fort. Einen schwereren Stand hatte Pompeius in der Ebropro- vinz; Pallantia (Palencia oberhalb Valladolid), das er belagerte, ward von Sertorius entsetzt; ebenso ward er vor Calagurris (Ca- lahorra am oberen Ebro) von Sertorius geschlagen und genö- thigt diese Gegenden zu verlassen, obwohl sich Metellus zur Be- lagerung dieser Stadt mit ihm vereinigt hatte. In ähnlicher Weise ward, nachdem Metellus in seiner Provinz, Pompeius in Gallien überwintert hatte, der Feldzug 681 geführt; doch gewann Pom- peius in diesem Jahr nachhaltigere Erfolge und bestimmte eine beträchtliche Anzahl Gemeinden von der Insurrection zurück- zutreten.
Acht Jahre währte also der sertorianische Krieg und noch war weder hüben noch drüben ein Ende abzusehen. Unbeschreib- lich litt unter demselben der Staat. Die Blüthe der italischen Ju- gend ging in den aufreibenden Strapazen des spanischen Krieges zu Grunde. Die öffentlichen Kassen entbehrten nicht bloss die spa- nischen Einnahmen, sondern hatten auch für die Besoldung und Verpflegung der spanischen Heere jährlich sehr ansehnliche Sum- men nach Spanien zu senden, die man kaum aufzubringen wusste. Dass Spanien verödete und verarmte, und die so schön daselbst sich entfaltende römische Civilisation einen schweren Stoss er- hielt, versteht sich von selbst, zumal bei einem so erbittert ge- führten und nur zu oft die Vernichtung ganzer Gemeinden veran- lassenden Insurrectionskrieg. Selbst die Städte, die zu der in Rom herrschenden Partei hielten, hatten unsägliche Noth zu erdulden; die an der Küste gelegenen mussten durch die römi- sche Flotte mit dem Nothwendigen versehen werden und die Lage der treuen binnenländischen Gemeinden war beinahe verzwei- felt. Fast nicht weniger litt die gallische Landschaft, theils durch die Requisitionen an Zuzug zu Fuss und zu Pferde, an Getreide und Geld, theils durch die drückende Last der Winterquartiere, die in Folge der Missernte 680 sich ins Unerträgliche steigerte; fast alle Gemeindekassen waren genöthigt zu den römischen Ban- quiers ihre Zuflucht zu nehmen und eine erdrückende Schulden- last sich aufzubürden. Feldherren und Soldaten führten den Krieg mit Widerwillen. Die Feldherren waren getroffen auf einen an Talent weit überlegenen Gegner, auf einen langweilig zähen Widerstand, auf einen Krieg sehr ernsthafter Gefahren und schwer erfochtener wenig glänzender Erfolge; es ward behauptet, dass Pompeius damit umgehe sich aus Spanien abberufen und ir- gend anderswo ein erwünschteres Commando sich übertragen zu lassen. Die Soldaten waren gleichfalls wenig erbaut von einem
FÜNFTES BUCH. KAPITEL. I.
fort. Einen schwereren Stand hatte Pompeius in der Ebropro- vinz; Pallantia (Palencia oberhalb Valladolid), das er belagerte, ward von Sertorius entsetzt; ebenso ward er vor Calagurris (Ca- lahorra am oberen Ebro) von Sertorius geschlagen und genö- thigt diese Gegenden zu verlassen, obwohl sich Metellus zur Be- lagerung dieser Stadt mit ihm vereinigt hatte. In ähnlicher Weise ward, nachdem Metellus in seiner Provinz, Pompeius in Gallien überwintert hatte, der Feldzug 681 geführt; doch gewann Pom- peius in diesem Jahr nachhaltigere Erfolge und bestimmte eine beträchtliche Anzahl Gemeinden von der Insurrection zurück- zutreten.
