Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.FÜNFTES BUCH. KAPITEL X. südlich Thapsus (am Vorgebirge Ras ed Dimas) mit starken Be-satzungen und bot zu wiederholten Malen dem Feinde die Schlacht an. Erst als die Veteranenlegionen nach und nach von Sicilien eintrafen, nahm Caesar allmählich wieder die Offensive gegen die Armee Scipios auf, welche inzwischen ihrerseits durch das Ein- treffen des Königs Juba mit all seinen nicht durch die Grenzver- theidigung in Anspruch genommenen Truppen einen ansehn- lichen Zuwachs erhalten hatte. Indess als die Veteranenlegionen auf den Kampfplatz traten, verloren Scipio und Juba die Lust eine Feldschlacht zu wagen und Caesar hatte kein Mittel sie bei ihrer ausserordentlichen Ueberlegenheit an leichter Reiterei zu einer solchen zu zwingen. Ueber Märsche und Scharmützel in der Umgegend von Ruspina und Thapsus, die hauptsächlich um die Auffindung der landüblichen Kellerverstecke (Silos) und um Ausbreitung der Posten sich bewegten, verflossen fast zwei Mo- nate. Caesar, durch die feindlichen Reiter genöthigt sich mög- lichst auf den Anhöhen zu halten oder auch seine Flanken durch verschanzte Linien zu decken, gewöhnte doch während dieser mühseligen und ziellosen Kriegführung allmählich seine Soldaten an die fremdartige Fechtweise. Freund und Feind erkannten in dem vorsichtigen Fechtmeister, der seine Leute sorgfältig und nicht selten persönlich einschulte, den raschen Feldherrn nicht wieder und wurden fast irre an dieser im Zögern wie im Zu- greifen sich gleichbleibenden Meisterschaft. Endlich wandte Cae- sar, nachdem er seine letzten Verstärkungen an sich gezogen hatte, sich seitwärts gegen Thapsus. Scipio hatte diese Stadt, wie gesagt, stark besetzt und damit den Fehler begangen seinem Gegner ein leicht zu fassendes Angriffsobject darzubieten; er fügte zu dem ersten bald den zweiten noch minder verzeihlichen hinzu die von Caesar gewünschte und mit Recht bisher verweigerte Feldschlacht auf einem Terrain, das die Entscheidung in die Hände der Linieninfanterie gab, jetzt zur Rettung von Thapsus freiwillig zu liefern. Unmittelbar am Strande, Caesars Lager ge- genüber, stellten Scipios und Jubas Legionen sich auf, die vor- deren Reihen kampfbereit, die hinteren beschäftigt ein verschanz- tes Lager zu schlagen; zugleich bereitete die Besatzung von Thapsus einen Ausfall vor. Den letzteren zurückzuweisen genüg- ten Caesars Lagerwachen. Seine kriegsgewohnten Legionen wür- digten schon nach der unsicheren Aufstellung und den schlecht geschlossenen Gliedern richtig den Feind: während drüben noch geschanzt ward, und ehe noch der Feldherr das Zeichen gab, zwangen sie einen Trompeter zum Angriff zu blasen und gingen FÜNFTES BUCH. KAPITEL X. südlich Thapsus (am Vorgebirge Râs ed Dimâs) mit starken Be-satzungen und bot zu wiederholten Malen dem Feinde die Schlacht an. Erst als die Veteranenlegionen nach und nach von Sicilien eintrafen, nahm Caesar allmählich wieder die Offensive gegen die Armee Scipios auf, welche inzwischen ihrerseits durch das Ein- treffen des Königs Juba mit all seinen nicht durch die Grenzver- theidigung in Anspruch genommenen Truppen einen ansehn- lichen Zuwachs erhalten hatte. Indeſs als die Veteranenlegionen auf den Kampfplatz traten, verloren Scipio und Juba die Lust eine Feldschlacht zu wagen und Caesar hatte kein Mittel sie bei ihrer auſserordentlichen Ueberlegenheit an leichter Reiterei zu einer solchen zu zwingen. Ueber Märsche und Scharmützel in der Umgegend von Ruspina und Thapsus, die hauptsächlich um die Auffindung der landüblichen Kellerverstecke (Silos) und um Ausbreitung der Posten sich bewegten, verflossen