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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.

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entworfen; nur bewies leider der Fortbestand und die Steigerung
des Corsarenunwesens in den asiatischen Gewässern und speciell
in Kilikien, dass die Expedition mit durchaus unzulänglichen
Mitteln unternommen worden war. Aber nirgends kam die Ohn-
macht und die Verkehrtheit der römischen Provinzialverwaltung
in so nackter Blösse zu Tage, wie in den Insurrectionen des pro-
vinzialen Proletariats, welche mit der Restauration der Aristokra-
tie zugleich in den vorigen Stand wieder eingesetzt zu sein schie-
nen. In trauriger Einförmigkeit wiederholten sich jene aus Auf-
ständen zu Kriegen anschwellenden Schilderhebungen der Scla-
venschaft, eben wie sie um das J. 620 als eine und vielleicht die
nächste Ursache der ersten Revolution aufgetreten waren. Wie-
der gährte es wie dreissig Jahre zuvor in der gesammten Scla-
venschaft im römischen Reiche; der italischen Zusammenrottun-
gen ward schon gedacht; in den attischen Silberbergwerken
standen die Grubenarbeiter auf, besetzten das Vorgebirge Sunion
und plünderten längere Zeit hindurch von dort aus die Um-
gegend; an andern Orten zeigten sich ähnliche Bewegungen.
Aber vor allem Sicilien mit seinen Plantagen und den dort zu-
sammenströmenden kleinasiatischen Sclavenhorden war wieder
der Hauptsitz dieser fürchterlichen Vorgänge. Es ist charak-
teristisch für die Grösse des Uebels, dass ein Versuch der Regie-
rung den schlimmsten Auswüchsen zu steuern die nächste Ur-
sache der neuen Insurrection ward. Dass das freie Proletariat in
Sicilien wenig besser daran war als die Sclavenschaft, hatte schon
in ihrem Verhalten zu dem ersten Aufstand sich gezeigt (S. 73);
nach der Besiegung desselben nahmen die römischen Speculan-
ten ihre Revanche und steckten massenweise die römischen Pro-
vinzialen unter ihre Sclavenschaft. In Folge einer hiegegen im
J. 650 vom Senat erlassenen scharfen Verfügung setzte der da-
malige Statthalter von Sicilien Publius Licinius Nerva in Syrakus
ein Freiheitsgericht nieder, das in der That mit Ernst durchgriff;
in kurzer Zeit war in achthundert Prozessen gegen die Sclaven-
besitzer entschieden und die Zahl der anhängig gemachten Sa-
chen beständig im Steigen. Die erschreckten Plantagenbesitzer

mer zunächst in dieser rauhen Landschaft nichts nahmen als Station für
Schiffe und Mannschaft. -- Das ebene Ostkilikien blieb bis auf den Krieg
gegen Tigranes bei dem syrischen Reich (Appian Syr. 48); die ehemals zu
Kilikien gerechneten Landschaften nördlich des Tauros, das sogenannte
kappadokische Kilikien und Kataonien gehörten jenes seit der Auflösung
des attalischen Reiches (Justin 37, 1; oben S. 52), dieses wohl schon seit
dem Frieden mit Antiochos zu Kappadokien.

VIERTES BUCH. KAPITEL IV.
entworfen; nur bewies leider der Fortbestand und die Steigerung
des Corsarenunwesens in den asiatischen Gewässern und speciell
in Kilikien, daſs die Expedition mit durchaus unzulänglichen
Mitteln unternommen worden war. Aber nirgends kam die Ohn-
macht und die Verkehrtheit der römischen Provinzialverwaltung
in so nackter Blöſse zu Tage, wie in den Insurrectionen des pro-
vinzialen Proletariats, welche mit der Restauration der Aristokra-
tie zugleich in den vorigen Stand wieder eingesetzt zu sein schie-
nen. In trauriger Einförmigkeit wiederholten sich jene aus Auf-
ständen zu Kriegen anschwellenden Schilderhebungen der Scla-
venschaft, eben wie sie um das J. 620 als eine und vielleicht die
nächste Ursache der ersten Revolution aufgetreten waren. Wie-
der gährte es wie dreiſsig Jahre zuvor in der gesammten Scla-
venschaft im römischen Reiche; der italischen Zusammenrottun-
gen ward schon gedacht; in den attischen Silberbergwerken
standen die Grubenarbeiter auf, besetzten das Vorgebirge Sunion
und plünderten längere Zeit hindurch von dort aus die Um-
gegend; an andern Orten zeigten sich ähnliche Bewegungen.
Aber vor allem Sicilien mit seinen Plantagen und den dort zu-
sammenströmenden kleinasiatischen Sclavenhorden war wieder
der Hauptsitz dieser fürchterlichen Vorgänge. Es ist charak-
teristisch für die Gröſse des Uebels, daſs ein Versuch der Regie-
rung den schlimmsten Auswüchsen zu steuern die nächste Ur-
sache der neuen Insurrection ward. Daſs das freie Proletariat in
Sicilien wenig besser daran war als die Sclavenschaft, hatte schon
in ihrem Verhalten zu dem ersten Aufstand sich gezeigt (S. 73);
nach der Besiegung desselben nahmen die römischen Speculan-
ten ihre Revanche und steckten massenweise die römischen Pro-
vinzialen unter ihre Sclavenschaft. In Folge einer hiegegen im
J. 650 vom Senat erlassenen scharfen Verfügung setzte der da-
malige Statthalter von Sicilien Publius Licinius Nerva in Syrakus
ein Freiheitsgericht nieder, das in der That mit Ernst durchgriff;
in kurzer Zeit war in achthundert Prozessen gegen die Sclaven-
besitzer entschieden und die Zahl der anhängig gemachten Sa-
chen beständig im Steigen. Die erschreckten Plantagenbesitzer

