Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.VIERTES BUCH. KAPITEL VII. Ende. -- Allerdings war inzwischen eine neue Complication ein-getreten, indem die asiatischen Verwicklungen es zu einer gebie- terischen Nothwendigkeit gemacht hatten gegen König Mithrada- tes von Pontos den Krieg zu erklären und für das nächste Jahr (666) den einen Consul und eine consularische Armee nach Kleinasien zu bestimmen. Wäre dieser Krieg ein Jahr früher zum Ausbruch gekommen, so hätte die gleichzeitige Empörung des halben Italiens und der wichtigsten Provinz dem römischen Staat eine ungeheure Gefahr bereiten können; nachdem in dem raschen Sturz der italischen Insurrection das wunderbare Glück Roms sich abermals bewährt hatte, war dieser mit dem italischen sich verschlingende asiatische Krieg nicht eigentlich bedrohlicher Art, um so weniger, als Mithradates in seiner übermüthigen Art die Aufforderung der Italiker ihnen unmittelbaren Beistand zu leisten von der Hand wies, aber freilich immer noch in hohem Grade unbequem. Die Zeiten waren nicht mehr wo man einen italischen und einen überseeischen Krieg unbedenklich neben ein- ander führte; die Staatskasse war nach zwei Kriegsjahren bereits vollständig erschöpft, die Bildung einer neuen Armee neben den bereits im Felde stehenden schien kaum ausführbar. Indess man half sich wie man konnte. Der Verkauf der seit alter Zeit (I, 35) auf und an der Burg freigebliebenen Plätze an die Baulustigen, woraus 9000 Pfund Gold (21/2 Mill. Thlr.) gelöst wurden, lieferte die erforderlichen Geldmittel. Eine neue Armee ward nicht ge- bildet, sondern die in Campanien unter Sulla stehende bestimmt nach Asien sich einzuschiffen, sobald der Stand der Dinge im südlichen Italien es ihr gestatten würde sich zu entfernen; was mit Hülfe der im Norden unter Strabo operirenden Armee vor- aussichtlich bald sich möglich machen liess. -- So begann denn der dritte Feldzug 666 unter günstigen Aussichten für Rom. Strabo dämpfte den letzten Widerstand, der noch in den Abruzzen geleistet ward. In Apulien machte Cosconius Nachfolger, Quin- tus Metellus Pius, der Sohn des Ueberwinders von Numidien und an energisch conservativer Gesinnung wie an militärischer Begabung seinem Vater nicht ungleich, dem Widerstand ein Ende durch die Einnahme von Venusia, wobei 3000 Bewaffnete ge- fangen genommen wurden. In Samnium gelang zwar Silo die Wiedereinnahme von Bovianum; allein in einer Schlacht, die er dem römischen General Aemilius Mamercus lieferte, siegten die Römer und, was wichtiger war als der Sieg selbst, unter den 6000 Todten, die die Samniten auf der Wahlstatt liessen, war auch Silo. In Campanien wurden die kleineren Ortschaften, die VIERTES BUCH. KAPITEL VII. Ende. — Allerdings war inzwischen eine neue Complication ein-getreten, indem die asiatischen Verwicklungen es zu einer gebie- terischen Nothwendigkeit gemacht hatten gegen König Mithrada- tes von Pontos den Krieg zu erklären und für das nächste Jahr (666) den einen Consul und eine consularische Armee nach Kleinasien zu bestimmen. Wäre dieser Krieg ein Jahr früher zum Ausbruch gekommen, so hätte die gleichzeitige Empörung des halben Italiens und der wichtigsten Provinz dem römischen Staat eine ungeheure Gefahr bereiten können; nachdem in dem raschen Sturz der italischen Insurrection das wunderbare Glück Roms sich abermals bewährt hatte, war dieser mit dem italischen sich verschlingende asiatische Krieg nicht eigentlich bedrohlicher Art, um so weniger, als Mithradates in seiner übermüthigen Art die Aufforderung der Italiker ihnen unmittelbaren Beistand zu leisten von der Hand wies, aber freilich immer noch in hohem Grade unbequem. Die Zeiten waren nicht mehr wo man einen italischen und einen überseeischen Krieg unbedenklich neben ein- ander führte; die Staatskasse war nach zwei Kriegsjahren