Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.DER ZWEITE MAKEDONISCHE KRIEG. Grossmacht für den Groll der aetolischen Eidgenossenschaftdie Execution übernahm, auch wenn nicht seine hellenischen Sympathieen für den feinen und ritterlichen König ebenso sehr gewonnen gewesen wären wie sein römisches Nationalge- fühl verletzt war durch die Prahlereien der Aetoler, der ,Sieger von Kynoskephalae', wie sie sich nannten. Den Aetolern er- wiederte er, dass es nicht römische Sitte sei Besiegte zu ver- nichten, übrigens seien sie ja ihre eigenen Herren und stehe es ihnen frei Makedonien zu vernichten, wenn sie könnten. Der König ward mit aller möglichen Rücksicht behandelt und nachdem die Präliminarien, die im Wesentlichen den in Ni- kaea gestellten Bedingungen entsprachen, von Flamininus im Allgemeinen gebilligt waren, ihm gegen Zahlung einer Geld- summe und Stellung von Geisseln, darunter seines Sohnes Demetrios, ein längerer Waffenstillstand bewilligt, den Phi- lippos höchst nöthig brauchte um die Dardaner aus Makedo- nien hinauszuschlagen. -- Die definitive Regulirung der ver- wickelten griechischen Angelegenheiten ward vom Senat einer Commission von zehn Personen übertragen, deren Haupt und Seele wieder Flamininus war. Philippos erhielt von ihr ähnliche Bedingungen, wie sie Karthago gestellt worden waren. Er verlor alle auswärtigen Besitzungen in Kleinasien, Thrakien, Griechenland und auf den Inseln des aegaeischen Meeres; dagegen blieb das eigentliche Makedonien ungeschmälert bis auf einige unbedeutende Grenzstriche und die Landschaft Orestis, welche frei erklärt ward -- eine Bestimmung, die Philippos äusserst empfindlich fiel, allein die die Römer nicht umhin konnten ihm vorzuschreiben, da bei seinem Charakter es unmöglich war ihm die freie Verfügung über einmal von ihm abgefallene Unterthanen zu lassen. Makedonien wurde ferner verpflichtet keine auswärtigen Bündnisse ohne Vor- wissen Roms abzuschliessen noch nach auswärts Besatzungen zu schicken; ferner nicht ausserhalb Makedoniens gegen civi- lisirte Staaten noch überhaupt gegen römische Bundesgenossen Krieg zu führen und kein Heer über 5000 Mann, keine Ele- phanten und nicht über 5 Deckschiffe zu unterhalten, die übrigen an die Römer auszuliefern. Endlich trat Philippos mit den Römern in Symmachie, die ihn verpflichtete auf Ver- langen Zuzug zu senden, wie denn gleich nachher die make- donischen Truppen mit den Legionen zusammen fochten. Ausserdem zahlte er eine Contribution von 1000 Talenten (11/2Million Thlr.). -- Nachdem Makedonien also zu voll- DER ZWEITE MAKEDONISCHE KRIEG. Groſsmacht für den Groll der aetolischen Eidgenossenschaftdie Execution übernahm, auch wenn nicht seine hellenischen Sympathieen für den feinen und ritterlichen König ebenso sehr gewonnen gewesen wären wie sein römisches Nationalge- fühl verletzt war durch die Prahlereien der Aetoler, der ‚Sieger von Kynoskephalae‘, wie sie sich nannten. Den Aetolern er- wiederte er, daſs es nicht römische Sitte sei Besiegte zu ver- nichten, übrigens seien sie ja ihre eigenen Herren und stehe es ihnen frei Makedonien zu vernichten, wenn sie könnten. Der König ward mit aller möglichen Rücksicht behandelt und nachdem die Präliminarien, die im Wesentlichen den in Ni- kaea gestellten Bedingungen entsprachen, von Flamininus im Allgemeinen gebilligt waren, ihm gegen Zahlung einer Geld- summe und Stellung von Geiſseln, darunter seines Sohnes Demetrios, ein längerer Waffenstillstand bewilligt, den Phi- lippos höchst nöthig brauchte um die Dardaner aus Makedo- nien hinauszuschlagen. — Die definitive Regulirung der ver- wickelten griechischen Angelegenheiten ward vom Senat einer Commission von zehn Personen übertragen, deren Haupt und Seele wieder Flamininus war. Philippos erhielt von ihr ähnliche Bedingungen, wie sie Karthago gestellt worden waren. Er verlor alle auswärtigen Besitzungen in Kleinasien, Thrakien, Griechenland und auf den Inseln des aegaeischen Meeres; dagegen blieb das eigentliche Makedonien ungeschmälert bis auf einige