Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.FÜNFTES BUCH. KAPITEL II. durch die Schaaren der vom König herbeigerufenen Corsaren.Sinope und Herakleia liessen sogar Schiffe gegen die Römer aus- laufen und das sinopische Geschwader bemächtigte sich selbst einer römischen Flottille, die von der taurischen Halbinsel für Lucullus Heer Getreide brachte. Herakleia unterlag erst nach zweijähriger Belagerung, nachdem die römische Flotte der Stadt den Verkehr mit den griechischen Städten auf der taurischen Halbinsel abgeschnitten hatte und in den Reihen der Besatzung Verrätherei ausgebrochen war. Als Amisos aufs Aeusserste ge- bracht war, zündete die Besatzung die Stadt an und rettete sich unter dem Schutze der Flammen auf ihre Schiffe. In Sinope, wo der kecke Piratencapitän Seleukos und der königliche Verschnit- tene Bakchides die Vertheidigung leiteten, plünderte die Besatzung die Häuser, bevor sie abzog, und steckte die Schiffe, die sie nicht mitnehmen konnte, in Brand; es sollen hier, obwohl der grösste Theil der Vertheidiger sich hatte einschiffen können, doch noch 8000 Corsaren von Lucullus getödtet worden sein. Zwei volle Jahre nach der Schlacht von Kabeira und darüber (682--684) währten diese Städtebelagerungen, die Lucullus grossentheils durch seine Unterbefehlshaber betrieb, während er selbst die Verhältnisse der Provinz Asia ordnete, die eine gründliche Re- form erheischten und erhielten. Wie geschichtlich merkwürdig auch jener hartnäckige Widerstand der pontischen Kaufstädte gegen die siegreichen Römer ist, so kam doch zunächst wenig dabei heraus; die Sache des Königs Mithradates war darum nicht minder verloren. Der Grosskönig hatte offenbar für jetzt wenig- stens durchaus nicht die Absicht ihn in sein Reich zurückzufüh- ren. Die römische Emigration in Asien hatte durch die Vernich- tung der aegaeischen Flotte ihre Besten eingebüsst; von den Uebriggebliebenen hatten nicht wenige, wie zum Beispiel die thä- thigen Führer Lucius Magius und Lucius Fannius, ihren Frieden mit Lucullus gemacht und mit dem Tode des Sertorius, der in dem Jahre der Schlacht von Kabeira umkam, schwand die letzte Hoffnung der Emigration. Die eigene Macht Mithradats war voll- ständig zerschmettert und eine nach der andern brachen ihre letz- ten Stützen zusammen: auch seine von Kreta und Spanien heim- kehrenden Geschwader, siebzig Segel stark, wurden von Triarius bei der Insel Tenedos angegriffen und vernichtet; auch der Statt- halter des bosporanischen Reiches, des Königs eigener Sohn Ma- chares fiel von ihm ab und schloss als selbstständiger Fürst des tau- rischen Chersones auf eigene Hand mit den Römern Frieden und Freundschaft (684). Der König selbst sass nach nicht allzu rühm- FÜNFTES BUCH. KAPITEL II. durch die Schaaren der vom König herbeigerufenen Corsaren.Sinope und Herakleia lieſsen sogar Schiffe gegen die Römer aus- laufen und das sinopische Geschwader bemächtigte sich selbst einer römischen Flottille, die von der taurischen Halbinsel für Lucullus Heer Getreide brachte. Herakleia unterlag erst nach zweijähriger Belagerung, nachdem die römische Flotte der Stadt den Verkehr mit den griechischen Städten auf der taurischen Halbinsel abgeschnitten hatte und in den Reihen der Besatzung Verrätherei ausgebrochen war. Als Amisos aufs Aeuſserste ge- bracht war, zündete die Besatzung die Stadt an und rettete sich unter dem Schutze der Flammen auf ihre Schiffe. In Sinope, wo der kecke Piratencapitän Seleukos und der königliche Verschnit- tene Bakchides die Vertheidigung leiteten, plünderte die Besatzung die Häuser, bevor sie abzog, und steckte die Schiffe, die sie nicht mitnehmen konnte, in Brand; es sollen hier, obwohl der gröſste Theil der Vertheidiger sich hatte einschiffen können, doch noch 8000 Corsaren von Lucullus getödtet worden sein. Zwei volle Jahre nach der Schlacht von Kabeira und darüber (682—684) währten diese Städtebelagerungen, die Lucullus groſsentheils durch seine Unterbefehlshaber betrieb, während er selbst die Verhältnisse der Provinz Asia ordnete, die eine gründliche Re- form erheischten und erhielten. Wie geschichtlich merkwürdig auch jener hartnäckige Widerstand der pontischen Kaufstädte gegen die siegreichen Römer ist, so kam doch zunächst wenig dabei heraus; die Sache des Königs Mithradates war darum nicht minder verloren. Der Groſskönig hatte offenbar für jetzt wenig- stens durchaus nicht die Absicht ihn in sein Reich zurückzufüh- ren. Die römische Emigration in Asien hatte durch die Vernich- tung der aegaeischen Flotte ihre Besten eingebüſst; von den Uebriggebliebenen hatten nicht wenige, wie zum Beispiel die thä- thigen Führer Lucius Magius und Lucius Fannius, ihren Frieden mit Lucullus gemacht und mit dem Tode des Sertorius, der in dem Jahre der Schlacht von Kabeira umkam, schwand die letzte Hoffnung der Emigration. Die eigene Macht Mithradats war voll- ständig zerschmettert und eine nach der andern brachen ihre letz- ten Stützen zusammen: auch seine von Kreta und Spanien heim- kehrenden Geschwader, siebzig Segel stark, wurden von Triarius bei der Insel Tenedos angegriffen und vernichtet; auch der Statt- halter des bosporanischen Reiches, des Königs eigener Sohn Ma- chares fiel von ihm ab und schloſs als selbstständiger Fürst des tau- rischen Chersones auf eigene Hand mit den Römern Frieden und Freundschaft (684). Der König selbst saſs nach nicht allzu rühm- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0066" n="56"/><fw place="top" type="header">FÜNFTES BUCH. KAPITEL II.