fast zwei Mo- nate. Caesar, durch die feindlichen Reiter genöthigt sich mög- lichst auf den Anhöhen zu halten oder auch seine Flanken durch verschanzte Linien zu decken, gewöhnte doch während dieser mühseligen und ziellosen Kriegführung allmählich seine Soldaten an die fremdartige Fechtweise. Freund und Feind erkannten in dem vorsichtigen Fechtmeister, der seine Leute sorgfältig und nicht selten persönlich einschulte, den raschen Feldherrn nicht wieder und wurden fast irre an dieser im Zögern wie im Zu- greifen sich gleichbleibenden Meisterschaft. Endlich wandte Cae- sar, nachdem er seine letzten Verstärkungen an sich gezogen hatte, sich seitwärts gegen Thapsus. Scipio hatte diese Stadt, wie gesagt, stark besetzt und damit den Fehler begangen seinem Gegner ein leicht zu fassendes Angriffsobject darzubieten; er fügte zu dem ersten bald den zweiten noch minder verzeihlichen hinzu die von Caesar gewünschte und mit Recht bisher verweigerte Feldschlacht auf einem Terrain, das die Entscheidung in die Hände der Linieninfanterie gab, jetzt zur Rettung von Thapsus freiwillig zu liefern. Unmittelbar am Strande, Caesars Lager ge- genüber, stellten Scipios und Jubas Legionen sich auf, die vor- deren Reihen kampfbereit, die hinteren beschäftigt ein verschanz- tes Lager zu schlagen; zugleich bereitete die Besatzung von Thapsus einen Ausfall vor. Den letzteren zurückzuweisen genüg- ten Caesars Lagerwachen. Seine kriegsgewohnten Legionen wür- digten schon nach der unsicheren Aufstellung und den schlecht geschlossenen Gliedern richtig den Feind: während drüben noch geschanzt ward, und ehe noch der Feldherr das Zeichen gab, zwangen sie einen Trompeter zum Angriff zu blasen und gingen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0432" n="422"/><fw place="top" type="header">FÜNFTES BUCH. KAPITEL X.</fw><lb/> südlich Thapsus (am Vorgebirge Râs ed Dimâs) mit starken Be-<lb/> satzungen und bot zu wiederholten Malen dem Feinde die Schlacht<lb/> an. Erst als die Veteranenlegionen nach und nach von Sicilien<lb/> eintrafen, nahm Caesar allmählich wieder die Offensive gegen die<lb/> Armee Scipios auf, welche inzwischen ihrerseits durch das Ein-<lb/> treffen des Königs Juba mit all seinen nicht durch die Grenzver-<lb/> theidigung in Anspruch genommenen Truppen einen ansehn-<lb/> lichen Zuwachs erhalten hatte. Indeſs als die Veteranenlegionen<lb/> auf den Kampfplatz traten, verloren Scipio und Juba die Lust<lb/> eine Feldschlacht zu wagen und Caesar hatte kein Mittel sie bei<lb/> ihrer auſserordentlichen Ueberlegenheit an leichter Reiterei zu<lb/> einer solchen zu zwingen. Ueber Märsche und Scharmützel in<lb/> der Umgegend von Ruspina und Thapsus, die hauptsächlich um<lb/> die Auffindung der landüblichen Kellerverstecke (Silos) und um<lb/> Ausbreitung der Posten sich bewegten, verflossen fast zwei Mo-<lb/> nate. Caesar, durch die feindlichen Reiter genöthigt sich mög-<lb/> lichst auf den Anhöhen zu halten oder auch seine Flanken durch<lb/> verschanzte Linien zu decken, gewöhnte doch während dieser<lb/> mühseligen und ziellosen Kriegführung allmählich seine Soldaten<lb/> an die fremdartige Fechtweise. Freund und Feind erkannten in<lb/> dem vorsichtigen Fechtmeister, der seine Leute sorgfältig und<lb/> nicht selten persönlich einschulte, den raschen Feldherrn nicht<lb/> wieder und wurden fast irre an dieser im Zögern wie im Zu-<lb/> greifen sich gleichbleibenden Meisterschaft. Endlich wandte Cae-<lb/> sar, nachdem er seine letzten Verstärkungen an sich gezogen<lb/> hatte, sich seitwärts gegen Thapsus. 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FÜNFTES BUCH. KAPITEL X.
