Morgenstern, Lina: Ein offenes Wort über das medizinische Studium der Frauen an Herrn Prof. Dr. W. Waldeyer. Berlin, 1888.der französischen Revolution, als junges Mädchen, aus freier Wahl5.72 Im Mittelalter und zur Zeit der Renaissance wurden die5.78 Alle diese Beispiele beweisen, daß in einer Zeit, die den Frauen5.104 Die Beispiele, die ich anführte, gehören der Vergangenheit5.111 der französischen Revolution, als junges Mädchen, aus freier Wahl5.72 Im Mittelalter und zur Zeit der Renaissance wurden die5.78 Alle diese Beispiele beweisen, daß in einer Zeit, die den Frauen5.104 Die Beispiele, die ich anführte, gehören der Vergangenheit5.111 <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0004" n="5"/> der französischen Revolution, als junges Mädchen, aus freier Wahl<lb n="5.72"/> dem Studium der abstraktesten aller Wissenschaften, der Mathematik,<lb n="5.73"/> gewidmet hatte, hinterließ Arbeiten von so bleibendem Werte, daß<lb n="5.74"/> sie von den ersten Meistern dieses Faches, von einem Lagrange,<lb n="5.75"/> einem Gauß, Poisson, Fourrier u. a. m. als gleichberechtigte Forscherin<lb n="5.76"/> angesehen wurde.<lb n="5.77"/> </p> <p> Im Mittelalter und zur Zeit der Renaissance wurden die<lb n="5.78"/> Frauen Italiens von jener allgemeinen Begeisterung für die Wissenschaften<lb n="5.79"/> und Kaufte ebenso ergriffen, wie die Männer und bei ihren<lb n="5.80"/> Universitätsstudien sind sie nicht unter dem Niveau von jenen <lb n="5.81"/> zurückgeblieben. Im 13. Jahrhundert wurde <hi rendition="#g">Accorsa Accorso</hi>, Tochter<lb n="5.82"/> eines berühmten Rechtsgelehrten, Professor der Philosophie an der<lb n="5.83"/> Universität Bologna. Dr. jur. <hi rendition="#g">Bettisia Gozzadini</hi> wurde 1236 Doctor<lb n="5.84"/> juris, hielt öffentliche Vorlesungen an der Universität, die ebenso <lb n="5.85"/> besucht wie beliebt waren. Sie hinterließ philosophische und <lb n="5.86"/> rechtswissenschaftliche Schriften. — Im 14. Jahrhundert hielt <hi rendition="#g">Novella</hi>,<lb n="5.87"/> Tochter des berühmten Rechtsgelehrten Giovanni <hi rendition="#g">D'Andrea</hi> oft für<lb n="5.88"/> ihren Vater Vorlesungen; sie verbarg sich aber hinter einem Vorhang,<lb n="5.89"/> damit ihre Schönheit die Aufmerksamkeit der Zuhörer nicht<lb n="5.90"/> störe. — Uns zeitlich nähergerückt ist <hi rendition="#g">Laura Laterina Bassi</hi>, die<lb n="5.91"/> 1711 geboren, sich 1732 auf den Wunsch ihrer Lehrer entschloß,<lb n="5.92"/> die öffentliche Disputation zur Erlangung der Doktorwürde <lb n="5.93"/> abzulegen. Dieselbe wurde ihr unter großen Feierlichkeiten von der<lb n="5.94"/> philosophischen Fakultät ebenso zuerteilt, wie später die Würde als<lb n="5.95"/> Professor. Sie erhielt eine Professur der Experimentalphysik und<lb n="5.96"/> beschäftigte sich außerdem mit den andern Naturwissenschaften, sowie<lb n="5.97"/> mit Philosophie, alten Sprachen und Mathematik. Ihre bedeutende<lb n="5.98"/> Gelehrsamkeit hinderte sie nicht, Dr. Veradi zu heiraten, sie wurde<lb n="5.99"/> Mutter von 12 Kindern und soll als solche, sowie als Hausfrau<lb n="5.100"/> ebenso ausgezeichnet, wie als Gelehrte, gewesen sein. Ich könnte<lb n="5.101"/> hier noch <hi rendition="#g">Dorothea Schlözer</hi>, die <hi rendition="#g">Laporin</hi> und viele Andere<lb n="5.102"/> anführen, doch glaube ich, daß diese Namen schon genügen.