Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.POMPEIUS UND DER OSTEN. hätte also Grund genug gehabt mit Rom den Krieg zu beginnen;es schien die Einleitung dazu, dass er im J. 690 wegen der Grenz- frage Armenien den Krieg erklärte. Aber Phraates hatte doch nicht den Muth, eben jetzt, wo der gefürchtete Feldherr mit seiner starken Armee an den Grenzen des parthischen Reiches stand, mit den Römern offen zu brechen. Als Pompeius Commissarien sandte um den Streit zwischen Parthien und Armenien gütlich beizulegen, fügte auch Phraates sich der aufgezwungenen römi- schen Vermittelung und liess es sich gefallen, dass ihr Schieds- spruch den Armeniern Korduene und das nördliche Mesopota- mien zuwies. Bald nachher schmückte seine Tochter mit ihrem Sohn und ihrem Gemahl den Triumph des römischen Feldherrn. Auch die Parther zitterten vor der römischen Uebermacht; und wenn sie nicht wie die Pontiker und die Armenier den römischen Waffen erlegen waren, so schien davon die Ursache nur die zu sein, dass sie es nicht gewagt hatten den Kampf zu bestehen. Noch lag es dem Feldherrn ob die inneren Verhältnisse der POMPEIUS UND DER OSTEN. hätte also Grund genug gehabt mit Rom den Krieg zu beginnen;es schien die Einleitung dazu, daſs er im J. 690 wegen der Grenz- frage Armenien den Krieg erklärte. Aber Phraates hatte doch nicht den Muth, eben jetzt, wo der gefürchtete Feldherr mit seiner starken Armee an den Grenzen des parthischen Reiches stand, mit den Römern offen zu brechen. Als Pompeius Commissarien sandte um den Streit zwischen Parthien und Armenien gütlich beizulegen, fügte auch Phraates sich der aufgezwungenen römi- schen Vermittelung und lieſs es sich gefallen, daſs ihr Schieds- spruch den Armeniern Korduene und das nördliche Mesopota- mien zuwies. Bald nachher schmückte seine Tochter mit ihrem Sohn und ihrem Gemahl den Triumph des römischen Feldherrn. Auch die Parther zitterten vor der römischen Uebermacht; und wenn sie nicht wie die Pontiker und die Armenier den römischen Waffen erlegen waren, so schien davon die Ursache nur die zu sein, daſs sie es nicht gewagt hatten den Kampf zu bestehen. Noch lag es dem Feldherrn ob die inneren Verhältnisse der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0145" n="135"/><fw place="top" type="header">POMPEIUS UND DER OSTEN.</fw><lb/> hätte also Grund genug gehabt mit Rom den Krieg zu beginnen;<lb/> es schien die Einleitung dazu, daſs er im J. 690 wegen der Grenz-<lb/> frage Armenien den Krieg erklärte. Aber Phraates hatte doch<lb/> nicht den Muth, eben jetzt, wo der gefürchtete Feldherr mit seiner<lb/> starken Armee an den Grenzen des parthischen Reiches stand,<lb/> mit den Römern offen zu brechen. 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Die bisherige<lb/> Provinz Asia, die Mysien, Lydien, Phrygien, Karien und Lykien<lb/> umfaſste, ward aus einer Grenz- eine Mittelprovinz; neu einge-<lb/> richtet wurden die Provinz Bithynien und Pontus, welche gebil-<lb/> det ward aus dem gesammten ehemaligen Reiche des Nikomedes<lb/> und der westlichen Hälfte des ehemaligen pontischen Staates bis<lb/> an und über den Halys; die Provinz Kilikien, die zwar schon älter<lb/> war, aber doch erst jetzt ihrem Namen entsprechend erweitert und<lb/> organisirt ward und auch Pamphylien und Isaurien mit umfaſste;<lb/> die Provinz Syrien und die Provinz Kreta. Freilich fehlte viel,<lb/> daſs jene Ländermasse als zusammenhängendes römisches Gebiet<lb/> hätte betrachtet werden können; vielmehr bestand sie aus einer<lb/> bunten Mischung unmittelbar römischen Landes, autonomer Stadt-<lb/> gebiete, fürstlicher und priesterlicher Herrschaften und König-<lb/> reiche, welche alle für die innere Verwaltung mehr oder minder<lb/> sich selbst überlassen waren, übrigens aber bald in milderen,<lb/> bald in schrofferen Formen von der römischen Regierung und<lb/> deren Proconsuln in ähnlicher Weise abhingen, wie früher von<lb/> dem Groſskönig und dessen Satrapen. Wenigstens dem Range<lb/> nach nahm unter den abhängigen Dynasten den ersten Platz ein<lb/> der König von Kappadokien, dessen Gebiet schon Lucullus durch<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [135/0145]
POMPEIUS UND DER OSTEN.