bereits vollständig erschöpft, die Bildung einer neuen Armee neben den bereits im Felde stehenden schien kaum ausführbar. Indeſs man half sich wie man konnte. Der Verkauf der seit alter Zeit (I, 35) auf und an der Burg freigebliebenen Plätze an die Baulustigen, woraus 9000 Pfund Gold (2½ Mill. Thlr.) gelöst wurden, lieferte die erforderlichen Geldmittel. Eine neue Armee ward nicht ge- bildet, sondern die in Campanien unter Sulla stehende bestimmt nach Asien sich einzuschiffen, sobald der Stand der Dinge im südlichen Italien es ihr gestatten würde sich zu entfernen; was mit Hülfe der im Norden unter Strabo operirenden Armee vor- aussichtlich bald sich möglich machen lieſs. — So begann denn der dritte Feldzug 666 unter günstigen Aussichten für Rom. Strabo dämpfte den letzten Widerstand, der noch in den Abruzzen geleistet ward. In Apulien machte Cosconius Nachfolger, Quin- tus Metellus Pius, der Sohn des Ueberwinders von Numidien und an energisch conservativer Gesinnung wie an militärischer Begabung seinem Vater nicht ungleich, dem Widerstand ein Ende durch die Einnahme von Venusia, wobei 3000 Bewaffnete ge- fangen genommen wurden. In Samnium gelang zwar Silo die Wiedereinnahme von Bovianum; allein in einer Schlacht, die er dem römischen General Aemilius Mamercus lieferte, siegten die Römer und, was wichtiger war als der Sieg selbst, unter den 6000 Todten, die die Samniten auf der Wahlstatt lieſsen, war auch Silo. In Campanien wurden die kleineren Ortschaften, die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0246" n="236"/><fw place="top" type="header">VIERTES BUCH. KAPITEL VII.</fw><lb/> Ende. — Allerdings war inzwischen eine neue Complication ein-<lb/> getreten, indem die asiatischen Verwicklungen es zu einer gebie-<lb/> terischen Nothwendigkeit gemacht hatten gegen König Mithrada-<lb/> tes von Pontos den Krieg zu erklären und für das nächste Jahr<lb/> (666) den einen Consul und eine consularische Armee nach<lb/> Kleinasien zu bestimmen. Wäre dieser Krieg ein Jahr früher<lb/> zum Ausbruch gekommen, so hätte die gleichzeitige Empörung<lb/> des halben Italiens und der wichtigsten Provinz dem römischen<lb/> Staat eine ungeheure Gefahr bereiten können; nachdem in dem<lb/> raschen Sturz der italischen Insurrection das wunderbare Glück<lb/> Roms sich abermals bewährt hatte, war dieser mit dem italischen<lb/> sich verschlingende asiatische Krieg nicht eigentlich bedrohlicher<lb/> Art, um so weniger, als Mithradates in seiner übermüthigen Art<lb/> die Aufforderung der Italiker ihnen unmittelbaren Beistand zu<lb/> leisten von der Hand wies, aber freilich immer noch in hohem<lb/> Grade unbequem. Die Zeiten waren nicht mehr wo man einen<lb/> italischen und einen überseeischen Krieg unbedenklich neben ein-<lb/> ander führte; die Staatskasse war nach zwei Kriegsjahren bereits<lb/> vollständig erschöpft, die Bildung einer neuen Armee neben den<lb/> bereits im Felde stehenden schien kaum ausführbar. Indeſs man<lb/> half sich wie man konnte. Der Verkauf der seit alter Zeit (I, 35)<lb/> auf und an der Burg freigebliebenen Plätze an die Baulustigen,<lb/> woraus 9000 Pfund Gold (2½ Mill. Thlr.) gelöst wurden, lieferte<lb/> die erforderlichen Geldmittel. Eine neue Armee ward nicht ge-<lb/> bildet, sondern die in Campanien unter Sulla stehende bestimmt<lb/> nach Asien sich einzuschiffen, sobald der Stand der Dinge im<lb/> südlichen Italien es ihr gestatten würde sich zu entfernen; was<lb/> mit Hülfe der im Norden unter Strabo operirenden Armee vor-<lb/> aussichtlich bald sich möglich machen lieſs. — So begann denn<lb/> der dritte Feldzug 666 unter günstigen Aussichten für Rom.<lb/> Strabo dämpfte den letzten Widerstand, der noch in den Abruzzen<lb/> geleistet ward. 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VIERTES BUCH. KAPITEL VII.