Acht Jahre währte also der sertorianische Krieg und noch war weder hüben noch drüben ein Ende abzusehen. Unbeschreib- lich litt unter demselben der Staat. Die Blüthe der italischen Ju- gend ging in den aufreibenden Strapazen des spanischen Krieges zu Grunde. Die öffentlichen Kassen entbehrten nicht bloſs die spa- nischen Einnahmen, sondern hatten auch für die Besoldung und Verpflegung der spanischen Heere jährlich sehr ansehnliche Sum- men nach Spanien zu senden, die man kaum aufzubringen wuſste. Daſs Spanien verödete und verarmte, und die so schön daselbst sich entfaltende römische Civilisation einen schweren Stoſs er- hielt, versteht sich von selbst, zumal bei einem so erbittert ge- führten und nur zu oft die Vernichtung ganzer Gemeinden veran- lassenden Insurrectionskrieg. Selbst die Städte, die zu der in Rom herrschenden Partei hielten, hatten unsägliche Noth zu erdulden; die an der Küste gelegenen muſsten durch die römi- sche Flotte mit dem Nothwendigen versehen werden und die Lage der treuen binnenländischen Gemeinden war beinahe verzwei- felt. Fast nicht weniger litt die gallische Landschaft, theils durch die Requisitionen an Zuzug zu Fuſs und zu Pferde, an Getreide und Geld, theils durch die drückende Last der Winterquartiere, die in Folge der Miſsernte 680 sich ins Unerträgliche steigerte; fast alle Gemeindekassen waren genöthigt zu den römischen Ban- quiers ihre Zuflucht zu nehmen und eine erdrückende Schulden- last sich aufzubürden. Feldherren und Soldaten führten den Krieg mit Widerwillen. Die Feldherren waren getroffen auf einen an Talent weit überlegenen Gegner, auf einen langweilig zähen Widerstand, auf einen Krieg sehr ernsthafter Gefahren und schwer erfochtener wenig glänzender Erfolge; es ward behauptet, daſs Pompeius damit umgehe sich aus Spanien abberufen und ir- gend anderswo ein erwünschteres Commando sich übertragen zu lassen. Die Soldaten waren gleichfalls wenig erbaut von einem
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FÜNFTES BUCH. KAPITEL. I.
fort. Einen schwereren Stand hatte Pompeius in der Ebropro-
vinz; Pallantia (Palencia oberhalb Valladolid), das er belagerte,
ward von Sertorius entsetzt; ebenso ward er vor Calagurris (Ca-
lahorra am oberen Ebro) von Sertorius geschlagen und genö-
thigt diese Gegenden zu verlassen, obwohl sich Metellus zur Be-
lagerung dieser Stadt mit ihm vereinigt hatte. In ähnlicher Weise
ward, nachdem Metellus in seiner Provinz, Pompeius in Gallien
überwintert hatte, der Feldzug 681 geführt; doch gewann Pom-
peius in diesem Jahr nachhaltigere Erfolge und bestimmte eine
beträchtliche Anzahl Gemeinden von der Insurrection zurück-
zutreten.
Acht Jahre währte also der sertorianische Krieg und noch
war weder hüben noch drüben ein Ende abzusehen. Unbeschreib-
lich litt unter demselben der Staat. Die Blüthe der italischen Ju-
gend ging in den aufreibenden Strapazen des spanischen Krieges
zu Grunde. Die öffentlichen Kassen entbehrten nicht bloſs die spa-
nischen Einnahmen, sondern hatten auch für die Besoldung und
Verpflegung der spanischen Heere jährlich sehr ansehnliche Sum-
men nach Spanien zu senden, die man kaum aufzubringen wuſste.
Daſs Spanien verödete und verarmte, und die so schön daselbst
sich entfaltende römische Civilisation einen schweren Stoſs er-
hielt, versteht sich von selbst, zumal bei einem so erbittert ge-
führten und nur zu oft die Vernichtung ganzer Gemeinden veran-
lassenden Insurrectionskrieg. Selbst die Städte, die zu der in
Rom herrschenden Partei hielten, hatten unsägliche Noth zu
erdulden; die an der Küste gelegenen muſsten durch die römi-
sche Flotte mit dem Nothwendigen versehen werden und die Lage
der treuen binnenländischen Gemeinden war beinahe verzwei-
felt. Fast nicht weniger litt die gallische Landschaft, theils durch
die Requisitionen an Zuzug zu Fuſs und zu Pferde, an Getreide
und Geld, theils durch die drückende Last der Winterquartiere,
die in Folge der Miſsernte 680 sich ins Unerträgliche steigerte;
fast alle Gemeindekassen waren genöthigt zu den römischen Ban-
quiers ihre Zuflucht zu nehmen und eine erdrückende Schulden-
last sich aufzubürden. Feldherren und Soldaten führten den
Krieg mit Widerwillen. Die Feldherren waren getroffen auf einen
an Talent weit überlegenen Gegner, auf einen langweilig zähen
Widerstand, auf einen Krieg sehr ernsthafter Gefahren und schwer
erfochtener wenig glänzender Erfolge; es ward behauptet, daſs
Pompeius damit umgehe sich aus Spanien abberufen und ir-
gend anderswo ein erwünschteres Commando sich übertragen zu
lassen. Die Soldaten waren gleichfalls wenig erbaut von einem
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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/38>, abgerufen am 21.11.2024.
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