Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.FÜNFTES BUCH. KAPITEL I. gewaltig brauste der Unwille der Soldaten auf, als bei der Publi-cation seines Testaments unter den Namen der Erben auch der des Perpenna verlesen ward. Ein Theil der Soldaten, namentlich die lusitanischen, verliefen sich und auch die zurückgebliebenen beschlich die Ahnung, dass mit Sertorius Tode der Geist und das Glück von ihnen gewichen sei. Bei der ersten Begegnung mit Pompeius wurden denn auch die elend geführten und muthlosen Insurgentenhaufen vollständig zersprengt und unter anderen Of- fizieren auch Perpenna gefangen eingebracht. Durch die Auslie- ferung der Correspondenz des Sertorius, die zahlreiche angesehene Männer in Italien compromittirt haben würde, suchte der Elende sich das Leben zu erkaufen; indess Pompeius befahl die Papiere ungelesen zu verbrennen und überantwortete ihn so wie die übri- gen Insurgentenchefs dem Scharfrichter. Die entkommenen Emi- granten verliefen sich und gingen grösstentheils in die maureta- nischen Wüsten oder zu den Piraten. Einem Theil derselben er- öffnete bald darauf das plotische Gesetz, das namentlich der junge Caesar eifrig unterstützte, die Rückkehr in die Heimath; diejeni- gen aber von ihnen, die an dem Morde des Sertorius theilge- nommen hatten, starben mit Ausnahme eines einzigen sämmtlich eines gewaltsamen Todes. Osca und überhaupt die meisten Städte, die im diesseitigen Spanien noch zu Sertorius gehalten hatten, öffneten dem Pompeius jetzt freiwillig ihre Thore; nur Uxama (Osma), Clunia und Calagurris mussten mit den Waffen be- zwungen werden. Die beiden Provinzen wurden neu geordnet; in der jenseitigen erhöhte Metellus den schuldigsten Gemeinden die Jahrestribute; in der diesseitigen schaltete Pompeius lohnend und strafend, wie zum Beispiel Calagurris seine Selbstständigkeit ver- lor und unter Osca gelegt ward. Einen Haufen sertorianischer Soldaten, der in den Pyrenäen sich zusammengefunden hatte, be- wog Pompeius zur Unterwerfung und siedelte ihn nordwärts der Pyrenäen bei Lugudunum (St. Bertrand im Dep. Haute-Garonne) als die Gemeinde der ,Zusammengelaufenen' (convenae) an. Auf der Passhöhe der Pyrenäen wurden die römischen Siegeszeichen errichtet; am Ende des Jahres 683 zogen Metellus und Pompeius mit ihren Heeren durch die Strassen der Hauptstadt, um den Dank der Nation für die Besiegung der Spanier dem Vater Jovis auf dem Capitol darzubringen. Noch über das Grab hinaus schien Sullas Glück mit seiner Schöpfung zu sein und dieselbe besser zu schirmen als die zu ihrer Hut bestellten unfähigen und schlaf- fen Wächter. Die Opposition im Staat hatte durch die Unfähig- FÜNFTES BUCH. KAPITEL I. gewaltig brauste der Unwille der Soldaten auf, als bei der Publi-cation seines Testaments unter den Namen der Erben auch der des Perpenna verlesen ward. Ein Theil der Soldaten, namentlich die lusitanischen, verliefen sich und auch die zurückgebliebenen beschlich die Ahnung, daſs mit Sertorius Tode der Geist und das Glück von ihnen gewichen sei. Bei der ersten Begegnung mit Pompeius wurden denn auch die elend geführten und muthlosen Insurgentenhaufen vollständig zersprengt und unter anderen Of- fizieren auch Perpenna gefangen eingebracht. Durch die Auslie- ferung der Correspondenz des Sertorius, die zahlreiche angesehene Männer in Italien compromittirt haben würde, suchte der Elende sich das Leben zu erkaufen; indeſs Pompeius befahl die Papiere ungelesen zu verbrennen und überantwortete ihn so wie die übri- gen Insurgentenchefs dem Scharfrichter. Die entkommenen Emi- granten verliefen sich und gingen gröſstentheils in die maureta- nischen Wüsten oder zu den Piraten. Einem Theil derselben er- öffnete bald darauf das plotische Gesetz, das namentlich der junge Caesar eifrig unterstützte, die Rückkehr in die Heimath; diejeni- gen aber von ihnen, die an dem Morde des Sertorius theilge- nommen hatten, starben mit Ausnahme eines einzigen sämmtlich eines gewaltsamen Todes. Osca und überhaupt die meisten Städte, die im diesseitigen Spanien noch zu Sertorius gehalten hatten, öffneten dem Pompeius jetzt freiwillig ihre Thore; nur Uxama (Osma), Clunia und Calagurris muſsten mit den Waffen be- zwungen werden. Die beiden Provinzen wurden neu geordnet; in der jenseitigen erhöhte Metellus den schuldigsten Gemeinden die Jahrestribute; in der diesseitigen schaltete Pompeius lohnend und strafend, wie zum Beispiel Calagurris seine