Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI. gen Gemeinden, ja ganzen Landschaften ward, sei es mittelbardurch Verleihung des römischen oder latinischen Bürgerrechts, sei es unmittelbar durch Privilegium die Steuerfreiheit bewilligt; so erhielten sie z. B. alle sicilischen Gemeinden* auf jenem, die Stadt llion auf diesem Wege. Noch grösser war die Zahl derjenigen, deren Steuerquantum herabgesetzt ward; wie denn den Gemein- den im jenseitigen Spanien schon nach Caesars Statthalterschaft auf dessen Betrieb eine Steuerherabsetzung vom Senat bewilligt worden war und jetzt der am meisten gedrückten Provinz Asia, ausser der Erleichterung hinsichtlich der Erhebung der directen Steuern, der dritte Theil derselben ganz erlassen ward. Die neu hinzukommenden Abgaben, wie die der in Illyrien unterworfenen Gemeinden und vor allem der gallischen, die zusammen 40 Mill. Sest. (2,860000 Thlr.) jährlich entrichteten, waren durchgängig niedrig gegriffen. Freilich ward dagegen auch einzelnen Städten, wie Kleinleptis in Africa, Sulci auf Sardinien und mehreren spa- nischen Gemeinden, zur Strafe ihres Verhaltens während des letz- ten Krieges die Steuer erhöht. Die sehr einträglichen in den letzten Zeiten der Anarchie abgeschafften italischen Hafenzölle (S. 188) wurden um so mehr wieder hergestellt, als diese Abgabe wesent- lich die aus dem Osten eingehenden Luxuswaaren traf. Zu die- sen neu oder wieder eröffneten ordentlichen Einnahmequellen ka- men die Summen hinzu, die ausserordentlicher Weise, namentlich in Folge des Bürgerkrieges, an den Sieger gelangten: die in Gallien gesammelten Schätze; der hauptstädtische Kassenbestand; die aus den italischen und spanischen Tempeln entnommenen Schätze; die in Formen der Zwangsanleihe, des Zwangsgeschenkes oder der Busse von den abhängigen Gemeinden und Dynasten erho- benen Summen und die in ähnlicher Weise durch Rechtsspruch oder auch bloss durch Zusendung des Zahlungsbefehls einzelnen reichen Römern auferlegten Strafgelder; vor allen Dingen aber der Erlös aus dem Vermögen der geschlagenen Gegner. Allein die Busse der africanischen Grosshändler, die in dem Gegensenat gesessen, belief sich auf 100 Mill. Sest. (7 Mill. Thlr.) und der von den Käufern des Vermögens des Pompeius gezahlte Preis auf 70 Mill. Sest. (5 Mill. Thlr.); man mag daraus schliessen, wie ergiebig diese Einnahmequellen waren. Die Gehässigkeit der * Es folgt dies schon daraus, dass Sicilien die Latinität erhielt; aber
auch direct bezeugt Varro den Wegfall der sicilischen Zehnten in einer nach Caesars Tode publicirten Schrift (de r. r. 2 praef.), indem er als die Kornprovinzen, aus denen Rom seine Subsistenz entnimmt, nur Africa und Sardinien, nicht mehr Sicilien nennt. FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI. gen Gemeinden, ja ganzen Landschaften ward, sei es mittelbardurch Verleihung des römischen oder latinischen Bürgerrechts, sei es unmittelbar durch Privilegium die Steuerfreiheit bewilligt; so erhielten sie z. B. alle sicilischen Gemeinden* auf jenem, die Stadt llion auf diesem Wege. Noch gröſser war die Zahl derjenigen, deren Steuerquantum herabgesetzt ward; wie denn den Gemein- den im jenseitigen Spanien schon nach Caesars Statthalterschaft auf dessen Betrieb eine Steuerherabsetzung vom Senat bewilligt worden war und jetzt der am meisten gedrückten Provinz Asia, auſser der Erleichterung hinsichtlich der Erhebung der directen Steuern, der dritte Theil derselben ganz erlassen ward. Die neu hinzukommenden Abgaben, wie die der in Illyrien unterworfenen Gemeinden und vor allem der gallischen, die zusammen 40 Mill. Sest. (2,860000 Thlr.) jährlich entrichteten, waren durchgängig niedrig gegriffen. Freilich ward dagegen auch einzelnen Städten, wie Kleinleptis in Africa, Sulci auf Sardinien und mehreren spa- nischen Gemeinden, zur Strafe ihres Verhaltens während des letz- ten Krieges die Steuer erhöht. Die sehr einträglichen in den letzten Zeiten der Anarchie abgeschafften italischen Hafenzölle (S. 188) wurden um so mehr wieder hergestellt, als diese Abgabe wesent- lich die aus dem Osten eingehenden Luxuswaaren traf. Zu die- sen neu oder wieder eröffneten ordentlichen Einnahmequellen ka- men die Summen hinzu, die auſserordentlicher Weise, namentlich in Folge des Bürgerkrieges, an den Sieger gelangten: die in Gallien gesammelten Schätze; der