hätte also Grund genug gehabt mit Rom den Krieg zu beginnen;
es schien die Einleitung dazu, daſs er im J. 690 wegen der Grenz-
frage Armenien den Krieg erklärte. Aber Phraates hatte doch
nicht den Muth, eben jetzt, wo der gefürchtete Feldherr mit seiner
starken Armee an den Grenzen des parthischen Reiches stand,
mit den Römern offen zu brechen. Als Pompeius Commissarien
sandte um den Streit zwischen Parthien und Armenien gütlich
beizulegen, fügte auch Phraates sich der aufgezwungenen römi-
schen Vermittelung und lieſs es sich gefallen, daſs ihr Schieds-
spruch den Armeniern Korduene und das nördliche Mesopota-
mien zuwies. Bald nachher schmückte seine Tochter mit ihrem
Sohn und ihrem Gemahl den Triumph des römischen Feldherrn.
Auch die Parther zitterten vor der römischen Uebermacht; und
wenn sie nicht wie die Pontiker und die Armenier den römischen
Waffen erlegen waren, so schien davon die Ursache nur die zu
sein, daſs sie es nicht gewagt hatten den Kampf zu bestehen.
Noch lag es dem Feldherrn ob die inneren Verhältnisse der
neu gewonnenen Landschaften zu reguliren und die Spuren eines
dreizehnjährigen verheerenden Krieges so weit möglich zu tilgen.
Das in Kleinasien von Lucullus und der ihm beigegebenen Com-
mission, auf Kreta von Metellus begonnene Organisationsgeschäft
erhielt den endlichen Abschluſs durch Pompeius. Die bisherige
Provinz Asia, die Mysien, Lydien, Phrygien, Karien und Lykien
umfaſste, ward aus einer Grenz- eine Mittelprovinz; neu einge-
richtet wurden die Provinz Bithynien und Pontus, welche gebil-
det ward aus dem gesammten ehemaligen Reiche des Nikomedes
und der westlichen Hälfte des ehemaligen pontischen Staates bis
an und über den Halys; die Provinz Kilikien, die zwar schon älter
war, aber doch erst jetzt ihrem Namen entsprechend erweitert und
organisirt ward und auch Pamphylien und Isaurien mit umfaſste;
die Provinz Syrien und die Provinz Kreta. Freilich fehlte viel,
daſs jene Ländermasse als zusammenhängendes römisches Gebiet
hätte betrachtet werden können; vielmehr bestand sie aus einer
bunten Mischung unmittelbar römischen Landes, autonomer Stadt-
gebiete, fürstlicher und priesterlicher Herrschaften und König-
reiche, welche alle für die innere Verwaltung mehr oder minder
sich selbst überlassen waren, übrigens aber bald in milderen,
bald in schrofferen Formen von der römischen Regierung und
deren Proconsuln in ähnlicher Weise abhingen, wie früher von
dem Groſskönig und dessen Satrapen. Wenigstens dem Range
nach nahm unter den abhängigen Dynasten den ersten Platz ein
der König von Kappadokien, dessen Gebiet schon Lucullus durch
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