<lb n="5.103"/> </p> <p> Alle diese Beispiele beweisen, daß in einer Zeit, die den Frauen<lb n="5.104"/> das gelehrte Studium und die daraus resultierende Würde <lb n="5.105"/> ermöglichte, es erstens Frauen gegeben hat, die das Niveau der<lb n="5.106"/> männlichen Bildung, erreichen und zweitens, daß selbst, als der<lb n="5.107"/> Zutritt zu den Universitäten den Frauen ausnahmslos freigegeben<lb n="5.108"/> wurde, kein Massenandrang, den die Professoren unserer Zeit so<lb n="5.109"/> sehr fürchten, stattgefunden hat.<lb n="5.110"/> </p> <p> Die Beispiele, die ich anführte, gehören der Vergangenheit<lb n="5.111"/> an; ich könnte dieselben aus der Gegenwart durch eine große <lb n="5.112"/> Anzahl Namen erweitern, deren Trägerinnen bahnbrechend sowohl auf<lb n="5.113"/> </p> </body> </text> </TEI> [5/0004]
der französischen Revolution, als junges Mädchen, aus freier Wahl 5.72
dem Studium der abstraktesten aller Wissenschaften, der Mathematik, 5.73
gewidmet hatte, hinterließ Arbeiten von so bleibendem Werte, daß 5.74
sie von den ersten Meistern dieses Faches, von einem Lagrange, 5.75
einem Gauß, Poisson, Fourrier u. a. m. als gleichberechtigte Forscherin 5.76
angesehen wurde. 5.77
Im Mittelalter und zur Zeit der Renaissance wurden die 5.78
Frauen Italiens von jener allgemeinen Begeisterung für die Wissenschaften 5.79
und Kaufte ebenso ergriffen, wie die Männer und bei ihren 5.80
Universitätsstudien sind sie nicht unter dem Niveau von jenen 5.81
zurückgeblieben. Im 13. Jahrhundert wurde Accorsa Accorso, Tochter 5.82
eines berühmten Rechtsgelehrten, Professor der Philosophie an der 5.83
Universität Bologna. Dr. jur. Bettisia Gozzadini wurde 1236 Doctor 5.84
juris, hielt öffentliche Vorlesungen an der Universität, die ebenso 5.85
besucht wie beliebt waren. Sie hinterließ philosophische und 5.86
rechtswissenschaftliche Schriften. — Im 14. Jahrhundert hielt Novella, 5.87
Tochter des berühmten Rechtsgelehrten Giovanni D'Andrea oft für 5.88
ihren Vater Vorlesungen; sie verbarg sich aber hinter einem Vorhang, 5.89
damit ihre Schönheit die Aufmerksamkeit der Zuhörer nicht 5.90
störe. — Uns zeitlich nähergerückt ist Laura Laterina Bassi, die 5.91
1711 geboren, sich 1732 auf den Wunsch ihrer Lehrer entschloß, 5.92
die öffentliche Disputation zur Erlangung der Doktorwürde 5.93
abzulegen. Dieselbe wurde ihr unter großen Feierlichkeiten von der 5.94
philosophischen Fakultät ebenso zuerteilt, wie später die Würde als 5.95
Professor. Sie erhielt eine Professur der Experimentalphysik und 5.96
beschäftigte sich außerdem mit den andern Naturwissenschaften, sowie 5.97
mit Philosophie, alten Sprachen und Mathematik. Ihre bedeutende 5.98
Gelehrsamkeit hinderte sie nicht, Dr. Veradi zu heiraten, sie wurde 5.99
Mutter von 12 Kindern und soll als solche, sowie als Hausfrau 5.100
ebenso ausgezeichnet, wie als Gelehrte, gewesen sein. Ich könnte 5.101
hier noch Dorothea Schlözer, die Laporin und viele Andere 5.102
anführen, doch glaube ich, daß diese Namen schon genügen. 5.103
Alle diese Beispiele beweisen, daß in einer Zeit, die den Frauen 5.104
das gelehrte Studium und die daraus resultierende Würde 5.105
ermöglichte, es erstens Frauen gegeben hat, die das Niveau der 5.106
männlichen Bildung, erreichen und zweitens, daß selbst, als der 5.107
Zutritt zu den Universitäten den Frauen ausnahmslos freigegeben 5.108
wurde, kein Massenandrang, den die Professoren unserer Zeit so 5.109
sehr fürchten, stattgefunden hat. 5.110
Die Beispiele, die ich anführte, gehören der Vergangenheit 5.111
an; ich könnte dieselben aus der Gegenwart durch eine große 5.112
Anzahl Namen erweitern, deren Trägerinnen bahnbrechend sowohl auf 5.113
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