hauptstädtische Kassenbestand; die aus den italischen und spanischen Tempeln entnommenen Schätze; die in Formen der Zwangsanleihe, des Zwangsgeschenkes oder der Buſse von den abhängigen Gemeinden und Dynasten erho- benen Summen und die in ähnlicher Weise durch Rechtsspruch oder auch bloſs durch Zusendung des Zahlungsbefehls einzelnen reichen Römern auferlegten Strafgelder; vor allen Dingen aber der Erlös aus dem Vermögen der geschlagenen Gegner. Allein die Buſse der africanischen Groſshändler, die in dem Gegensenat gesessen, belief sich auf 100 Mill. Sest. (7 Mill. Thlr.) und der von den Käufern des Vermögens des Pompeius gezahlte Preis auf 70 Mill. Sest. (5 Mill. Thlr.); man mag daraus schlieſsen, wie ergiebig diese Einnahmequellen waren. Die Gehässigkeit der * Es folgt dies schon daraus, daſs Sicilien die Latinität erhielt; aber
auch direct bezeugt Varro den Wegfall der sicilischen Zehnten in einer nach Caesars Tode publicirten Schrift (de r. r. 2 praef.), indem er als die Kornprovinzen, aus denen Rom seine Subsistenz entnimmt, nur Africa und Sardinien, nicht mehr Sicilien nennt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0480" n="470"/><fw place="top" type="header">FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI.</fw><lb/> gen Gemeinden, ja ganzen Landschaften ward, sei es mittelbar<lb/> durch Verleihung des römischen oder latinischen Bürgerrechts, sei<lb/> es unmittelbar durch Privilegium die Steuerfreiheit bewilligt; so<lb/> erhielten sie z. B. alle sicilischen Gemeinden<note place="foot" n="*">Es folgt dies schon daraus, daſs Sicilien die Latinität erhielt; aber<lb/> auch direct bezeugt Varro den Wegfall der sicilischen Zehnten in einer<lb/> nach Caesars Tode publicirten Schrift <hi rendition="#i">(de r. r.</hi> 2 <hi rendition="#i">praef.)</hi>, indem er als<lb/> die Kornprovinzen, aus denen Rom seine Subsistenz entnimmt, nur Africa<lb/> und Sardinien, nicht mehr Sicilien nennt.</note> auf jenem, die Stadt<lb/> llion auf diesem Wege. Noch gröſser war die Zahl derjenigen,<lb/> deren Steuerquantum herabgesetzt ward; wie denn den Gemein-<lb/> den im jenseitigen Spanien schon nach Caesars Statthalterschaft<lb/> auf dessen Betrieb eine Steuerherabsetzung vom Senat bewilligt<lb/> worden war und jetzt der am meisten gedrückten Provinz Asia,<lb/> auſser der Erleichterung hinsichtlich der Erhebung der directen<lb/> Steuern, der dritte Theil derselben ganz erlassen ward. Die neu<lb/> hinzukommenden Abgaben, wie die der in Illyrien unterworfenen<lb/> Gemeinden und vor allem der gallischen, die zusammen 40 Mill.<lb/> Sest. (2,860000 Thlr.) jährlich entrichteten, waren durchgängig<lb/> niedrig gegriffen. Freilich ward dagegen auch einzelnen Städten,<lb/> wie Kleinleptis in Africa, Sulci auf Sardinien und mehreren spa-<lb/> nischen Gemeinden, zur Strafe ihres Verhaltens während des letz-<lb/> ten Krieges die Steuer erhöht. Die sehr einträglichen in den letzten<lb/> Zeiten der Anarchie abgeschafften italischen Hafenzölle (S. 188)<lb/> wurden um so mehr wieder hergestellt, als diese Abgabe wesent-<lb/> lich die aus dem Osten eingehenden Luxuswaaren traf. Zu die-<lb/> sen neu oder wieder eröffneten ordentlichen Einnahmequellen ka-<lb/> men die Summen hinzu, die auſserordentlicher Weise, namentlich<lb/> in Folge des Bürgerkrieges, an den Sieger gelangten: die in Gallien<lb/> gesammelten Schätze; der hauptstädtische Kassenbestand; die aus<lb/> den italischen und spanischen Tempeln entnommenen Schätze;<lb/> die in Formen der Zwangsanleihe, des Zwangsgeschenkes oder<lb/> der Buſse von den abhängigen Gemeinden und Dynasten erho-<lb/> benen Summen und die in ähnlicher Weise durch Rechtsspruch<lb/> oder auch bloſs durch Zusendung des Zahlungsbefehls einzelnen<lb/> reichen Römern auferlegten Strafgelder; vor allen Dingen aber<lb/> der Erlös aus dem Vermögen der geschlagenen Gegner. Allein<lb/> die Buſse der africanischen Groſshändler, die in dem Gegensenat<lb/> gesessen, belief sich auf 100 Mill. Sest. (7 Mill. Thlr.) und der<lb/> von den Käufern des Vermögens des Pompeius gezahlte Preis auf<lb/> 70 Mill. Sest. (5 Mill. Thlr.); man mag daraus schlieſsen, wie<lb/> ergiebig diese Einnahmequellen waren. Die Gehässigkeit der<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [470/0480]
FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI.