südlich Thapsus (am Vorgebirge Râs ed Dimâs) mit starken Be-
satzungen und bot zu wiederholten Malen dem Feinde die Schlacht
an. Erst als die Veteranenlegionen nach und nach von Sicilien
eintrafen, nahm Caesar allmählich wieder die Offensive gegen die
Armee Scipios auf, welche inzwischen ihrerseits durch das Ein-
treffen des Königs Juba mit all seinen nicht durch die Grenzver-
theidigung in Anspruch genommenen Truppen einen ansehn-
lichen Zuwachs erhalten hatte. Indeſs als die Veteranenlegionen
auf den Kampfplatz traten, verloren Scipio und Juba die Lust
eine Feldschlacht zu wagen und Caesar hatte kein Mittel sie bei
ihrer auſserordentlichen Ueberlegenheit an leichter Reiterei zu
einer solchen zu zwingen. Ueber Märsche und Scharmützel in
der Umgegend von Ruspina und Thapsus, die hauptsächlich um
die Auffindung der landüblichen Kellerverstecke (Silos) und um
Ausbreitung der Posten sich bewegten, verflossen fast zwei Mo-
nate. Caesar, durch die feindlichen Reiter genöthigt sich mög-
lichst auf den Anhöhen zu halten oder auch seine Flanken durch
verschanzte Linien zu decken, gewöhnte doch während dieser
mühseligen und ziellosen Kriegführung allmählich seine Soldaten
an die fremdartige Fechtweise. Freund und Feind erkannten in
dem vorsichtigen Fechtmeister, der seine Leute sorgfältig und
nicht selten persönlich einschulte, den raschen Feldherrn nicht
wieder und wurden fast irre an dieser im Zögern wie im Zu-
greifen sich gleichbleibenden Meisterschaft. Endlich wandte Cae-
sar, nachdem er seine letzten Verstärkungen an sich gezogen
hatte, sich seitwärts gegen Thapsus. Scipio hatte diese Stadt,
wie gesagt, stark besetzt und damit den Fehler begangen seinem
Gegner ein leicht zu fassendes Angriffsobject darzubieten; er fügte
zu dem ersten bald den zweiten noch minder verzeihlichen hinzu
die von Caesar gewünschte und mit Recht bisher verweigerte
Feldschlacht auf einem Terrain, das die Entscheidung in die
Hände der Linieninfanterie gab, jetzt zur Rettung von Thapsus
freiwillig zu liefern. Unmittelbar am Strande, Caesars Lager ge-
genüber, stellten Scipios und Jubas Legionen sich auf, die vor-
deren Reihen kampfbereit, die hinteren beschäftigt ein verschanz-
tes Lager zu schlagen; zugleich bereitete die Besatzung von
Thapsus einen Ausfall vor. Den letzteren zurückzuweisen genüg-
ten Caesars Lagerwachen. Seine kriegsgewohnten Legionen wür-
digten schon nach der unsicheren Aufstellung und den schlecht
geschlossenen Gliedern richtig den Feind: während drüben noch
geschanzt ward, und ehe noch der Feldherr das Zeichen gab,
zwangen sie einen Trompeter zum Angriff zu blasen und gingen
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