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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL II.
absichtigt haben die Alpen zu überschreiten, um sich und den
Seinigen die Wege in ihre keltische oder thrakische Heimath zu
öffnen; wenn der Bericht gegründet ist, so zeigt er, wie wenig
der Sieger seine Erfolge und seine Macht überschätzte. Da die
Mannschaft sich weigerte dem reichen Italien so rasch den
Rücken zu wenden, schlug Spartacus den Weg nach Rom ein
und soll daran gedacht haben die Hauptstadt zu blokiren. Indess
auch diesem zwar verzweifelten, aber doch planmässigen Beginnen
zeigten die Schaaren sich abgeneigt; sie zwangen ihren Führer,
da er Feldherr sein wollte, Räuberhauptmann zu bleiben und ziel-
los weiter in Italien auf Plünderung umherzuziehen. Rom mochte
sich glücklich preisen, dass es also kam; auch so aber war guter
Rath theuer. Es fehlte an geübten Soldaten wie an erprobten
Offizieren; Quintus Metellus und Gnaeus Pompeius waren in
Spanien, Marcus Lucullus in Thrakien, Lucius Lucullus in Klein-
asien beschäftigt und zur Verfügung standen nur rohe Milizen und
höchstens mittelmässige Offiziere. Man bekleidete mit dem ausser-
ordentlichen Oberbefehl in Italien den Prätor Marcus Crassus,
der zwar kein namhafter Feldherr war, aber doch unter Sulla mit
Ehren gefochten und wenigstens Charakter hatte, und stellte ihm
eine wenn nicht durch ihre Qualität, doch durch ihre Zahl im-
ponirende Armee von acht Legionen zur Verfügung. Der neue
Oberfeldherr begann damit die erste Abtheilung, die wieder mit
Wegwerfung ihrer Waffen vor den Räubern davonlief, nach der
ganzen Strenge der Kriegsgesetze zu behandeln und den zehnten
Mann davon hinrichten zu lassen; worauf in der That die Legio-
nen sich wieder etwas mehr zusammennahmen. Spartacus, in
dem nächsten Gefecht besiegt, zog sich zurück und suchte durch
Lucanien nach Rhegion zu gelangen. Eben damals beherrschten
die Piraten nicht bloss die sicilischen Gewässer, sondern selbst den
Hafen von Syrakus (S. 72); mit Hülfe ihrer Böte gedachte Spar-
tacus ein Corps nach Sicilien zu werfen, wo die Sclaven nur auf
einen Anstoss warteten, um zum dritten Mal loszuschlagen. Der
Marsch nach Rhegion gelang; allein die Corsaren, vielleicht ge-
schreckt durch die von dem Prätor Gaius Verres eingerichteten
sicilischen Strandwachen, vielleicht auch von den Römern be-
stochen, nahmen den mit Spartacus bedungenen Lohn, ohne ihm
die Gegenleistung dafür zu gewähren. Crassus inzwischen war
dem Räuberheer bis etwa an die Krathismündung gefolgt und
liess, ähnlich wie Scipio vor Numantia, seine Soldaten, da sie
nicht schlugen wie sie sollten, einen festungsähnlich verschanzten
Wall in der Länge von sieben deutschen Meilen aufführen, der die

FÜNFTES BUCH. KAPITEL II.
absichtigt haben die Alpen zu überschreiten, um sich und den
Seinigen die Wege in ihre keltische oder thrakische Heimath zu
öffnen; wenn der Bericht gegründet ist, so zeigt er, wie wenig
der Sieger seine Erfolge und seine Macht überschätzte. Da die
Mannschaft sich weigerte dem reichen Italien so rasch den
Rücken zu wenden, schlug Spartacus den Weg nach Rom ein
und soll daran gedacht haben die Hauptstadt zu blokiren. Indeſs
auch diesem zwar verzweifelten, aber doch planmäſsigen Beginnen
zeigten die Schaaren sich abgeneigt; sie zwangen ihren Führer,
da er Feldherr sein wollte, Räuberhauptmann zu bleiben und ziel-
los weiter in Italien auf Plünderung umherzuziehen. Rom mochte
sich glücklich preisen, daſs es also kam; auch so aber war guter
Rath theuer. Es fehlte an geübten Soldaten wie an erprobten
Offizieren; Quintus Metellus und Gnaeus Pompeius waren in
Spanien, Marcus Lucullus in Thrakien, Lucius Lucullus in Klein-
asien beschäftigt und zur Verfügung standen nur rohe Milizen und
höchstens mittelmäſsige Offiziere. Man bekleidete mit dem auſser-
ordentlichen Oberbefehl in Italien den Prätor Marcus Crassus,
der zwar kein namhafter Feldherr war, aber doch unter Sulla mit
Ehren gefochten und wenigstens Charakter hatte, und stellte ihm
eine wenn nicht durch ihre Qualität, doch durch ihre Zahl im-
ponirende Armee von acht Legionen zur Verfügung. Der neue
Oberfeldherr begann damit die erste Abtheilung, die wieder mit
Wegwerfung ihrer Waffen vor den Räubern davonlief, nach der
ganzen Strenge der Kriegsgesetze zu behandeln und den zehnten
Mann davon hinrichten zu lassen; worauf in der That die Legio-
nen sich wieder etwas mehr zusammennahmen. Spartacus, in
dem nächsten Gefecht besiegt, zog sich zurück und suchte durch
Lucanien nach Rhegion zu gelangen. Eben damals beherrschten
die Piraten nicht bloſs die sicilischen Gewässer, sondern selbst den
Hafen von Syrakus (S. 72); mit Hülfe ihrer Böte gedachte Spar-
tacus ein Corps nach Sicilien zu werfen, wo die Sclaven nur auf
einen Anstoſs warteten, um zum dritten Mal loszuschlagen. Der
Marsch nach Rhegion gelang; allein die Corsaren, vielleicht ge-
schreckt durch die von dem Prätor Gaius Verres eingerichteten
sicilischen Strandwachen, vielleicht auch von den Römern be-
stochen, nahmen den mit Spartacus bedungenen Lohn, ohne ihm
die Gegenleistung dafür zu gewähren. Crassus inzwischen war
dem Räuberheer bis etwa an die Krathismündung gefolgt und
lieſs, ähnlich wie Scipio vor Numantia, seine Soldaten, da sie
nicht schlugen wie sie sollten, einen festungsähnlich verschanzten
Wall in der Länge von sieben deutschen Meilen aufführen, der die

