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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.

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chen Lauf der Dinge unter der Verwaltung der in Rom eben fungi-
renden höchsten Beamten, wie denn ja auch die Colonialgründun-
gen durch dies ganze Gebiet sich erstrecken. Jetzt ward das Kel-
tenland diesseit der Alpen, dessen Südgrenze übrigens vom Aesis
an den Rubico verlegt ward, administrativ von Italien getrennt und
als eine eigene von einem Proconsul oder Proprätor zu verwal-
tende Statthalterschaft constituirt *. Nach der bisherigen Ordnung
ferner hatte auch der vom Volke unmittelbar ernannte Beamte eine
militärische Stellung haben können; nach der sullanischen dagegen
war diese ausschliesslich vorbehalten den vom Senat durch Pro-
longation der Amtsfrist in ihrer Amtsgewalt bestätigten Beamten;
welche Prolongation zwar jetzt stehend geworden war, aber darum
dennoch in ihrem Wesen als ausserordentliche Fristerstreckung
festgehalten ward. Auch auf die Consuln wurde dies erstreckt, in-
dem die in dieser Weise dem älteren Recht fremde Bestimmung,
dass in Italien regelmässig keine Truppen stehen dürften, durch
Sulla als Fundamentalsatz des Staatsrechts aufgestellt ward. Die
Consuln und Prätoren also übten fortan ausschliesslich die bür-
gerliche, die Proconsuln und Proprätoren ausschliesslich die
militärische Gewalt. Es war dies nicht gleichgültig. Den Consul
oder den Prätor konnte Niemand oder höchstens doch nur die
Bürgerschaft seines Amtes entsetzen; den Proconsul und den
Proprätor ernannte und entliess der Senat, so dass durch diese

* Auch für diese Angaben giebt es keinen anderen Beweis, als dass das
italische Keltenland eine Provinz in dem Sinne, wo das Wort einen ge-
schlossenen und von einem jährlich erneuerten Statthalter verwalteten
Sprengel bedeutet, in den älteren Zeiten ebenso entschieden nicht ist wie
allerdings in der caesarischen es eine ist. -- Nicht viel anders steht es mit
der Vorschiebung der Grenze; wir wissen, dass ehemals der Aesis, zu Cae-
sars Zeit der Rubico das Keltenland von Italien schied, aber nicht, wann
die Vorrückung stattfand. Man hat zwar daraus, dass Marcus Terentius
Varro Lucullus als Proprätor in diesem District eine Grenzregulirung vor-
nahm (Orelli inscr. 570), geschlossen, dass derselbe wenigstens im Jahre
nach Lucullus Praetur 679 noch Provinzialland gewesen sein müsse, da
auf italischem Boden der Proprätor nichts zu schaffen habe. Allein es ist
dabei übersehen, dass die letztere Regel nur für gewöhnliche Zeiten gilt
und dass eben dieser Lucullus in dem Feldzug 672 als commandirender Of-
fizier in dieser Gegend beschäftigt war (S. 313); es ist wahrscheinlich, dass
er schon damals die proprätorische Gewalt hatte und 672 oder 673 (vgl.
Appian 1, 95) die fragliche Grenze regulirte, so dass hieraus auf die recht-
liche Stellung der Landschaft nicht geschlossen werden darf. Dagegen ist
es ein bemerkenswerther Fingerzeig, dass Sulla das römische Pomerium
vorschob (Seneca de brev. vitae 14; Dio 43, 50), was nach römischem
Staatsrecht nur dem gestattet war, der nicht etwa die Reichs-, sondern
die Stadt-, d. h. die italische Grenze vorgerückt hatte (I, 39).

VIERTES BUCH. KAPITEL X.
chen Lauf der Dinge unter der Verwaltung der in Rom eben fungi-
renden höchsten Beamten, wie denn ja auch die Colonialgründun-
gen durch dies ganze Gebiet sich erstrecken. Jetzt ward das Kel-
tenland diesseit der Alpen, dessen Südgrenze übrigens vom Aesis
an den Rubico verlegt ward, administrativ von Italien getrennt und
als eine eigene von einem Proconsul oder Proprätor zu verwal-
tende Statthalterschaft constituirt *. Nach der bisherigen Ordnung
ferner hatte auch der vom Volke unmittelbar ernannte Beamte eine
militärische Stellung haben können; nach der sullanischen dagegen
war diese ausschlieſslich vorbehalten den vom Senat durch Pro-
longation der Amtsfrist in ihrer Amtsgewalt bestätigten Beamten;
welche Prolongation zwar jetzt stehend geworden war, aber darum
dennoch in ihrem Wesen als auſserordentliche Fristerstreckung
festgehalten ward. Auch auf die Consuln wurde dies erstreckt, in-
dem die in dieser Weise dem älteren Recht fremde Bestimmung,
daſs in Italien regelmäſsig keine Truppen stehen dürften, durch
Sulla als Fundamentalsatz des Staatsrechts aufgestellt ward. Die
Consuln und Prätoren also übten fortan ausschlieſslich die bür-
gerliche, die Proconsuln und Proprätoren ausschlieſslich die
militärische Gewalt. Es war dies nicht gleichgültig. Den Consul
oder den Prätor konnte Niemand oder höchstens doch nur die
Bürgerschaft seines Amtes entsetzen; den Proconsul und den
Proprätor ernannte und entlieſs der Senat, so daſs durch diese