Ende. — Allerdings war inzwischen eine neue Complication ein-
getreten, indem die asiatischen Verwicklungen es zu einer gebie-
terischen Nothwendigkeit gemacht hatten gegen König Mithrada-
tes von Pontos den Krieg zu erklären und für das nächste Jahr
(666) den einen Consul und eine consularische Armee nach
Kleinasien zu bestimmen. Wäre dieser Krieg ein Jahr früher
zum Ausbruch gekommen, so hätte die gleichzeitige Empörung
des halben Italiens und der wichtigsten Provinz dem römischen
Staat eine ungeheure Gefahr bereiten können; nachdem in dem
raschen Sturz der italischen Insurrection das wunderbare Glück
Roms sich abermals bewährt hatte, war dieser mit dem italischen
sich verschlingende asiatische Krieg nicht eigentlich bedrohlicher
Art, um so weniger, als Mithradates in seiner übermüthigen Art
die Aufforderung der Italiker ihnen unmittelbaren Beistand zu
leisten von der Hand wies, aber freilich immer noch in hohem
Grade unbequem. Die Zeiten waren nicht mehr wo man einen
italischen und einen überseeischen Krieg unbedenklich neben ein-
ander führte; die Staatskasse war nach zwei Kriegsjahren bereits
vollständig erschöpft, die Bildung einer neuen Armee neben den
bereits im Felde stehenden schien kaum ausführbar. Indeſs man
half sich wie man konnte. Der Verkauf der seit alter Zeit (I, 35)
auf und an der Burg freigebliebenen Plätze an die Baulustigen,
woraus 9000 Pfund Gold (2½ Mill. Thlr.) gelöst wurden, lieferte
die erforderlichen Geldmittel. Eine neue Armee ward nicht ge-
bildet, sondern die in Campanien unter Sulla stehende bestimmt
nach Asien sich einzuschiffen, sobald der Stand der Dinge im
südlichen Italien es ihr gestatten würde sich zu entfernen; was
mit Hülfe der im Norden unter Strabo operirenden Armee vor-
aussichtlich bald sich möglich machen lieſs. — So begann denn
der dritte Feldzug 666 unter günstigen Aussichten für Rom.
Strabo dämpfte den letzten Widerstand, der noch in den Abruzzen
geleistet ward. In Apulien machte Cosconius Nachfolger, Quin-
tus Metellus Pius, der Sohn des Ueberwinders von Numidien
und an energisch conservativer Gesinnung wie an militärischer
Begabung seinem Vater nicht ungleich, dem Widerstand ein Ende
durch die Einnahme von Venusia, wobei 3000 Bewaffnete ge-
fangen genommen wurden. In Samnium gelang zwar Silo die
Wiedereinnahme von Bovianum; allein in einer Schlacht, die er
dem römischen General Aemilius Mamercus lieferte, siegten die
Römer und, was wichtiger war als der Sieg selbst, unter den
6000 Todten, die die Samniten auf der Wahlstatt lieſsen, war
auch Silo. In Campanien wurden die kleineren Ortschaften, die
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