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[78/0088] FÜNFTES BUCH. KAPITEL II. absichtigt haben die Alpen zu überschreiten, um sich und den Seinigen die Wege in ihre keltische oder thrakische Heimath zu öffnen; wenn der Bericht gegründet ist, so zeigt er, wie wenig der Sieger seine Erfolge und seine Macht überschätzte. Da die Mannschaft sich weigerte dem reichen Italien so rasch den Rücken zu wenden, schlug Spartacus den Weg nach Rom ein und soll daran gedacht haben die Hauptstadt zu blokiren. Indeſs auch diesem zwar verzweifelten, aber doch planmäſsigen Beginnen zeigten die Schaaren sich abgeneigt; sie zwangen ihren Führer, da er Feldherr sein wollte, Räuberhauptmann zu bleiben und ziel- los weiter in Italien auf Plünderung umherzuziehen. Rom mochte sich glücklich preisen, daſs es also kam; auch so aber war guter Rath theuer. Es fehlte an geübten Soldaten wie an erprobten Offizieren; Quintus Metellus und Gnaeus Pompeius waren in Spanien, Marcus Lucullus in Thrakien, Lucius Lucullus in Klein- asien beschäftigt und zur Verfügung standen nur rohe Milizen und höchstens mittelmäſsige Offiziere. Man bekleidete mit dem auſser- ordentlichen Oberbefehl in Italien den Prätor Marcus Crassus, der zwar kein namhafter Feldherr war, aber doch unter Sulla mit Ehren gefochten und wenigstens Charakter hatte, und stellte ihm eine wenn nicht durch ihre Qualität, doch durch ihre Zahl im- ponirende Armee von acht Legionen zur Verfügung. Der neue Oberfeldherr begann damit die erste Abtheilung, die wieder mit Wegwerfung ihrer Waffen vor den Räubern davonlief, nach der ganzen Strenge der Kriegsgesetze zu behandeln und den zehnten Mann davon hinrichten zu lassen; worauf in der That die Legio- nen sich wieder etwas mehr zusammennahmen. Spartacus, in dem nächsten Gefecht besiegt, zog sich zurück und suchte durch Lucanien nach Rhegion zu gelangen. Eben damals beherrschten die Piraten nicht bloſs die sicilischen Gewässer, sondern selbst den Hafen von Syrakus (S. 72); mit Hülfe ihrer Böte gedachte Spar- tacus ein Corps nach Sicilien zu werfen, wo die Sclaven nur auf einen Anstoſs warteten, um zum dritten Mal loszuschlagen. Der Marsch nach Rhegion gelang; allein die Corsaren, vielleicht ge- schreckt durch die von dem Prätor Gaius Verres eingerichteten sicilischen Strandwachen, vielleicht auch von den Römern be- stochen, nahmen den mit Spartacus bedungenen Lohn, ohne ihm die Gegenleistung dafür zu gewähren. Crassus inzwischen war dem Räuberheer bis etwa an die Krathismündung gefolgt und lieſs, ähnlich wie Scipio vor Numantia, seine Soldaten, da sie nicht schlugen wie sie sollten, einen festungsähnlich verschanzten Wall in der Länge von sieben deutschen Meilen aufführen, der die

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/88>, abgerufen am 24.11.2024.