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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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DER KRIEG GEGEN ANTIOCHOS VON ASIEN.
den Uebergang der Römer nach Asien für das nächste Jahr
vorzubereiten und zunächst die feindliche Flotte aus dem
aegaeischen Meer zu vertreiben. Dieselbe lag im Hafen von
Kyssos auf dem südlichen Ufer der gegen Chios auslaufenden
Landzunge Ioniens; dort suchte die römische sie auf, be-
stehend aus 75 römischen, 24 pergamenischen und 6 kar-
thagischen Deckschiffen unter der Führung des Gaius Livius.
Der syrische Admiral Polyxenidas, ein rhodischer Emigrirter,
hatte nur 70 Deckschiffe entgegenzustellen; allein da die rö-
mische Flotte noch die rhodischen Schiffe erwartete und Po-
lyxenidas auf die überlegene Seetüchtigkeit namentlich der
tyrischen und sidonischen Schiffe vertraute, nahm er den
Kampf sogleich an. Zu Anfang zwar gelang es den Asiaten
eines der karthagischen Schiffe zu versenken; allein so wie
es zum Entern kam, siegte die römische Tapferkeit und nur
der Schnelligkeit ihrer Rudrer und Segel verdankten es die
Asiaten, dass sie nicht mehr als 23 Schiffe verloren. Noch
während des Nachsetzens trafen 25 rhodische Schiffe ein und
die Ueberlegenheit der Römer in diesen Gewässern war nun
zwiefach entschieden. Die feindliche Flotte verhielt sich seit-
dem ruhig im Hafen von Ephesos und da es nicht gelang sie
zu einer zweiten Schlacht zu bestimmen, löste die römisch-bun-
desgenössische Flotte sich auf und die römischen Kriegsschiffe
gingen für den Winter nach dem Hafen von Kane in der Nähe von
Pergamon. Beiderseits war man bemüht während des Winters
für den nächsten Feldzug Vorbereitungen zu treffen. Die Rö-
mer suchten die kleinasiatischen Griechen auf ihre Seite zu
bringen: Smyrna, das alle Versuche des Königs der Stadt sich
zu bemächtigen beharrlich zurückgewiesen hatte, nahm die
Römer mit offenen Armen auf und auch in Samos, Chios,
Erythrae, Klazomenae, Phokaea, Kyme und sonst gewann die
römische Partei die Oberhand. Antiochos war entschlossen
den Römern wo möglich den Uebergang nach Asien zu weh-
ren, wesshalb er eifrig zur See rüstete und theils durch Po-
lyxenidas die bei Ephesos stationirende Flotte herstellen und
vermehren, theils durch Hannibal in Lykien, Syrien und Phoe-
nikien eine neue Flotte ausrüsten liess, ausserdem aber ein
gewaltiges Landheer aus allen Gegenden seines weitläuftigen
Reiches in Kleinasien zusammentrieb. Früh im nächsten Jahre
(564) nahm die römische Flotte ihre Operationen wieder auf.
Gaius Livius liess durch die rhodische Flotte, die diesmal 36
Segel stark rechtzeitig erschienen war, die feindliche auf der

