landung in Italien zu bestimmen (549).
Allein es war zu spät. Philippos hatte wenige Monate zuvor
mit Rom Frieden geschlossen; die bevorstehende politische
Vernichtung Karthagos war ihm zwar unbequem, aber er that
öffentlich wenigstens nichts gegen Rom. Es ging ein kleines
makedonisches Corps nach Africa, das nach der Behauptung
der Römer Philippos aus seiner Tasche bezahlte; begreiflich wäre
es, allein Beweise wenigstens hatten die Römer nicht, wie der
spätere Verlauf der Ereignisse zeigt. An eine makedonische Lan-
dung in Italien ward nicht gedacht. — Ernstlicher griff Mago,
Hannibals jüngster Sohn, seine Aufgabe an. Mit den Trüm-
mern der spanischen Armee, die er zunächst nach Minorca
geführt hatte, landete er im Jahre 549 bei Genua, zerstörte
die Stadt und rief zu den Waffen die Ligurer und Gallier,
die wie immer das Gold und die Neuheit des Unternehmens
schaarenweise herbeizog; sogar durch ganz Etrurien, wo die
politischen Prozesse nicht ruhten, gingen seine Verbindungen.
Allein was er an Truppen mitgebracht, war zu wenig, um
ihm eine ernstliche Unternehmung, gegen das eigentliche Italien
möglich zu machen, und Hannibal war gleichfalls viel zu schwach
und sein Einfluſs in Unteritalien zu sehr gesunken, als daſs er
mit Erfolg hätte vorgehen können. Die karthagischen Herren
hatten die Rettung der Heimath nicht gewollt, da sie möglich
war; jetzt, da sie sie wollten, war sie nicht mehr möglich.

Wohl Niemand zweifelte im römischen Senat, weder
daran, daſs der Krieg Karthagos gegen Rom zu Ende sei,
noch daran, daſs nun der Krieg Roms gegen Karthago be-
gonnen werden müsse; allein die africanische Expedition, so
unvermeidlich sie war, anzuordnen scheute man sich. Man
bedurfte dazu vor allem eines fähigen und beliebten Führers;
und man hatte keinen. Die besten Generale waren entweder

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[470/0484] DRITTES BUCH. KAPITEL VI. von Rhegion aus wieder eingenommen (549). Als sollten noch schlieſslich seine Entwürfe von den karthagischen Be- hörden, die sie ihm verdorben hatten, selbst eine glänzende Rechtfertigung erhalten, suchten diese in der Angst vor der erwarteten Landung der Römer jene Pläne nun selbst wieder hervor (548. 549) und sandten an Hannibal nach Italien, an Mago nach Spanien Verstärkung und Subsidien mit dem Befehl den Krieg in Italien aufs neue zu entflammen und den zittern- den Besitzern der libyschen Landhäuser und der karthagischen Buden noch einige Frist zu erfechten. Ebenso ging eine Ge- sandtschaft nach Makedonien um Philippos zur Erneuerung des Bündnisses und zur Landung in Italien zu bestimmen (549). Allein es war zu spät. Philippos hatte wenige Monate zuvor mit Rom Frieden geschlossen; die bevorstehende politische Vernichtung Karthagos war ihm zwar unbequem, aber er that öffentlich wenigstens nichts gegen Rom. Es ging ein kleines makedonisches Corps nach Africa, das nach der Behauptung der Römer Philippos aus seiner Tasche bezahlte; begreiflich wäre es, allein Beweise wenigstens hatten die Römer nicht, wie der spätere Verlauf der Ereignisse zeigt. An eine makedonische Lan- dung in Italien ward nicht gedacht. — Ernstlicher griff Mago, Hannibals jüngster Sohn, seine Aufgabe an. Mit den Trüm- mern der spanischen Armee, die er zunächst nach Minorca geführt hatte, landete er im Jahre 549 bei Genua, zerstörte die Stadt und rief zu den Waffen die Ligurer und Gallier, die wie immer das Gold und die Neuheit des Unternehmens schaarenweise herbeizog; sogar durch ganz Etrurien, wo die politischen Prozesse nicht ruhten, gingen seine Verbindungen. Allein was er an Truppen mitgebracht, war zu wenig, um ihm eine ernstliche Unternehmung, gegen das eigentliche Italien möglich zu machen, und Hannibal war gleichfalls viel zu schwach und sein Einfluſs in Unteritalien zu sehr gesunken, als daſs er mit Erfolg hätte vorgehen können. Die karthagischen Herren hatten die Rettung der Heimath nicht gewollt, da sie möglich war; jetzt, da sie sie wollten, war sie nicht mehr möglich. Wohl Niemand zweifelte im römischen Senat, weder daran, daſs der Krieg Karthagos gegen Rom zu Ende sei, noch daran, daſs nun der Krieg Roms gegen Karthago be- gonnen werden müsse; allein die africanische Expedition, so unvermeidlich sie war, anzuordnen scheute man sich. Man bedurfte dazu vor allem eines fähigen und beliebten Führers; und man hatte keinen. Die besten Generale waren entweder

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/484>, abgerufen am 24.11.2024.