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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.

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larischer Gewalt. Jenem wurde das schwierige Geschäft die Py-
renäenpässe mit Gewalt sich zu eröffnen dadurch erspart, dass
der von Sertorius ihm entgegengestellte General durch einen sei-
ner Offiziere ermordet ward und darauf die Truppen sich ver-
liefen. Sertorius, viel zu schwach um sich im gleichen Kampfe
zu behaupten, raffte eilig die nächststehenden Truppen zusammen
und schiffte in Neukarthago sich ein -- wohin, wusste er selbst
nicht, vielleicht an die africanische Küste oder nach den kana-
rischen Inseln, nur irgendwo hin, wohin Sullas Arm nicht reiche.
Spanien unterwarf hierauf sich willig den sullanischen Beamten
(um 673). -- Sicilien ward, als Pompeius mit 120 Segeln und
sechs Legionen sich an der Küste zeigte, von Perpenna ohne
Gegenwehr geräumt. Pompeius schickte von dort ein Geschwader
nach Kossyra, das die daselbst verweilenden marianischen Offiziere
aufhob; Marcus Brutus und die übrigen wurden sofort hinge-
richtet, der Consul Carbo aber Pompeius Befehlen zufolge vor ihn
selbst nach Lilybaeon geführt, und uneingedenk des in gefährlicher
Zeit ihm von eben diesem Manne zu Theil gewordenen Schutzes
(S. 308) von ihm persönlich dem Henker überliefert (672).
Von hier weiter beordert nach Africa, überwand Pompeius die
von Ahenobarbus und Hiarbas gesammelten nicht unbedeutenden
Streitkräfte mit seinem weit zahlreicheren Heer in offener Feld-
schlacht und, die Begrüssung als Imperator vorläufig ablehnend,
gab er sogleich das Zeichen zum Sturm auf das feindliche Lager.
So ward er an einem Tage der Feinde Herr; Ahenobarbus war
unter den Gefallenen; mit Hülfe des Königs Bogud ward Hiarbas
in Bulla ergriffen und getödtet und Hiempsal in sein angestamm-
tes Reich wieder eingesetzt; eine grosse Razzia gegen die Be-
wohner der Wüste, von denen eine Anzahl gaetulischer von Ma-
rius als frei anerkannter Stämme Hiempsal untergeben wurden,
stellte auch hier die gesunkene Achtung des römischen Namens
wieder her; in vierzig Tagen nach Pompeius Landung in Africa
war alles zu Ende. Der Senat wies ihn an sein Heer aufzulösen,
worin die Andeutung lag, dass er nicht zum Triumph gelassen
werden solle, auf welchen er als ausserordentlicher Beamter dem
Herkommen nach keinen Anspruch machen durfte. Der Feldherr
grollte heimlich, die Soldaten laut; es schien einen Augenblick,
als werde die africanische Armee gegen den Senat revoltiren und
Sulla gegen seinen Tochtermann zu Felde ziehen. Indess Sulla
gab nach und liess den jungen Mann sich berühmen der einzige
Römer zu sein, der eher Triumphator als Senator geworden war;
ja bei der Heimkehr von diesen bequemen Grossthaten begrüsste