mer zunächst in dieser rauhen Landschaft nichts nahmen als Station für
Schiffe und Mannschaft. — Das ebene Ostkilikien blieb bis auf den Krieg
gegen Tigranes bei dem syrischen Reich (Appian Syr. 48); die ehemals zu
Kilikien gerechneten Landschaften nördlich des Tauros, das sogenannte
kappadokische Kilikien und Kataonien gehörten jenes seit der Auflösung
des attalischen Reiches (Justin 37, 1; oben S. 52), dieses wohl schon seit
dem Frieden mit Antiochos zu Kappadokien.
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[128/0138] VIERTES BUCH. KAPITEL IV. entworfen; nur bewies leider der Fortbestand und die Steigerung des Corsarenunwesens in den asiatischen Gewässern und speciell in Kilikien, daſs die Expedition mit durchaus unzulänglichen Mitteln unternommen worden war. Aber nirgends kam die Ohn- macht und die Verkehrtheit der römischen Provinzialverwaltung in so nackter Blöſse zu Tage, wie in den Insurrectionen des pro- vinzialen Proletariats, welche mit der Restauration der Aristokra- tie zugleich in den vorigen Stand wieder eingesetzt zu sein schie- nen. In trauriger Einförmigkeit wiederholten sich jene aus Auf- ständen zu Kriegen anschwellenden Schilderhebungen der Scla- venschaft, eben wie sie um das J. 620 als eine und vielleicht die nächste Ursache der ersten Revolution aufgetreten waren. Wie- der gährte es wie dreiſsig Jahre zuvor in der gesammten Scla- venschaft im römischen Reiche; der italischen Zusammenrottun- gen ward schon gedacht; in den attischen Silberbergwerken standen die Grubenarbeiter auf, besetzten das Vorgebirge Sunion und plünderten längere Zeit hindurch von dort aus die Um- gegend; an andern Orten zeigten sich ähnliche Bewegungen. Aber vor allem Sicilien mit seinen Plantagen und den dort zu- sammenströmenden kleinasiatischen Sclavenhorden war wieder der Hauptsitz dieser fürchterlichen Vorgänge. Es ist charak- teristisch für die Gröſse des Uebels, daſs ein Versuch der Regie- rung den schlimmsten Auswüchsen zu steuern die nächste Ur- sache der neuen Insurrection ward. Daſs das freie Proletariat in Sicilien wenig besser daran war als die Sclavenschaft, hatte schon in ihrem Verhalten zu dem ersten Aufstand sich gezeigt (S. 73); nach der Besiegung desselben nahmen die römischen Speculan- ten ihre Revanche und steckten massenweise die römischen Pro- vinzialen unter ihre Sclavenschaft. In Folge einer hiegegen im J. 650 vom Senat erlassenen scharfen Verfügung setzte der da- malige Statthalter von Sicilien Publius Licinius Nerva in Syrakus ein Freiheitsgericht nieder, das in der That mit Ernst durchgriff; in kurzer Zeit war in achthundert Prozessen gegen die Sclaven- besitzer entschieden und die Zahl der anhängig gemachten Sa- chen beständig im Steigen. Die erschreckten Plantagenbesitzer * * mer zunächst in dieser rauhen Landschaft nichts nahmen als Station für Schiffe und Mannschaft. — Das ebene Ostkilikien blieb bis auf den Krieg gegen Tigranes bei dem syrischen Reich (Appian Syr. 48); die ehemals zu Kilikien gerechneten Landschaften nördlich des Tauros, das sogenannte kappadokische Kilikien und Kataonien gehörten jenes seit der Auflösung des attalischen Reiches (Justin 37, 1; oben S. 52), dieses wohl schon seit dem Frieden mit Antiochos zu Kappadokien.

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855/138>, abgerufen am 26.11.2024.