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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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LITTERATUR. KUNST.
durch die gesteigerten hellenistischen und utilitarischen Tenden-
zen der Monarchie gefördert wurden, zeigt sich wohl in der stei-
genden Bedeutung derselben im Jugendunterricht (S. 530) und
in einzelnen praktischen Anwendungen, wohin ausser der Reform
des Kalenders etwa noch gezählt werden können das Aufkom-
men der Wandkarten in dieser Zeit, die verbesserte Technik des
Schiffbaus und der musikalischen Instrumente und die Ausfüh-
rung mechanischer Operationen, wie das Zusammenschieben
zweier erst als Theater benutzten halbkreisförmigen Bretter-
gerüste zu einem kreisförmigen Amphitheater oder das Schla-
gen einer Pfahlbrücke über einen Strom von der Breite des
Rheines. Die Schilderungen merkwürdiger Thiere, die Caesar in
seine Feldzugsberichte eingelegt hat, beweist, dass ein Aristote-
les, wenn er aufgetreten wäre, seinen Fürsten wiederum gefunden
haben würde. Was aber von litterarischen Leistungen auf diesem
Gebiet erwähnt wird, hängt wesentlich an den Neupythagoreis-
mus sich an; so des Figulus Zusammenstellung griechischer und
barbarischer, d. h. ägyptischer Himmelsbeobachtungen und des-
selben Schriften von den Thieren, den Winden, den Geschlechts-
theilen. Wenn überhaupt die griechische Naturforschung von
dem aristotelischen Streben im Einzelnen das Gesetz zu finden
mehr und mehr zu der empirischen Beobachtung des Aeusser-
lichen und Auffallenden in der Natur abgeirrt war, so konnte die
Naturwissenschaft, indem sie als mystische Naturphilosophie
auftrat, statt aufzuklären und anzuregen, nur noch mehr ver-
dummen und lähmen; und solchem Treiben gegenüber liess man
es besser noch bei der Plattitüde bewenden, welche Cicero als
sokratische Weisheit debatirt, dass die Naturforschung entweder
nach Dingen sucht, die Niemand wissen könne, oder nach solchen,
die Niemand zu wissen brauche.

Werfen wir schliesslich noch einen Blick auf die Kunst, so
zeigen auch hier sich dieselben unerfreulichen Erscheinungen,
die das ganze geistige Leben dieser Periode erfüllen. Das Staats-
bauwesen stockte in der Geldklemme der letzten Zeit der Re-
publik so gut wie ganz. Von dem Bauluxus der Vornehmen
Roms war bereits die Rede; die Architekten lernten in Folge des-
sen den Marmor verschwenden -- in dieser Zeit kamen die far-
bigen Sorten wie der gelbe numidische (Giallo antico) und andere
in Aufnahme und wurden auch die lunensischen (carrarischen)
Marmorbrüche zuerst benutzt -- und fingen an die Fussböden
der Zimmer mit Mosaik auszulegen, die Wände mit Marmorplat-
ten zu fourniren oder auch den Stuck marmorartig zu bemalen

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durch die gesteigerten hellenistischen und utilitarischen Tenden-
zen der Monarchie gefördert wurden, zeigt sich wohl in der stei-
genden Bedeutung derselben im Jugendunterricht (S. 530) und
in einzelnen praktischen Anwendungen, wohin auſser der Reform
des Kalenders etwa noch gezählt werden können das Aufkom-
men der Wandkarten in dieser Zeit, die verbesserte Technik des
Schiffbaus und der musikalischen Instrumente und die Ausfüh-
rung mechanischer Operationen, wie das Zusammenschieben
zweier erst als Theater benutzten halbkreisförmigen Bretter-
gerüste zu einem kreisförmigen Amphitheater oder das Schla-
gen einer Pfahlbrücke über einen Strom von der Breite des
Rheines. Die Schilderungen merkwürdiger Thiere, die Caesar in
seine Feldzugsberichte eingelegt hat, beweist, daſs ein Aristote-
les, wenn er aufgetreten wäre, seinen Fürsten wiederum gefunden
haben würde. Was aber von litterarischen Leistungen auf diesem
Gebiet erwähnt wird, hängt wesentlich an den Neupythagoreis-
mus sich an; so des Figulus Zusammenstellung griechischer und
barbarischer, d. h. ägyptischer Himmelsbeobachtungen und des-
selben Schriften von den Thieren, den Winden, den Geschlechts-
theilen. Wenn überhaupt die griechische Naturforschung von
dem aristotelischen Streben im Einzelnen das Gesetz zu finden
mehr und mehr zu der empirischen Beobachtung des Aeuſser-
lichen und Auffallenden in der Natur abgeirrt war, so konnte die
Naturwissenschaft, indem sie als mystische Naturphilosophie
auftrat, statt aufzuklären und anzuregen, nur noch mehr ver-
dummen und lähmen; und solchem Treiben gegenüber lieſs man
es besser noch bei der Plattitüde bewenden, welche Cicero als
sokratische Weisheit debatirt, daſs die Naturforschung entweder
nach Dingen sucht, die Niemand wissen könne, oder nach solchen,
die Niemand zu wissen brauche.

