Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

Bild:
<< vorherige Seite
KAPITEL VI.
Pompeius Rücktritt und die Coalition der Prätendenten.

Als Pompeius nach Erledigung der ihm aufgetragenen Ver-
richtungen seine Blicke wieder der Heimath zuwandte, fand er
zum zweiten Male das Diadem zu seinen Füssen. Längst neigte
die Entwickelung des römischen Gemeinwesens einer solchen
Katastrophe sich zu; es war jedem Unbefangenen offenbar und
war tausendmal gesagt worden, dass wenn der Herrschaft der
Aristokratie ein Ende gemacht sein werde, die Monarchie unaus-
bleiblich sei. Jetzt war der Senat gestürzt zugleich durch die
bürgerliche liberale Opposition und die soldatische Gewalt; es
konnte sich nur noch darum handeln für die neue Ordnung der
Dinge die Personen, die Namen und Formen festzustellen, die
übrigens in den theils demokratischen, theils militärischen Ele-
menten der Umwälzung bereits ziemlich klar angedeutet waren. Die
Ereignisse der letzten fünf Jahre hatten auf diese bevorstehende
Umwandelung des Gemeinwesens gleichsam das letzte Siegel
gedrückt. In den neu eingerichteten asiatischen Provinzen, die
in ihrem Ordner den Nachfolger des grossen Alexander könig-
lich verehrten und schon seine begünstigten Freigelassenen wie
Prinzen empfingen, hatte Pompeius den Grund seiner Herrschaft
gelegt und zugleich die Schätze, das Heer und den Nimbus ge-
funden, deren der künftige Fürst des römischen Staates bedurfte.
Die anarchistische Verschwörung aber in der Hauptstadt mit
dem daran sich knüpfenden Bürgerkrieg hatte es Jedem, der gei-
stige oder auch nur materielle Interessen hatte, mit empfindlicher
Schärfe dargelegt, dass eine Regierung ohne Autorität und ohne

KAPITEL VI.
Pompeius Rücktritt und die Coalition der Prätendenten.

Als Pompeius nach Erledigung der ihm aufgetragenen Ver-
richtungen seine Blicke wieder der Heimath zuwandte, fand er
zum zweiten Male das Diadem zu seinen Füſsen. Längst neigte
die Entwickelung des römischen Gemeinwesens einer solchen
Katastrophe sich zu; es war jedem Unbefangenen offenbar und
war tausendmal gesagt worden, daſs wenn der Herrschaft der
Aristokratie ein Ende gemacht sein werde, die Monarchie unaus-
bleiblich sei. Jetzt war der Senat gestürzt zugleich durch die
bürgerliche liberale Opposition und die soldatische Gewalt; es
konnte sich nur noch darum handeln für die neue Ordnung der
Dinge die Personen, die Namen und Formen festzustellen, die
übrigens in den theils demokratischen, theils militärischen Ele-
menten der Umwälzung bereits ziemlich klar angedeutet waren. Die
Ereignisse der letzten fünf Jahre hatten auf diese bevorstehende
Umwandelung des Gemeinwesens gleichsam das letzte Siegel
gedrückt. In den neu eingerichteten asiatischen Provinzen, die
in ihrem Ordner den Nachfolger des groſsen Alexander könig-
lich verehrten und schon seine begünstigten Freigelassenen wie
Prinzen empfingen, hatte Pompeius den Grund seiner Herrschaft
gelegt und zugleich die Schätze, das Heer und den Nimbus ge-
funden, deren der künftige Fürst des römischen Staates bedurfte.
Die anarchistische Verschwörung aber in der Hauptstadt mit
dem daran sich knüpfenden Bürgerkrieg hatte es Jedem, der gei-
stige oder auch nur materielle Interessen hatte, mit empfindlicher
Schärfe dargelegt, daſs eine Regierung ohne Autorität und ohne

