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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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REPUBLIK UND MONARCHIE.
und dem Marsfelde hindurch nach Ostia zu, vielmehr um das va-
ticanische Feld und das Janiculum herum quer durch die pom-
ptinischen Sümpfe in den Hafen von Tarracina zu führen. Durch
diesen Riesenplan wurden auf einen Schlag theils die äusserst be-
schränkte Baugelegenheit in der Hauptstadt in der Art erweitert,
dass das jetzt auf das linke Tiberufer verlegte vaticanische Feld
an die Stelle des Marsfeldes treten konnte und das geräumige
Marsfeld für öffentliche und Privatbauten disponibel ward, theils
die pomptinischen Felder und überhaupt die latinische Küste ent-
sumpft, theils der Hauptstadt der so schmerzlich vermisste sichere
Seehafen gegeben. Es schien in der That der Imperator Berge
und Flüsse versetzen und mit der Natur selber den Wettlauf wa-
gen zu wollen. Indessen so sehr auch durch die neue Ordnung
die Stadt Rom an Bequemlichkeit und Herrlichkeit gewann, ihre
politische Suprematie ging ihr, wie schon gesagt ward, durch
eben dieselbe unwiderbringlich verloren. Dass der römische Staat
mit der Stadt Rom zusammenfalle, war zwar im Laufe der Zeit
immer unnatürlicher und verkehrter geworden; aber der Satz
war doch so innig mit dem Wesen der römischen Republik ver-
wachsen, dass er erst mit dieser selbst zu Grunde gehen konnte.
In dem neuen Staate Caesars ward derselbe, etwa mit Ausnahme
einiger legaler Fictionen, vollständig beseitigt und das hauptstäd-
tische Gemeinwesen rechtlich auf eine Linie mit allen übrigen
Municipalitäten gestellt; wie denn Caesar, hier wie überall bemüht
nicht bloss die Sache zu ordnen, sondern auch sie officiell bei
dem rechten Namen zu nennen, seine italische Gemeindeordnung,
ohne Zweifel absichtlich, zugleich für die Hauptstadt und für die
übrigen Stadtgemeinden erliess. Man kann hinzufügen, dass Rom,
eben weil es als Hauptstadt eines lebendigen Communalwesens
nicht fähig war, hinter den übrigen Municipalitäten der Kaiserzeit
sogar wesentlich zurückstand. Das republikanische Rom war
eine Räuberhöhle, aber zugleich der Staat; das Rom der Monar-
chie, obwohl es mit allen Herrlichkeiten dreier Welttheile sich zu
schmücken und in Gold und Marmor zu schimmern begann, war
doch nichts im Staate als das Königsschloss in Verbindung mit
dem Armenhaus, das heisst ein nothwendiges Uebel.

Wenn es in der Hauptstadt sich nur darum handelte durch
polizeiliche Ordnungen im grössten Massstab handgreifliche Uebel-
stände hinwegzuräumen, so war es dagegen eine bei weitem
schwierigere Aufgabe der tief zerrütteten italischen Volkswirth-
schaft aufzuhelfen. Die Grundübel waren die bereits früher aus-
führlich hervorgehobenen, das Zusammenschwinden der acker-

REPUBLIK UND MONARCHIE.
und dem Marsfelde hindurch nach Ostia zu, vielmehr um das va-
ticanische Feld und das Janiculum herum quer durch die pom-
ptinischen Sümpfe in den Hafen von Tarracina zu führen. Durch
diesen Riesenplan wurden auf einen Schlag theils die äuſserst be-
schränkte Baugelegenheit in der Hauptstadt in der Art erweitert,
daſs das jetzt auf das linke Tiberufer verlegte vaticanische Feld
an die Stelle des Marsfeldes treten konnte und das geräumige
Marsfeld für öffentliche und Privatbauten disponibel ward, theils
die pomptinischen Felder und überhaupt die latinische Küste ent-
sumpft, theils der Hauptstadt der so schmerzlich vermiſste sichere
Seehafen gegeben. Es schien in der That der Imperator Berge
und Flüsse versetzen und mit der Natur selber den Wettlauf wa-
gen zu wollen. Indessen so sehr auch durch die neue Ordnung
die Stadt Rom an Bequemlichkeit und Herrlichkeit gewann, ihre
politische Suprematie ging ihr, wie schon gesagt ward, durch
eben dieselbe unwiderbringlich verloren. Daſs der römische Staat
mit der Stadt Rom zusammenfalle, war zwar im Laufe der Zeit
immer unnatürlicher und verkehrter geworden; aber der Satz
war doch so innig mit dem Wesen der römischen Republik ver-
wachsen, daſs er erst mit dieser selbst zu Grunde gehen konnte.
In dem neuen Staate Caesars ward derselbe, etwa mit Ausnahme
einiger legaler Fictionen, vollständig beseitigt und das hauptstäd-
tische Gemeinwesen rechtlich auf eine Linie mit allen übrigen
Municipalitäten gestellt; wie denn Caesar, hier wie überall bemüht
nicht bloſs die Sache zu ordnen, sondern auch sie officiell bei
dem rechten Namen zu nennen, seine italische Gemeindeordnung,
ohne Zweifel absichtlich, zugleich für die Hauptstadt und für die
übrigen Stadtgemeinden erlieſs. Man kann hinzufügen, daſs Rom,
eben weil es als Hauptstadt eines lebendigen Communalwesens
nicht fähig war, hinter den übrigen Municipalitäten der Kaiserzeit
sogar wesentlich zurückstand. Das republikanische Rom war
eine Räuberhöhle, aber zugleich der Staat; das Rom der Monar-
chie, obwohl es mit allen Herrlichkeiten dreier Welttheile sich zu
schmücken und in Gold und Marmor zu schimmern begann, war
doch nichts im Staate als das Königsschloſs in Verbindung mit
dem Armenhaus, das heiſst ein nothwendiges Uebel.

