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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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POMPEIUS UND DER OSTEN.
Arsakiden geflüchtet und intriguirte dort gegen den Vater. Es
war zum Theil sein Werk, dass Phraates den Lohn für den Bei-
tritt, der ihm von beiden Seiten geboten ward, den gesicherten
Besitz Mesopotamiens, lieber aus der Hand der Römer nahm und
den mit Lucullus hinsichtlich der Euphratgrenze abgeschlossenen
Vertrag (S. 63) mit Pompeius erneuerte, ja sogar darauf ein-
ging mit den Römern gemeinschaftlich gegen Armenien zu ope-
riren. Noch grösseren Schaden als durch diesen Bruch zwischen
den Alliirten und den Parthern that der jüngere Tigranes den Ver-
bündeten dadurch, dass unter ihnen selbst über seinen Aufstand
eine Spaltung entstand. Der Grosskönig nährte im Geheimen
den Argwohn, dass der Schwiegervater bei der Schilderhebung
seines Enkels -- die Mutter des jüngeren Tigranes Kleopatra war
die Tochter Mithradats -- die Hand im Spiel gehabt haben möge,
und wenn es auch darüber nicht zum offenen Bruch kam, so war
doch das gute Einverständniss der beiden Monarchen eben in dem
Augenblick gestört, wo sie desselben am dringendsten bedurften.
-- Zugleich betrieb Pompeius die Rüstungen mit Energie. Die
asiatischen Bundes- und Clientelgemeinden wurden gemahnt den
vertragsmässigen Zuzug zu leisten. Oeffentliche Anschläge for-
derten die entlassenen Veteranen der Legionen Fimbrias auf als
Freiwillige wieder unter die Fahnen zurückzutreten, und durch
grosse Versprechungen und den Namen des Pompeius liess ein
ansehnlicher Theil derselben in der That sich bestimmen dem
Rufe zu folgen. Die gesammte Streitmacht, die unter Pompeius
Befehlen vereinigt war, mochte mit Ausschluss der Hülfsvölker
sich auf etwa 40--50000 Mann belaufen. *

Im Frühjahr 688 begab sich Pompeius nach Galatien um
den Oberbefehl über die Truppen Luculls zu übernehmen und
mit ihnen in das pontische Gebiet einzurücken, wohin die kili-
kischen Legionen angewiesen waren zu folgen. In Danala, einer
Ortschaft der Trokmer, trafen die beiden Feldherren zusammen;
die Versöhnung aber, die die beiderseitigen Freunde gehofft hat-
ten, ward nicht erreicht. Die einleitenden Höflichkeiten gingen
bald über in bittere Erörterungen und diese in heftigen Wort-
wechsel; man schied verstimmter als man gekommen war. Da

* Pompeius vertheilte unter
seine Soldaten und Offiziere als Ehren-
geschenk 384 Mill. Sesterzen (=16000 Talente, App. Mithr. 116); da die
Offiziere 100 Mill. empfingen (Plin. h. n. 37, 2, 16), von den
gemeinen
Soldaten aber jeder 6000 Sesterzen (Plin., App.), so zählte das Heer noch
bei dem Triumph etwa 40000 Mann.
Röm. Gesch. III. 8

POMPEIUS UND DER OSTEN.
Arsakiden geflüchtet und intriguirte dort gegen den Vater. Es
war zum Theil sein Werk, daſs Phraates den Lohn für den Bei-
tritt, der ihm von beiden Seiten geboten ward, den gesicherten
Besitz Mesopotamiens, lieber aus der Hand der Römer nahm und
den mit Lucullus hinsichtlich der Euphratgrenze abgeschlossenen
Vertrag (S. 63) mit Pompeius erneuerte, ja sogar darauf ein-
ging mit den Römern gemeinschaftlich gegen Armenien zu ope-
riren. Noch gröſseren Schaden als durch diesen Bruch zwischen
den Alliirten und den Parthern that der jüngere Tigranes den Ver-
bündeten dadurch, daſs unter ihnen selbst über seinen Aufstand
eine Spaltung entstand. Der Groſskönig nährte im Geheimen
den Argwohn, daſs der Schwiegervater bei der Schilderhebung
seines Enkels — die Mutter des jüngeren Tigranes Kleopatra war
die Tochter Mithradats — die Hand im Spiel gehabt haben möge,
und wenn es auch darüber nicht zum offenen Bruch kam, so war
doch das gute Einverständniſs der beiden Monarchen eben in dem
Augenblick gestört, wo sie desselben am dringendsten bedurften.
— Zugleich betrieb Pompeius die Rüstungen mit Energie. Die
asiatischen Bundes- und Clientelgemeinden wurden gemahnt den
vertragsmäſsigen Zuzug zu leisten. Oeffentliche Anschläge for-
derten die entlassenen Veteranen der Legionen Fimbrias auf als
Freiwillige wieder unter die Fahnen zurückzutreten, und durch
groſse Versprechungen und den Namen des Pompeius lieſs ein
ansehnlicher Theil derselben in der That sich bestimmen dem
Rufe zu folgen. Die gesammte Streitmacht, die unter Pompeius
Befehlen vereinigt war, mochte mit Ausschluſs der Hülfsvölker
sich auf etwa 40—50000 Mann belaufen. *