Werfen wir schlieſslich noch einen Blick auf die Kunst, so
zeigen auch hier sich dieselben unerfreulichen Erscheinungen,
die das ganze geistige Leben dieser Periode erfüllen. Das Staats-
bauwesen stockte in der Geldklemme der letzten Zeit der Re-
publik so gut wie ganz. Von dem Bauluxus der Vornehmen
Roms war bereits die Rede; die Architekten lernten in Folge des-
sen den Marmor verschwenden — in dieser Zeit kamen die far-
bigen Sorten wie der gelbe numidische (Giallo antico) und andere
in Aufnahme und wurden auch die lunensischen (carrarischen)
Marmorbrüche zuerst benutzt — und fingen an die Fuſsböden
der Zimmer mit Mosaik auszulegen, die Wände mit Marmorplat-
ten zu fourniren oder auch den Stuck marmorartig zu bemalen

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[579/0589] LITTERATUR. KUNST. durch die gesteigerten hellenistischen und utilitarischen Tenden- zen der Monarchie gefördert wurden, zeigt sich wohl in der stei- genden Bedeutung derselben im Jugendunterricht (S. 530) und in einzelnen praktischen Anwendungen, wohin auſser der Reform des Kalenders etwa noch gezählt werden können das Aufkom- men der Wandkarten in dieser Zeit, die verbesserte Technik des Schiffbaus und der musikalischen Instrumente und die Ausfüh- rung mechanischer Operationen, wie das Zusammenschieben zweier erst als Theater benutzten halbkreisförmigen Bretter- gerüste zu einem kreisförmigen Amphitheater oder das Schla- gen einer Pfahlbrücke über einen Strom von der Breite des Rheines. Die Schilderungen merkwürdiger Thiere, die Caesar in seine Feldzugsberichte eingelegt hat, beweist, daſs ein Aristote- les, wenn er aufgetreten wäre, seinen Fürsten wiederum gefunden haben würde. Was aber von litterarischen Leistungen auf diesem Gebiet erwähnt wird, hängt wesentlich an den Neupythagoreis- mus sich an; so des Figulus Zusammenstellung griechischer und barbarischer, d. h. ägyptischer Himmelsbeobachtungen und des- selben Schriften von den Thieren, den Winden, den Geschlechts- theilen. Wenn überhaupt die griechische Naturforschung von dem aristotelischen Streben im Einzelnen das Gesetz zu finden mehr und mehr zu der empirischen Beobachtung des Aeuſser- lichen und Auffallenden in der Natur abgeirrt war, so konnte die Naturwissenschaft, indem sie als mystische Naturphilosophie auftrat, statt aufzuklären und anzuregen, nur noch mehr ver- dummen und lähmen; und solchem Treiben gegenüber lieſs man es besser noch bei der Plattitüde bewenden, welche Cicero als sokratische Weisheit debatirt, daſs die Naturforschung entweder nach Dingen sucht, die Niemand wissen könne, oder nach solchen, die Niemand zu wissen brauche. Werfen wir schlieſslich noch einen Blick auf die Kunst, so zeigen auch hier sich dieselben unerfreulichen Erscheinungen, die das ganze geistige Leben dieser Periode erfüllen. Das Staats- bauwesen stockte in der Geldklemme der letzten Zeit der Re- publik so gut wie ganz. Von dem Bauluxus der Vornehmen Roms war bereits die Rede; die Architekten lernten in Folge des- sen den Marmor verschwenden — in dieser Zeit kamen die far- bigen Sorten wie der gelbe numidische (Giallo antico) und andere in Aufnahme und wurden auch die lunensischen (carrarischen) Marmorbrüche zuerst benutzt — und fingen an die Fuſsböden der Zimmer mit Mosaik auszulegen, die Wände mit Marmorplat- ten zu fourniren oder auch den Stuck marmorartig zu bemalen 37 *

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 579. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/589>, abgerufen am 21.11.2024.