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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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so rasch wieder wie sie eingeäschert worden waren und manche
Trümmerstatt erinnerte noch lange nachher an diese verhängniss-
volle Zeit; allein die beiden neuen julischen Colonien, Karthago
und Cirta, wurden und blieben die Brennpuncte der africanisch-
römischen Civilisation. -- In dem verödeten griechischen Land be-
schäftigte Caesar ausser mit andern Plänen, zum Beispiel der An-
lage einer römischen Colonie in Buthroton (Corfu gegenüber),
vor allem sich mit der Wiederherstellung von Korinth; nicht bloss
wurde eine ansehnliche Bürgercolonie dorthin geführt, sondern
auch der Plan entworfen durch den Durchstich des Isthmus die
gefährliche Umschiffung des Peloponnes abzuschneiden und den
ganzen italisch-asiatischen Verkehr durch den korinthisch-saro-
nischen Meerbusen zu leiten. Endlich rief selbst in dem entlege-
nen hellenischen Osten der Monarch italische Ansiedlungen ins
Leben: so am schwarzen Meer in Herakleia und in Sinope, welche
Städte die italischen Colonisten ähnlich wie Emporiae mit den al-
ten Bewohnern theilten; so an der syrischen Küste in dem wichti-
gen Hafen von Berytos, das wie Sinope italische Verfassung er-
hielt; ja sogar in Aegypten wurde auf der den Hafen von Alexan-
dreia beherrschenden Leuchtthurminsel eine römische Station
gegründet. -- Es ist in all diesen einzelnen Massregeln, die wenig-
stens dem Plan, wenn auch vielleicht nicht alle der Ausführung
nach auf Caesar zurückgehen, offenbar ein bestimmtes System.
Italien blieb das Mutterland auch der verjüngten Nation. Die ihm
vollständig gleichgestellte cisalpinische Provinz verhiess und ver-
bürgte es, dass in der Monarchie Caesars, eben wie in der frische-
ren Epoche der Republik, jede latinisirte Landschaft erwarten
durfte ihren älteren Schwestern ebenbürtig an die Seite zu treten.
Auf der Vorstufe zur vollen nationalen und politischen Ausglei-
chung mit Italien [standen dessen Nebenländer, das griechische
Sicilien und das rasch sich latinisirende südliche Gallien. Auf
einer ferneren Stufe zu dieser Ausgleichung standen die übrigen
Landschaften des Reiches, in denen, wie bisher in Südgallien Narbo
römische Colonie gewesen war, jetzt die grossen Seestädte: Empo-
riae, Gades, Karthago, Korinth, Herakleia im Pontos, Sinope,
Berytos, Alexandreia, italische oder hellenisch-italische Gemein-
den wurden, die Stützpuncte der italischen Civilisation selbst im
griechischen Osten, die Grundpfeiler der künftigen nationalen und
politischen Nivellirung des Reiches. Die Herrschaft der Stadt-
gemeinde Rom über das Littoral des Mittelmeeres war zu Ende;
an ihre Stelle trat der neue Mittelmeerstaat und sein erster Act war
die Sühnung der beiden grössten Unthaten, die jene Stadtgemeinde

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so rasch wieder wie sie eingeäschert worden waren und manche
Trümmerstatt erinnerte noch lange nachher an diese verhängniſs-
volle Zeit; allein die beiden neuen julischen Colonien, Karthago
und Cirta, wurden und blieben die Brennpuncte der africanisch-
römischen Civilisation. — In dem verödeten griechischen Land be-
schäftigte Caesar auſser mit andern Plänen, zum Beispiel der An-
lage einer römischen Colonie in Buthroton (Corfu gegenüber),
vor allem sich mit der Wiederherstellung von Korinth; nicht bloſs
wurde eine ansehnliche Bürgercolonie dorthin geführt, sondern
auch der Plan entworfen durch den Durchstich des Isthmus die
gefährliche Umschiffung des Peloponnes abzuschneiden und den
ganzen italisch-asiatischen Verkehr durch den korinthisch-saro-
nischen Meerbusen zu leiten. Endlich rief selbst in dem entlege-
nen hellenischen Osten der Monarch italische Ansiedlungen ins
Leben: so am schwarzen Meer in Herakleia und in Sinope, welche
Städte die italischen Colonisten ähnlich wie Emporiae mit den al-
ten Bewohnern theilten; so an der syrischen Küste in dem wichti-
gen Hafen von Berytos, das wie Sinope italische Verfassung er-
hielt; ja sogar in Aegypten wurde auf der den Hafen von Alexan-
dreia beherrschenden Leuchtthurminsel eine römische Station
gegründet. — Es ist in all diesen einzelnen Maſsregeln, die wenig-
stens dem Plan, wenn auch vielleicht nicht alle der Ausführung
nach auf Caesar zurückgehen, offenbar ein bestimmtes System.
Italien blieb das Mutterland auch der verjüngten Nation. Die ihm
vollständig gleichgestellte cisalpinische Provinz verhieſs und ver-
bürgte es, daſs in der Monarchie Caesars, eben wie in der frische-
ren Epoche der Republik, jede latinisirte Landschaft erwarten
durfte ihren älteren Schwestern ebenbürtig an die Seite zu treten.
Auf der Vorstufe zur vollen nationalen und politischen Ausglei-
chung mit Italien [standen dessen Nebenländer, das griechische
Sicilien und das rasch sich latinisirende südliche Gallien. Auf
einer ferneren Stufe zu dieser Ausgleichung standen die übrigen
Landschaften des Reiches, in denen, wie bisher in Südgallien Narbo
römische Colonie gewesen war, jetzt die groſsen Seestädte: Empo-
riae, Gades, Karthago, Korinth, Herakleia im Pontos, Sinope,
Berytos, Alexandreia, italische oder hellenisch-italische Gemein-
den wurden, die Stützpuncte der italischen Civilisation selbst im
griechischen Osten, die Grundpfeiler der künftigen nationalen und
politischen Nivellirung des Reiches. Die Herrschaft der Stadt-
gemeinde Rom über das Littoral des Mittelmeeres war zu Ende;
an ihre Stelle trat der neue Mittelmeerstaat und sein erster Act war
die Sühnung der beiden gröſsten Unthaten, die jene Stadtgemeinde