Selbstständigkeit ver- lor und unter Osca gelegt ward. Einen Haufen sertorianischer Soldaten, der in den Pyrenäen sich zusammengefunden hatte, be- wog Pompeius zur Unterwerfung und siedelte ihn nordwärts der Pyrenäen bei Lugudunum (St. Bertrand im Dep. Haute-Garonne) als die Gemeinde der ‚Zusammengelaufenen‘ (convenae) an. Auf der Paſshöhe der Pyrenäen wurden die römischen Siegeszeichen errichtet; am Ende des Jahres 683 zogen Metellus und Pompeius mit ihren Heeren durch die Straſsen der Hauptstadt, um den Dank der Nation für die Besiegung der Spanier dem Vater Jovis auf dem Capitol darzubringen. Noch über das Grab hinaus schien Sullas Glück mit seiner Schöpfung zu sein und dieselbe besser zu schirmen als die zu ihrer Hut bestellten unfähigen und schlaf- fen Wächter. Die Opposition im Staat hatte durch die Unfähig- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0042" n="32"/><fw place="top" type="header">FÜNFTES BUCH. 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Die entkommenen Emi-<lb/> granten verliefen sich und gingen gröſstentheils in die maureta-<lb/> nischen Wüsten oder zu den Piraten. Einem Theil derselben er-<lb/> öffnete bald darauf das plotische Gesetz, das namentlich der junge<lb/> Caesar eifrig unterstützte, die Rückkehr in die Heimath; diejeni-<lb/> gen aber von ihnen, die an dem Morde des Sertorius theilge-<lb/> nommen hatten, starben mit Ausnahme eines einzigen sämmtlich<lb/> eines gewaltsamen Todes. Osca und überhaupt die meisten Städte,<lb/> die im diesseitigen Spanien noch zu Sertorius gehalten hatten,<lb/> öffneten dem Pompeius jetzt freiwillig ihre Thore; nur Uxama<lb/> (Osma), Clunia und Calagurris muſsten mit den Waffen be-<lb/> zwungen werden. 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FÜNFTES BUCH. KAPITEL I.
gewaltig brauste der Unwille der Soldaten auf, als bei der Publi-
cation seines Testaments unter den Namen der Erben auch der
des Perpenna verlesen ward. Ein Theil der Soldaten, namentlich
die lusitanischen, verliefen sich und auch die zurückgebliebenen
beschlich die Ahnung, daſs mit Sertorius Tode der Geist und das
Glück von ihnen gewichen sei. Bei der ersten Begegnung mit
Pompeius wurden denn auch die elend geführten und muthlosen
Insurgentenhaufen vollständig zersprengt und unter anderen Of-
fizieren auch Perpenna gefangen eingebracht. Durch die Auslie-
ferung der Correspondenz des Sertorius, die zahlreiche angesehene
Männer in Italien compromittirt haben würde, suchte der Elende
sich das Leben zu erkaufen; indeſs Pompeius befahl die Papiere
ungelesen zu verbrennen und überantwortete ihn so wie die übri-
gen Insurgentenchefs dem Scharfrichter. Die entkommenen Emi-
granten verliefen sich und gingen gröſstentheils in die maureta-
nischen Wüsten oder zu den Piraten. Einem Theil derselben er-
öffnete bald darauf das plotische Gesetz, das namentlich der junge
Caesar eifrig unterstützte, die Rückkehr in die Heimath; diejeni-
gen aber von ihnen, die an dem Morde des Sertorius theilge-
nommen hatten, starben mit Ausnahme eines einzigen sämmtlich
eines gewaltsamen Todes. Osca und überhaupt die meisten Städte,
die im diesseitigen Spanien noch zu Sertorius gehalten hatten,
öffneten dem Pompeius jetzt freiwillig ihre Thore; nur Uxama
(Osma), Clunia und Calagurris muſsten mit den Waffen be-
zwungen werden. Die beiden Provinzen wurden neu geordnet; in
der jenseitigen erhöhte Metellus den schuldigsten Gemeinden die
Jahrestribute; in der diesseitigen schaltete Pompeius lohnend und
strafend, wie zum Beispiel Calagurris seine Selbstständigkeit ver-
lor und unter Osca gelegt ward. Einen Haufen sertorianischer
Soldaten, der in den Pyrenäen sich zusammengefunden hatte, be-
wog Pompeius zur Unterwerfung und siedelte ihn nordwärts der
Pyrenäen bei Lugudunum (St. Bertrand im Dep. Haute-Garonne)
als die Gemeinde der ‚Zusammengelaufenen‘ (convenae) an. Auf
der Paſshöhe der Pyrenäen wurden die römischen Siegeszeichen
errichtet; am Ende des Jahres 683 zogen Metellus und Pompeius
mit ihren Heeren durch die Straſsen der Hauptstadt, um den
Dank der Nation für die Besiegung der Spanier dem Vater Jovis
auf dem Capitol darzubringen. Noch über das Grab hinaus schien
Sullas Glück mit seiner Schöpfung zu sein und dieselbe besser
zu schirmen als die zu ihrer Hut bestellten unfähigen und schlaf-
fen Wächter. Die Opposition im Staat hatte durch die Unfähig-
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