* Auch für diese Angaben giebt es keinen anderen Beweis, als daſs das
italische Keltenland eine Provinz in dem Sinne, wo das Wort einen ge-
schlossenen und von einem jährlich erneuerten Statthalter verwalteten
Sprengel bedeutet, in den älteren Zeiten ebenso entschieden nicht ist wie
allerdings in der caesarischen es eine ist. — Nicht viel anders steht es mit
der Vorschiebung der Grenze; wir wissen, daſs ehemals der Aesis, zu Cae-
sars Zeit der Rubico das Keltenland von Italien schied, aber nicht, wann
die Vorrückung stattfand. Man hat zwar daraus, daſs Marcus Terentius
Varro Lucullus als Proprätor in diesem District eine Grenzregulirung vor-
nahm (Orelli inscr. 570), geschlossen, daſs derselbe wenigstens im Jahre
nach Lucullus Praetur 679 noch Provinzialland gewesen sein müsse, da
auf italischem Boden der Proprätor nichts zu schaffen habe. Allein es ist
dabei übersehen, daſs die letztere Regel nur für gewöhnliche Zeiten gilt
und daſs eben dieser Lucullus in dem Feldzug 672 als commandirender Of-
fizier in dieser Gegend beschäftigt war (S. 313); es ist wahrscheinlich, daſs
er schon damals die proprätorische Gewalt hatte und 672 oder 673 (vgl.
Appian 1, 95) die fragliche Grenze regulirte, so daſs hieraus auf die recht-
liche Stellung der Landschaft nicht geschlossen werden darf. Dagegen ist
es ein bemerkenswerther Fingerzeig, daſs Sulla das römische Pomerium
vorschob (Seneca de brev. vitae 14; Dio 43, 50), was nach römischem
Staatsrecht nur dem gestattet war, der nicht etwa die Reichs-, sondern
die Stadt-, d. h. die italische Grenze vorgerückt hatte (I, 39).
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[340/0350] VIERTES BUCH. KAPITEL X. chen Lauf der Dinge unter der Verwaltung der in Rom eben fungi- renden höchsten Beamten, wie denn ja auch die Colonialgründun- gen durch dies ganze Gebiet sich erstrecken. Jetzt ward das Kel- tenland diesseit der Alpen, dessen Südgrenze übrigens vom Aesis an den Rubico verlegt ward, administrativ von Italien getrennt und als eine eigene von einem Proconsul oder Proprätor zu verwal- tende Statthalterschaft constituirt *. Nach der bisherigen Ordnung ferner hatte auch der vom Volke unmittelbar ernannte Beamte eine militärische Stellung haben können; nach der sullanischen dagegen war diese ausschlieſslich vorbehalten den vom Senat durch Pro- longation der Amtsfrist in ihrer Amtsgewalt bestätigten Beamten; welche Prolongation zwar jetzt stehend geworden war, aber darum dennoch in ihrem Wesen als auſserordentliche Fristerstreckung festgehalten ward. Auch auf die Consuln wurde dies erstreckt, in- dem die in dieser Weise dem älteren Recht fremde Bestimmung, daſs in Italien regelmäſsig keine Truppen stehen dürften, durch Sulla als Fundamentalsatz des Staatsrechts aufgestellt ward. Die Consuln und Prätoren also übten fortan ausschlieſslich die bür- gerliche, die Proconsuln und Proprätoren ausschlieſslich die militärische Gewalt. Es war dies nicht gleichgültig. Den Consul oder den Prätor konnte Niemand oder höchstens doch nur die Bürgerschaft seines Amtes entsetzen; den Proconsul und den Proprätor ernannte und entlieſs der Senat, so daſs durch diese * Auch für diese Angaben giebt es keinen anderen Beweis, als daſs das italische Keltenland eine Provinz in dem Sinne, wo das Wort einen ge- schlossenen und von einem jährlich erneuerten Statthalter verwalteten Sprengel bedeutet, in den älteren Zeiten ebenso entschieden nicht ist wie allerdings in der caesarischen es eine ist. — Nicht viel anders steht es mit der Vorschiebung der Grenze; wir wissen, daſs ehemals der Aesis, zu Cae- sars Zeit der Rubico das Keltenland von Italien schied, aber nicht, wann die Vorrückung stattfand. Man hat zwar daraus, daſs Marcus Terentius Varro Lucullus als Proprätor in diesem District eine Grenzregulirung vor- nahm (Orelli inscr. 570), geschlossen, daſs derselbe wenigstens im Jahre nach Lucullus Praetur 679 noch Provinzialland gewesen sein müsse, da auf italischem Boden der Proprätor nichts zu schaffen habe. Allein es ist dabei übersehen, daſs die letztere Regel nur für gewöhnliche Zeiten gilt und daſs eben dieser Lucullus in dem Feldzug 672 als commandirender Of- fizier in dieser Gegend beschäftigt war (S. 313); es ist wahrscheinlich, daſs er schon damals die proprätorische Gewalt hatte und 672 oder 673 (vgl. Appian 1, 95) die fragliche Grenze regulirte, so daſs hieraus auf die recht- liche Stellung der Landschaft nicht geschlossen werden darf. Dagegen ist es ein bemerkenswerther Fingerzeig, daſs Sulla das römische Pomerium vorschob (Seneca de brev. vitae 14; Dio 43, 50), was nach römischem Staatsrecht nur dem gestattet war, der nicht etwa die Reichs-, sondern die Stadt-, d. h. die italische Grenze vorgerückt hatte (I, 39).

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855/350>, abgerufen am 18.12.2024.