unbedeutende Grenzstriche und die Landschaft Orestis, welche frei erklärt ward — eine Bestimmung, die Philippos äuſserst empfindlich fiel, allein die die Römer nicht umhin konnten ihm vorzuschreiben, da bei seinem Charakter es unmöglich war ihm die freie Verfügung über einmal von ihm abgefallene Unterthanen zu lassen. Makedonien wurde ferner verpflichtet keine auswärtigen Bündnisse ohne Vor- wissen Roms abzuschlieſsen noch nach auswärts Besatzungen zu schicken; ferner nicht auſserhalb Makedoniens gegen civi- lisirte Staaten noch überhaupt gegen römische Bundesgenossen Krieg zu führen und kein Heer über 5000 Mann, keine Ele- phanten und nicht über 5 Deckschiffe zu unterhalten, die übrigen an die Römer auszuliefern. Endlich trat Philippos mit den Römern in Symmachie, die ihn verpflichtete auf Ver- langen Zuzug zu senden, wie denn gleich nachher die make- donischen Truppen mit den Legionen zusammen fochten. Auſserdem zahlte er eine Contribution von 1000 Talenten (1½Million Thlr.). — Nachdem Makedonien also zu voll- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0547" n="533"/><fw place="top" type="header">DER ZWEITE MAKEDONISCHE KRIEG.</fw><lb/> Groſsmacht für den Groll der aetolischen Eidgenossenschaft<lb/> die Execution übernahm, auch wenn nicht seine hellenischen<lb/> Sympathieen für den feinen und ritterlichen König ebenso<lb/> sehr gewonnen gewesen wären wie sein römisches Nationalge-<lb/> fühl verletzt war durch die Prahlereien der Aetoler, der ‚Sieger<lb/> von Kynoskephalae‘, wie sie sich nannten. 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DER ZWEITE MAKEDONISCHE KRIEG.
Groſsmacht für den Groll der aetolischen Eidgenossenschaft
die Execution übernahm, auch wenn nicht seine hellenischen
Sympathieen für den feinen und ritterlichen König ebenso
sehr gewonnen gewesen wären wie sein römisches Nationalge-
fühl verletzt war durch die Prahlereien der Aetoler, der ‚Sieger
von Kynoskephalae‘, wie sie sich nannten. Den Aetolern er-
wiederte er, daſs es nicht römische Sitte sei Besiegte zu ver-
nichten, übrigens seien sie ja ihre eigenen Herren und stehe
es ihnen frei Makedonien zu vernichten, wenn sie könnten.
Der König ward mit aller möglichen Rücksicht behandelt und
nachdem die Präliminarien, die im Wesentlichen den in Ni-
kaea gestellten Bedingungen entsprachen, von Flamininus im
Allgemeinen gebilligt waren, ihm gegen Zahlung einer Geld-
summe und Stellung von Geiſseln, darunter seines Sohnes
Demetrios, ein längerer Waffenstillstand bewilligt, den Phi-
lippos höchst nöthig brauchte um die Dardaner aus Makedo-
nien hinauszuschlagen. — Die definitive Regulirung der ver-
wickelten griechischen Angelegenheiten ward vom Senat einer
Commission von zehn Personen übertragen, deren Haupt und
Seele wieder Flamininus war. Philippos erhielt von ihr ähnliche
Bedingungen, wie sie Karthago gestellt worden waren. Er
verlor alle auswärtigen Besitzungen in Kleinasien, Thrakien,
Griechenland und auf den Inseln des aegaeischen Meeres;
dagegen blieb das eigentliche Makedonien ungeschmälert bis
auf einige unbedeutende Grenzstriche und die Landschaft
Orestis, welche frei erklärt ward — eine Bestimmung, die
Philippos äuſserst empfindlich fiel, allein die die Römer nicht
umhin konnten ihm vorzuschreiben, da bei seinem Charakter
es unmöglich war ihm die freie Verfügung über einmal von
ihm abgefallene Unterthanen zu lassen. Makedonien wurde
ferner verpflichtet keine auswärtigen Bündnisse ohne Vor-
wissen Roms abzuschlieſsen noch nach auswärts Besatzungen
zu schicken; ferner nicht auſserhalb Makedoniens gegen civi-
lisirte Staaten noch überhaupt gegen römische Bundesgenossen
Krieg zu führen und kein Heer über 5000 Mann, keine Ele-
phanten und nicht über 5 Deckschiffe zu unterhalten, die
übrigen an die Römer auszuliefern. Endlich trat Philippos
mit den Römern in Symmachie, die ihn verpflichtete auf Ver-
langen Zuzug zu senden, wie denn gleich nachher die make-
donischen Truppen mit den Legionen zusammen fochten.
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