Wenn es in der Hauptstadt sich nur darum handelte durch
polizeiliche Ordnungen im gröſsten Maſsstab handgreifliche Uebel-
stände hinwegzuräumen, so war es dagegen eine bei weitem
schwierigere Aufgabe der tief zerrütteten italischen Volkswirth-
schaft aufzuhelfen. Die Grundübel waren die bereits früher aus-
führlich hervorgehobenen, das Zusammenschwinden der acker-

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[479/0489] REPUBLIK UND MONARCHIE. und dem Marsfelde hindurch nach Ostia zu, vielmehr um das va- ticanische Feld und das Janiculum herum quer durch die pom- ptinischen Sümpfe in den Hafen von Tarracina zu führen. Durch diesen Riesenplan wurden auf einen Schlag theils die äuſserst be- schränkte Baugelegenheit in der Hauptstadt in der Art erweitert, daſs das jetzt auf das linke Tiberufer verlegte vaticanische Feld an die Stelle des Marsfeldes treten konnte und das geräumige Marsfeld für öffentliche und Privatbauten disponibel ward, theils die pomptinischen Felder und überhaupt die latinische Küste ent- sumpft, theils der Hauptstadt der so schmerzlich vermiſste sichere Seehafen gegeben. Es schien in der That der Imperator Berge und Flüsse versetzen und mit der Natur selber den Wettlauf wa- gen zu wollen. Indessen so sehr auch durch die neue Ordnung die Stadt Rom an Bequemlichkeit und Herrlichkeit gewann, ihre politische Suprematie ging ihr, wie schon gesagt ward, durch eben dieselbe unwiderbringlich verloren. Daſs der römische Staat mit der Stadt Rom zusammenfalle, war zwar im Laufe der Zeit immer unnatürlicher und verkehrter geworden; aber der Satz war doch so innig mit dem Wesen der römischen Republik ver- wachsen, daſs er erst mit dieser selbst zu Grunde gehen konnte. In dem neuen Staate Caesars ward derselbe, etwa mit Ausnahme einiger legaler Fictionen, vollständig beseitigt und das hauptstäd- tische Gemeinwesen rechtlich auf eine Linie mit allen übrigen Municipalitäten gestellt; wie denn Caesar, hier wie überall bemüht nicht bloſs die Sache zu ordnen, sondern auch sie officiell bei dem rechten Namen zu nennen, seine italische Gemeindeordnung, ohne Zweifel absichtlich, zugleich für die Hauptstadt und für die übrigen Stadtgemeinden erlieſs. Man kann hinzufügen, daſs Rom, eben weil es als Hauptstadt eines lebendigen Communalwesens nicht fähig war, hinter den übrigen Municipalitäten der Kaiserzeit sogar wesentlich zurückstand. Das republikanische Rom war eine Räuberhöhle, aber zugleich der Staat; das Rom der Monar- chie, obwohl es mit allen Herrlichkeiten dreier Welttheile sich zu schmücken und in Gold und Marmor zu schimmern begann, war doch nichts im Staate als das Königsschloſs in Verbindung mit dem Armenhaus, das heiſst ein nothwendiges Uebel. Wenn es in der Hauptstadt sich nur darum handelte durch polizeiliche Ordnungen im gröſsten Maſsstab handgreifliche Uebel- stände hinwegzuräumen, so war es dagegen eine bei weitem schwierigere Aufgabe der tief zerrütteten italischen Volkswirth- schaft aufzuhelfen. Die Grundübel waren die bereits früher aus- führlich hervorgehobenen, das Zusammenschwinden der acker-

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/489>, abgerufen am 18.12.2024.