gen Gemeinden, ja ganzen Landschaften ward, sei es mittelbar
durch Verleihung des römischen oder latinischen Bürgerrechts, sei
es unmittelbar durch Privilegium die Steuerfreiheit bewilligt; so
erhielten sie z. B. alle sicilischen Gemeinden * auf jenem, die Stadt
llion auf diesem Wege. Noch gröſser war die Zahl derjenigen,
deren Steuerquantum herabgesetzt ward; wie denn den Gemein-
den im jenseitigen Spanien schon nach Caesars Statthalterschaft
auf dessen Betrieb eine Steuerherabsetzung vom Senat bewilligt
worden war und jetzt der am meisten gedrückten Provinz Asia,
auſser der Erleichterung hinsichtlich der Erhebung der directen
Steuern, der dritte Theil derselben ganz erlassen ward. Die neu
hinzukommenden Abgaben, wie die der in Illyrien unterworfenen
Gemeinden und vor allem der gallischen, die zusammen 40 Mill.
Sest. (2,860000 Thlr.) jährlich entrichteten, waren durchgängig
niedrig gegriffen. Freilich ward dagegen auch einzelnen Städten,
wie Kleinleptis in Africa, Sulci auf Sardinien und mehreren spa-
nischen Gemeinden, zur Strafe ihres Verhaltens während des letz-
ten Krieges die Steuer erhöht. Die sehr einträglichen in den letzten
Zeiten der Anarchie abgeschafften italischen Hafenzölle (S. 188)
wurden um so mehr wieder hergestellt, als diese Abgabe wesent-
lich die aus dem Osten eingehenden Luxuswaaren traf. Zu die-
sen neu oder wieder eröffneten ordentlichen Einnahmequellen ka-
men die Summen hinzu, die auſserordentlicher Weise, namentlich
in Folge des Bürgerkrieges, an den Sieger gelangten: die in Gallien
gesammelten Schätze; der hauptstädtische Kassenbestand; die aus
den italischen und spanischen Tempeln entnommenen Schätze;
die in Formen der Zwangsanleihe, des Zwangsgeschenkes oder
der Buſse von den abhängigen Gemeinden und Dynasten erho-
benen Summen und die in ähnlicher Weise durch Rechtsspruch
oder auch bloſs durch Zusendung des Zahlungsbefehls einzelnen
reichen Römern auferlegten Strafgelder; vor allen Dingen aber
der Erlös aus dem Vermögen der geschlagenen Gegner. Allein
die Buſse der africanischen Groſshändler, die in dem Gegensenat
gesessen, belief sich auf 100 Mill. Sest. (7 Mill. Thlr.) und der
von den Käufern des Vermögens des Pompeius gezahlte Preis auf
70 Mill. Sest. (5 Mill. Thlr.); man mag daraus schlieſsen, wie
ergiebig diese Einnahmequellen waren. Die Gehässigkeit der
* Es folgt dies schon daraus, daſs Sicilien die Latinität erhielt; aber
auch direct bezeugt Varro den Wegfall der sicilischen Zehnten in einer
nach Caesars Tode publicirten Schrift (de r. r. 2 praef.), indem er als
die Kornprovinzen, aus denen Rom seine Subsistenz entnimmt, nur Africa
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