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0190" n="[180]"/>
        <div n="2">
          <head>KAPITEL VI.<lb/>
Pompeius Rücktritt und die Coalition der Prätendenten.</head><lb/>
          <p>Als Pompeius nach Erledigung der ihm aufgetragenen Ver-<lb/>
richtungen seine Blicke wieder der Heimath zuwandte, fand er<lb/>
zum zweiten Male das Diadem zu seinen Fü&#x017F;sen. Längst neigte<lb/>
die Entwickelung des römischen Gemeinwesens einer solchen<lb/>
Katastrophe sich zu; es war jedem Unbefangenen offenbar und<lb/>
war tausendmal gesagt worden, da&#x017F;s wenn der Herrschaft der<lb/>
Aristokratie ein Ende gemacht sein werde, die Monarchie unaus-<lb/>
bleiblich sei. Jetzt war der Senat gestürzt zugleich durch die<lb/>
bürgerliche liberale Opposition und die soldatische Gewalt; es<lb/>
konnte sich nur noch darum handeln für die neue Ordnung der<lb/>
Dinge die Personen, die Namen und Formen festzustellen, die<lb/>
übrigens in den theils demokratischen, theils militärischen Ele-<lb/>
menten der Umwälzung bereits ziemlich klar angedeutet waren. Die<lb/>
Ereignisse der letzten fünf Jahre hatten auf diese bevorstehende<lb/>
Umwandelung des Gemeinwesens gleichsam das letzte Siegel<lb/>
gedrückt. In den neu eingerichteten asiatischen Provinzen, die<lb/>
in ihrem Ordner den Nachfolger des gro&#x017F;sen Alexander könig-<lb/>
lich verehrten und schon seine begünstigten Freigelassenen wie<lb/>
Prinzen empfingen, hatte Pompeius den Grund seiner Herrschaft<lb/>
gelegt und zugleich die Schätze, das Heer und den Nimbus ge-<lb/>
funden, deren der künftige Fürst des römischen Staates bedurfte.<lb/>
Die anarchistische Verschwörung aber in der Hauptstadt mit<lb/>
dem daran sich knüpfenden Bürgerkrieg hatte es Jedem, der gei-<lb/>
stige oder auch nur materielle Interessen hatte, mit empfindlicher<lb/>
Schärfe dargelegt, da&#x017F;s eine Regierung ohne Autorität und ohne<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[180]/0190] KAPITEL VI. Pompeius Rücktritt und die Coalition der Prätendenten. Als Pompeius nach Erledigung der ihm aufgetragenen Ver- richtungen seine Blicke wieder der Heimath zuwandte, fand er zum zweiten Male das Diadem zu seinen Füſsen. Längst neigte die Entwickelung des römischen Gemeinwesens einer solchen Katastrophe sich zu; es war jedem Unbefangenen offenbar und war tausendmal gesagt worden, daſs wenn der Herrschaft der Aristokratie ein Ende gemacht sein werde, die Monarchie unaus- bleiblich sei. Jetzt war der Senat gestürzt zugleich durch die bürgerliche liberale Opposition und die soldatische Gewalt; es konnte sich nur noch darum handeln für die neue Ordnung der Dinge die Personen, die Namen und Formen festzustellen, die übrigens in den theils demokratischen, theils militärischen Ele- menten der Umwälzung bereits ziemlich klar angedeutet waren. Die Ereignisse der letzten fünf Jahre hatten auf diese bevorstehende Umwandelung des Gemeinwesens gleichsam das letzte Siegel gedrückt. In den neu eingerichteten asiatischen Provinzen, die in ihrem Ordner den Nachfolger des groſsen Alexander könig- lich verehrten und schon seine begünstigten Freigelassenen wie Prinzen empfingen, hatte Pompeius den Grund seiner Herrschaft gelegt und zugleich die Schätze, das Heer und den Nimbus ge- funden, deren der künftige Fürst des römischen Staates bedurfte. Die anarchistische Verschwörung aber in der Hauptstadt mit dem daran sich knüpfenden Bürgerkrieg hatte es Jedem, der gei- stige oder auch nur materielle Interessen hatte, mit empfindlicher Schärfe dargelegt, daſs eine Regierung ohne Autorität und ohne

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/190
Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. [180]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/190>, abgerufen am 04.12.2024.