</fw><lb/> durch die Schaaren der vom König herbeigerufenen Corsaren.<lb/> Sinope und Herakleia lieſsen sogar Schiffe gegen die Römer aus-<lb/> laufen und das sinopische Geschwader bemächtigte sich selbst<lb/> einer römischen Flottille, die von der taurischen Halbinsel für<lb/> Lucullus Heer Getreide brachte. Herakleia unterlag erst nach<lb/> zweijähriger Belagerung, nachdem die römische Flotte der Stadt<lb/> den Verkehr mit den griechischen Städten auf der taurischen<lb/> Halbinsel abgeschnitten hatte und in den Reihen der Besatzung<lb/> Verrätherei ausgebrochen war. Als Amisos aufs Aeuſserste ge-<lb/> bracht war, zündete die Besatzung die Stadt an und rettete sich<lb/> unter dem Schutze der Flammen auf ihre Schiffe. 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Der Groſskönig hatte offenbar für jetzt wenig-<lb/> stens durchaus nicht die Absicht ihn in sein Reich zurückzufüh-<lb/> ren. Die römische Emigration in Asien hatte durch die Vernich-<lb/> tung der aegaeischen Flotte ihre Besten eingebüſst; von den<lb/> Uebriggebliebenen hatten nicht wenige, wie zum Beispiel die thä-<lb/> thigen Führer Lucius Magius und Lucius Fannius, ihren Frieden<lb/> mit Lucullus gemacht und mit dem Tode des Sertorius, der in<lb/> dem Jahre der Schlacht von Kabeira umkam, schwand die letzte<lb/> Hoffnung der Emigration. 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FÜNFTES BUCH. KAPITEL II.
durch die Schaaren der vom König herbeigerufenen Corsaren.
Sinope und Herakleia lieſsen sogar Schiffe gegen die Römer aus-
laufen und das sinopische Geschwader bemächtigte sich selbst
einer römischen Flottille, die von der taurischen Halbinsel für
Lucullus Heer Getreide brachte. Herakleia unterlag erst nach
zweijähriger Belagerung, nachdem die römische Flotte der Stadt
den Verkehr mit den griechischen Städten auf der taurischen
Halbinsel abgeschnitten hatte und in den Reihen der Besatzung
Verrätherei ausgebrochen war. Als Amisos aufs Aeuſserste ge-
bracht war, zündete die Besatzung die Stadt an und rettete sich
unter dem Schutze der Flammen auf ihre Schiffe. In Sinope, wo
der kecke Piratencapitän Seleukos und der königliche Verschnit-
tene Bakchides die Vertheidigung leiteten, plünderte die Besatzung
die Häuser, bevor sie abzog, und steckte die Schiffe, die sie nicht
mitnehmen konnte, in Brand; es sollen hier, obwohl der gröſste
Theil der Vertheidiger sich hatte einschiffen können, doch noch
8000 Corsaren von Lucullus getödtet worden sein. Zwei volle
Jahre nach der Schlacht von Kabeira und darüber (682—684)
währten diese Städtebelagerungen, die Lucullus groſsentheils
durch seine Unterbefehlshaber betrieb, während er selbst die
Verhältnisse der Provinz Asia ordnete, die eine gründliche Re-
form erheischten und erhielten. Wie geschichtlich merkwürdig
auch jener hartnäckige Widerstand der pontischen Kaufstädte
gegen die siegreichen Römer ist, so kam doch zunächst wenig
dabei heraus; die Sache des Königs Mithradates war darum nicht
minder verloren. Der Groſskönig hatte offenbar für jetzt wenig-
stens durchaus nicht die Absicht ihn in sein Reich zurückzufüh-
ren. Die römische Emigration in Asien hatte durch die Vernich-
tung der aegaeischen Flotte ihre Besten eingebüſst; von den
Uebriggebliebenen hatten nicht wenige, wie zum Beispiel die thä-
thigen Führer Lucius Magius und Lucius Fannius, ihren Frieden
mit Lucullus gemacht und mit dem Tode des Sertorius, der in
dem Jahre der Schlacht von Kabeira umkam, schwand die letzte
Hoffnung der Emigration. Die eigene Macht Mithradats war voll-
ständig zerschmettert und eine nach der andern brachen ihre letz-
ten Stützen zusammen: auch seine von Kreta und Spanien heim-
kehrenden Geschwader, siebzig Segel stark, wurden von Triarius
bei der Insel Tenedos angegriffen und vernichtet; auch der Statt-
halter des bosporanischen Reiches, des Königs eigener Sohn Ma-
chares fiel von ihm ab und schloſs als selbstständiger Fürst des tau-
rischen Chersones auf eigene Hand mit den Römern Frieden und
Freundschaft (684). Der König selbst saſs nach nicht allzu rühm-
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