CINNA UND SULLA.
larischer Gewalt. Jenem wurde das schwierige Geschäft die Py-
renäenpässe mit Gewalt sich zu eröffnen dadurch erspart, daſs
der von Sertorius ihm entgegengestellte General durch einen sei-
ner Offiziere ermordet ward und darauf die Truppen sich ver-
liefen. Sertorius, viel zu schwach um sich im gleichen Kampfe
zu behaupten, raffte eilig die nächststehenden Truppen zusammen
und schiffte in Neukarthago sich ein — wohin, wuſste er selbst
nicht, vielleicht an die africanische Küste oder nach den kana-
rischen Inseln, nur irgendwo hin, wohin Sullas Arm nicht reiche.
Spanien unterwarf hierauf sich willig den sullanischen Beamten
(um 673). — Sicilien ward, als Pompeius mit 120 Segeln und
sechs Legionen sich an der Küste zeigte, von Perpenna ohne
Gegenwehr geräumt. Pompeius schickte von dort ein Geschwader
nach Kossyra, das die daselbst verweilenden marianischen Offiziere
aufhob; Marcus Brutus und die übrigen wurden sofort hinge-
richtet, der Consul Carbo aber Pompeius Befehlen zufolge vor ihn
selbst nach Lilybaeon geführt, und uneingedenk des in gefährlicher
Zeit ihm von eben diesem Manne zu Theil gewordenen Schutzes
(S. 308) von ihm persönlich dem Henker überliefert (672).
Von hier weiter beordert nach Africa, überwand Pompeius die
von Ahenobarbus und Hiarbas gesammelten nicht unbedeutenden
Streitkräfte mit seinem weit zahlreicheren Heer in offener Feld-
schlacht und, die Begrüſsung als Imperator vorläufig ablehnend,
gab er sogleich das Zeichen zum Sturm auf das feindliche Lager.
So ward er an einem Tage der Feinde Herr; Ahenobarbus war
unter den Gefallenen; mit Hülfe des Königs Bogud ward Hiarbas
in Bulla ergriffen und getödtet und Hiempsal in sein angestamm-
tes Reich wieder eingesetzt; eine groſse Razzia gegen die Be-
wohner der Wüste, von denen eine Anzahl gaetulischer von Ma-
rius als frei anerkannter Stämme Hiempsal untergeben wurden,
stellte auch hier die gesunkene Achtung des römischen Namens
wieder her; in vierzig Tagen nach Pompeius Landung in Africa
war alles zu Ende. Der Senat wies ihn an sein Heer aufzulösen,
worin die Andeutung lag, daſs er nicht zum Triumph gelassen
werden solle, auf welchen er als auſserordentlicher Beamter dem
Herkommen nach keinen Anspruch machen durfte. Der Feldherr
grollte heimlich, die Soldaten laut; es schien einen Augenblick,
als werde die africanische Armee gegen den Senat revoltiren und
Sulla gegen seinen Tochtermann zu Felde ziehen. Indeſs Sulla
gab nach und lieſs den jungen Mann sich berühmen der einzige
Römer zu sein, der eher Triumphator als Senator geworden war;
ja bei der Heimkehr von diesen bequemen Groſsthaten begrüſste

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[319/0329] CINNA UND SULLA. larischer Gewalt. Jenem wurde das schwierige Geschäft die Py- renäenpässe mit Gewalt sich zu eröffnen dadurch erspart, daſs der von Sertorius ihm entgegengestellte General durch einen sei- ner Offiziere ermordet ward und darauf die Truppen sich ver- liefen. Sertorius, viel zu schwach um sich im gleichen Kampfe zu behaupten, raffte eilig die nächststehenden Truppen zusammen und schiffte in Neukarthago sich ein — wohin, wuſste er selbst nicht, vielleicht an die africanische Küste oder nach den kana- rischen Inseln, nur irgendwo hin, wohin Sullas Arm nicht reiche. Spanien unterwarf hierauf sich willig den sullanischen Beamten (um 673). — Sicilien ward, als Pompeius mit 120 Segeln und sechs Legionen sich an der Küste zeigte, von Perpenna ohne Gegenwehr geräumt. Pompeius schickte von dort ein Geschwader nach Kossyra, das die daselbst verweilenden marianischen Offiziere aufhob; Marcus Brutus und die übrigen wurden sofort hinge- richtet, der Consul Carbo aber Pompeius Befehlen zufolge vor ihn selbst nach Lilybaeon geführt, und uneingedenk des in gefährlicher Zeit ihm von eben diesem Manne zu Theil gewordenen Schutzes (S. 308) von ihm persönlich dem Henker überliefert (672). Von hier weiter beordert nach Africa, überwand Pompeius die von Ahenobarbus und Hiarbas gesammelten nicht unbedeutenden Streitkräfte mit seinem weit zahlreicheren Heer in offener Feld- schlacht und, die Begrüſsung als Imperator vorläufig ablehnend, gab er sogleich das Zeichen zum Sturm auf das feindliche Lager. So ward er an einem Tage der Feinde Herr; Ahenobarbus war unter den Gefallenen; mit Hülfe des Königs Bogud ward Hiarbas in Bulla ergriffen und getödtet und Hiempsal in sein angestamm- tes Reich wieder eingesetzt; eine groſse Razzia gegen die Be- wohner der Wüste, von denen eine Anzahl gaetulischer von Ma- rius als frei anerkannter Stämme Hiempsal untergeben wurden, stellte auch hier die gesunkene Achtung des römischen Namens wieder her; in vierzig Tagen nach Pompeius Landung in Africa war alles zu Ende. Der Senat wies ihn an sein Heer aufzulösen, worin die Andeutung lag, daſs er nicht zum Triumph gelassen werden solle, auf welchen er als auſserordentlicher Beamter dem Herkommen nach keinen Anspruch machen durfte. Der Feldherr grollte heimlich, die Soldaten laut; es schien einen Augenblick, als werde die africanische Armee gegen den Senat revoltiren und Sulla gegen seinen Tochtermann zu Felde ziehen. Indeſs Sulla gab nach und lieſs den jungen Mann sich berühmen der einzige Römer zu sein, der eher Triumphator als Senator geworden war; ja bei der Heimkehr von diesen bequemen Groſsthaten begrüſste

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855/329>, abgerufen am 02.06.2024.