DER KRIEG GEGEN ANTIOCHOS VON ASIEN.
den Uebergang der Römer nach Asien für das nächste Jahr
vorzubereiten und zunächst die feindliche Flotte aus dem
aegaeischen Meer zu vertreiben. Dieselbe lag im Hafen von
Kyssos auf dem südlichen Ufer der gegen Chios auslaufenden
Landzunge Ioniens; dort suchte die römische sie auf, be-
stehend aus 75 römischen, 24 pergamenischen und 6 kar-
thagischen Deckschiffen unter der Führung des Gaius Livius.
Der syrische Admiral Polyxenidas, ein rhodischer Emigrirter,
hatte nur 70 Deckschiffe entgegenzustellen; allein da die rö-
mische Flotte noch die rhodischen Schiffe erwartete und Po-
lyxenidas auf die überlegene Seetüchtigkeit namentlich der
tyrischen und sidonischen Schiffe vertraute, nahm er den
Kampf sogleich an. Zu Anfang zwar gelang es den Asiaten
eines der karthagischen Schiffe zu versenken; allein so wie
es zum Entern kam, siegte die römische Tapferkeit und nur
der Schnelligkeit ihrer Rudrer und Segel verdankten es die
Asiaten, daſs sie nicht mehr als 23 Schiffe verloren. Noch
während des Nachsetzens trafen 25 rhodische Schiffe ein und
die Ueberlegenheit der Römer in diesen Gewässern war nun
zwiefach entschieden. Die feindliche Flotte verhielt sich seit-
dem ruhig im Hafen von Ephesos und da es nicht gelang sie
zu einer zweiten Schlacht zu bestimmen, löste die römisch-bun-
desgenössische Flotte sich auf und die römischen Kriegsschiffe
gingen für den Winter nach dem Hafen von Kane in der Nähe von
Pergamon. Beiderseits war man bemüht während des Winters
für den nächsten Feldzug Vorbereitungen zu treffen. Die Rö-
mer suchten die kleinasiatischen Griechen auf ihre Seite zu
bringen: Smyrna, das alle Versuche des Königs der Stadt sich
zu bemächtigen beharrlich zurückgewiesen hatte, nahm die
Römer mit offenen Armen auf und auch in Samos, Chios,
Erythrae, Klazomenae, Phokaea, Kyme und sonst gewann die
römische Partei die Oberhand. Antiochos war entschlossen
den Römern wo möglich den Uebergang nach Asien zu weh-
ren, weſshalb er eifrig zur See rüstete und theils durch Po-
lyxenidas die bei Ephesos stationirende Flotte herstellen und
vermehren, theils durch Hannibal in Lykien, Syrien und Phoe-
nikien eine neue Flotte ausrüsten lieſs, auſserdem aber ein
gewaltiges Landheer aus allen Gegenden seines weitläuftigen
Reiches in Kleinasien zusammentrieb. Früh im nächsten Jahre
(564) nahm die römische Flotte ihre Operationen wieder auf.
Gaius Livius lieſs durch die rhodische Flotte, die diesmal 36
Segel stark rechtzeitig erschienen war, die feindliche auf der

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[553/0567] DER KRIEG GEGEN ANTIOCHOS VON ASIEN. den Uebergang der Römer nach Asien für das nächste Jahr vorzubereiten und zunächst die feindliche Flotte aus dem aegaeischen Meer zu vertreiben. Dieselbe lag im Hafen von Kyssos auf dem südlichen Ufer der gegen Chios auslaufenden Landzunge Ioniens; dort suchte die römische sie auf, be- stehend aus 75 römischen, 24 pergamenischen und 6 kar- thagischen Deckschiffen unter der Führung des Gaius Livius. Der syrische Admiral Polyxenidas, ein rhodischer Emigrirter, hatte nur 70 Deckschiffe entgegenzustellen; allein da die rö- mische Flotte noch die rhodischen Schiffe erwartete und Po- lyxenidas auf die überlegene Seetüchtigkeit namentlich der tyrischen und sidonischen Schiffe vertraute, nahm er den Kampf sogleich an. Zu Anfang zwar gelang es den Asiaten eines der karthagischen Schiffe zu versenken; allein so wie es zum Entern kam, siegte die römische Tapferkeit und nur der Schnelligkeit ihrer Rudrer und Segel verdankten es die Asiaten, daſs sie nicht mehr als 23 Schiffe verloren. Noch während des Nachsetzens trafen 25 rhodische Schiffe ein und die Ueberlegenheit der Römer in diesen Gewässern war nun zwiefach entschieden. Die feindliche Flotte verhielt sich seit- dem ruhig im Hafen von Ephesos und da es nicht gelang sie zu einer zweiten Schlacht zu bestimmen, löste die römisch-bun- desgenössische Flotte sich auf und die römischen Kriegsschiffe gingen für den Winter nach dem Hafen von Kane in der Nähe von Pergamon. Beiderseits war man bemüht während des Winters für den nächsten Feldzug Vorbereitungen zu treffen. Die Rö- mer suchten die kleinasiatischen Griechen auf ihre Seite zu bringen: Smyrna, das alle Versuche des Königs der Stadt sich zu bemächtigen beharrlich zurückgewiesen hatte, nahm die Römer mit offenen Armen auf und auch in Samos, Chios, Erythrae, Klazomenae, Phokaea, Kyme und sonst gewann die römische Partei die Oberhand. Antiochos war entschlossen den Römern wo möglich den Uebergang nach Asien zu weh- ren, weſshalb er eifrig zur See rüstete und theils durch Po- lyxenidas die bei Ephesos stationirende Flotte herstellen und vermehren, theils durch Hannibal in Lykien, Syrien und Phoe- nikien eine neue Flotte ausrüsten lieſs, auſserdem aber ein gewaltiges Landheer aus allen Gegenden seines weitläuftigen Reiches in Kleinasien zusammentrieb. Früh im nächsten Jahre (564) nahm die römische Flotte ihre Operationen wieder auf. Gaius Livius lieſs durch die rhodische Flotte, die diesmal 36 Segel stark rechtzeitig erschienen war, die feindliche auf der

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 553. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/567>, abgerufen am 22.11.2024.