Im Frühjahr 688 begab sich Pompeius nach Galatien um
den Oberbefehl über die Truppen Luculls zu übernehmen und
mit ihnen in das pontische Gebiet einzurücken, wohin die kili-
kischen Legionen angewiesen waren zu folgen. In Danala, einer
Ortschaft der Trokmer, trafen die beiden Feldherren zusammen;
die Versöhnung aber, die die beiderseitigen Freunde gehofft hat-
ten, ward nicht erreicht. Die einleitenden Höflichkeiten gingen
bald über in bittere Erörterungen und diese in heftigen Wort-
wechsel; man schied verstimmter als man gekommen war. Da

* Pompeius vertheilte unter
seine Soldaten und Offiziere als Ehren-
geschenk 384 Mill. Sesterzen (=16000 Talente, App. Mithr. 116); da die
Offiziere 100 Mill. empfingen (Plin. h. n. 37, 2, 16), von den
gemeinen
Soldaten aber jeder 6000 Sesterzen (Plin., App.), so zählte das Heer noch
bei dem Triumph etwa 40000 Mann.
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[113/0123] POMPEIUS UND DER OSTEN. Arsakiden geflüchtet und intriguirte dort gegen den Vater. Es war zum Theil sein Werk, daſs Phraates den Lohn für den Bei- tritt, der ihm von beiden Seiten geboten ward, den gesicherten Besitz Mesopotamiens, lieber aus der Hand der Römer nahm und den mit Lucullus hinsichtlich der Euphratgrenze abgeschlossenen Vertrag (S. 63) mit Pompeius erneuerte, ja sogar darauf ein- ging mit den Römern gemeinschaftlich gegen Armenien zu ope- riren. Noch gröſseren Schaden als durch diesen Bruch zwischen den Alliirten und den Parthern that der jüngere Tigranes den Ver- bündeten dadurch, daſs unter ihnen selbst über seinen Aufstand eine Spaltung entstand. Der Groſskönig nährte im Geheimen den Argwohn, daſs der Schwiegervater bei der Schilderhebung seines Enkels — die Mutter des jüngeren Tigranes Kleopatra war die Tochter Mithradats — die Hand im Spiel gehabt haben möge, und wenn es auch darüber nicht zum offenen Bruch kam, so war doch das gute Einverständniſs der beiden Monarchen eben in dem Augenblick gestört, wo sie desselben am dringendsten bedurften. — Zugleich betrieb Pompeius die Rüstungen mit Energie. Die asiatischen Bundes- und Clientelgemeinden wurden gemahnt den vertragsmäſsigen Zuzug zu leisten. Oeffentliche Anschläge for- derten die entlassenen Veteranen der Legionen Fimbrias auf als Freiwillige wieder unter die Fahnen zurückzutreten, und durch groſse Versprechungen und den Namen des Pompeius lieſs ein ansehnlicher Theil derselben in der That sich bestimmen dem Rufe zu folgen. Die gesammte Streitmacht, die unter Pompeius Befehlen vereinigt war, mochte mit Ausschluſs der Hülfsvölker sich auf etwa 40—50000 Mann belaufen. * Im Frühjahr 688 begab sich Pompeius nach Galatien um den Oberbefehl über die Truppen Luculls zu übernehmen und mit ihnen in das pontische Gebiet einzurücken, wohin die kili- kischen Legionen angewiesen waren zu folgen. In Danala, einer Ortschaft der Trokmer, trafen die beiden Feldherren zusammen; die Versöhnung aber, die die beiderseitigen Freunde gehofft hat- ten, ward nicht erreicht. Die einleitenden Höflichkeiten gingen bald über in bittere Erörterungen und diese in heftigen Wort- wechsel; man schied verstimmter als man gekommen war. Da * Pompeius vertheilte unter seine Soldaten und Offiziere als Ehren- geschenk 384 Mill. Sesterzen (=16000 Talente, App. Mithr. 116); da die Offiziere 100 Mill. empfingen (Plin. h. n. 37, 2, 16), von den gemeinen Soldaten aber jeder 6000 Sesterzen (Plin., App.), so zählte das Heer noch bei dem Triumph etwa 40000 Mann. Röm. Gesch. III. 8

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/123>, abgerufen am 27.11.2024.