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[512/0522] FÜNFTES BUCH. KAPITEL XI. so rasch wieder wie sie eingeäschert worden waren und manche Trümmerstatt erinnerte noch lange nachher an diese verhängniſs- volle Zeit; allein die beiden neuen julischen Colonien, Karthago und Cirta, wurden und blieben die Brennpuncte der africanisch- römischen Civilisation. — In dem verödeten griechischen Land be- schäftigte Caesar auſser mit andern Plänen, zum Beispiel der An- lage einer römischen Colonie in Buthroton (Corfu gegenüber), vor allem sich mit der Wiederherstellung von Korinth; nicht bloſs wurde eine ansehnliche Bürgercolonie dorthin geführt, sondern auch der Plan entworfen durch den Durchstich des Isthmus die gefährliche Umschiffung des Peloponnes abzuschneiden und den ganzen italisch-asiatischen Verkehr durch den korinthisch-saro- nischen Meerbusen zu leiten. Endlich rief selbst in dem entlege- nen hellenischen Osten der Monarch italische Ansiedlungen ins Leben: so am schwarzen Meer in Herakleia und in Sinope, welche Städte die italischen Colonisten ähnlich wie Emporiae mit den al- ten Bewohnern theilten; so an der syrischen Küste in dem wichti- gen Hafen von Berytos, das wie Sinope italische Verfassung er- hielt; ja sogar in Aegypten wurde auf der den Hafen von Alexan- dreia beherrschenden Leuchtthurminsel eine römische Station gegründet. — Es ist in all diesen einzelnen Maſsregeln, die wenig- stens dem Plan, wenn auch vielleicht nicht alle der Ausführung nach auf Caesar zurückgehen, offenbar ein bestimmtes System. Italien blieb das Mutterland auch der verjüngten Nation. Die ihm vollständig gleichgestellte cisalpinische Provinz verhieſs und ver- bürgte es, daſs in der Monarchie Caesars, eben wie in der frische- ren Epoche der Republik, jede latinisirte Landschaft erwarten durfte ihren älteren Schwestern ebenbürtig an die Seite zu treten. Auf der Vorstufe zur vollen nationalen und politischen Ausglei- chung mit Italien [standen dessen Nebenländer, das griechische Sicilien und das rasch sich latinisirende südliche Gallien. Auf einer ferneren Stufe zu dieser Ausgleichung standen die übrigen Landschaften des Reiches, in denen, wie bisher in Südgallien Narbo römische Colonie gewesen war, jetzt die groſsen Seestädte: Empo- riae, Gades, Karthago, Korinth, Herakleia im Pontos, Sinope, Berytos, Alexandreia, italische oder hellenisch-italische Gemein- den wurden, die Stützpuncte der italischen Civilisation selbst im griechischen Osten, die Grundpfeiler der künftigen nationalen und politischen Nivellirung des Reiches. Die Herrschaft der Stadt- gemeinde Rom über das Littoral des Mittelmeeres war zu Ende; an ihre Stelle trat der neue Mittelmeerstaat und sein erster Act war die Sühnung der beiden gröſsten Unthaten, die jene Stadtgemeinde

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 512. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/522>, abgerufen am 10.06.2024.