Morgenstern, Lina: Ein offenes Wort über das medizinische Studium der Frauen an Herrn Prof. Dr. W. Waldeyer. Berlin, 1888.jedoch -- von einzelnen Ausnahmen abgesehen, -- so wenig befriedigend,9.241 Thatsächlich verhielt es sich mit den Russinnen anders. Seit9.246 Den besten Beweis, daß die leitenden Professoren von den9.259 Der Rat des Cantons Neuchatel hat 1878 die Frage nach dem9.263 Aus dem hier Mitgeteilten ist es wohl einleuchtend, warum9.269 jedoch — von einzelnen Ausnahmen abgesehen, — so wenig befriedigend,9.241 Thatsächlich verhielt es sich mit den Russinnen anders. Seit9.246 Den besten Beweis, daß die leitenden Professoren von den9.259 Der Rat des Cantons Neuchâtel hat 1878 die Frage nach dem9.263 Aus dem hier Mitgeteilten ist es wohl einleuchtend, warum9.269 <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0008" n="9"/> jedoch — von einzelnen Ausnahmen abgesehen, — so wenig befriedigend,<lb n="9.241"/> daß beispielsweise die russische Regierung die in Zürich<lb n="9.242"/> studirenden jungen Russinnen kategorisch aufforderte, Zürich zu verlassen,<lb n="9.243"/> und die Universitäten Straßburg, Rostock, Gießen und <lb n="9.244"/> Erlangen es übereinstimmend ablehnten, sie aufzunehmen.<lb n="9.245"/> </p> <p> Thatsächlich verhielt es sich mit den Russinnen anders. Seit<lb n="9.246"/> 1864 das Frauenstudium in Zürich einer Russin gestattet wurde,<lb n="9.247"/> welcher Studentinnen aus verschiedenen Ländern folgten, erteilte<lb n="9.248"/> man 1869 den Frauen den Zutritt zum Maturitätsexamen. Von<lb n="9.249"/> 1871 bis 1874 besuchten 338 Studentinnen die Züricher Universität,<lb n="9.250"/> unter denen 250 Russinnen. Eine vollständige Statistik des<lb n="9.251"/> Frauenstudiums auf europäischen Universitäten gab ich in meinen<lb n="9.252"/> „Frauenbeftrebungen unsrer Zeit" Allgemeiner Frauenkalender 1885,<lb n="9.253"/> 1886 und 87. Nicht das wenig befriedigende wissenschaftliche Resultat<lb n="9.254"/> führte zu der plötzlichen Entfernung der Russinnen, sondern ein<lb n="9.255"/> Ukas der russischen Regierung berief die Studentinnen in ihre<lb n="9.256"/> Heimat zurück aus <hi rendition="#g">politischen</hi> Gründen, weil Zürich als die <lb n="9.257"/> Zusammenkunft der Nihilisten angesehen wurde.<lb n="9.258"/> </p> <p> Den besten Beweis, daß die leitenden Professoren von den<lb n="9.259"/> Leistungen der studierenden Frauen befriedigt waren, gab der<lb n="9.260"/> akademische Senat in einem Erlaß 1873, welcher die Aufnahme von<lb n="9.261"/> Studierenden beiderlei Geschlechts gleichberechtigt hinstellt.<lb n="9.262"/> </p> <p> Der Rat des Cantons Neuchâtel hat 1878 die Frage nach dem<lb n="9.263"/> Rechte der Frauen auf Zulassung zu höheren Unterrichtsanstalten<lb n="9.264"/> durch die folgende Antwort entschieden: <q who="Canton Neuchâtel">Personen weiblichen <lb n="9.265"/> Geschlechts haben dasselbe Recht, akademische Kurse zu absolvieren oder<lb n="9.266"/> als Schüler der Cantonalgymnasien einzutreten, sofern sie die für<lb n="9.267"/> die Aufnahme vorgeschriebenen Bedingungen erfüllen.</q><lb n="9.268"/> </p> <p> Aus dem hier Mitgeteilten ist es wohl einleuchtend, warum<lb n="9.269"/> die deutschen Universitäten es ablehnten, die russischen Studentinnen<lb n="9.270"/> aufzunehmen, abgesehen davon, daß deutsche Universitäten ja <lb n="9.271"/> überhaupt keine weiblichen Studierenden annehmen. Daß die russische<lb n="9.272"/> Regierung die Befähigung der Frauen zum Studium anerkannt hat,<lb n="9.273"/> ist dadurch bewiesen, daß Rußland selbst mehrere medizinische<lb n="9.274"/> Schulen für Frauen seither errichtete und russische Ärztinnen besonders<lb n="9.275"/> auf dem Lande anstellt. Aber auch die russischen Ärzte und <lb n="9.276"/> Naturforscher erkannten auf ihrem ersten Congreß in Odessa im August<lb n="9.277"/> 1883 die studierenden Frauen an, indem sie ihnen die Teilnahme<lb n="9.278"/> an ihren Versammlungen nicht allein gestatteten, sondern sie an den<lb n="9.279"/> Sitzungen aktiv als Vorsitzende einzelner Abteilungen erwählten,<lb n="9.280"/> so z. B. wurde in der Abteilung für Physik und Chemie Frau<lb n="9.281"/> Tschajkoff, in der für theoretische Medizin die Ärztinnen Frau<lb n="9.282"/> </p> </body> </text> </TEI> [9/0008]
jedoch — von einzelnen Ausnahmen abgesehen, — so wenig befriedigend, 9.241
daß beispielsweise die russische Regierung die in Zürich 9.242
studirenden jungen Russinnen kategorisch aufforderte, Zürich zu verlassen, 9.243
und die Universitäten Straßburg, Rostock, Gießen und 9.244
Erlangen es übereinstimmend ablehnten, sie aufzunehmen. 9.245
Thatsächlich verhielt es sich mit den Russinnen anders. Seit 9.246
1864 das Frauenstudium in Zürich einer Russin gestattet wurde, 9.247
welcher Studentinnen aus verschiedenen Ländern folgten, erteilte 9.248
man 1869 den Frauen den Zutritt zum Maturitätsexamen. Von 9.249
1871 bis 1874 besuchten 338 Studentinnen die Züricher Universität, 9.250
unter denen 250 Russinnen. Eine vollständige Statistik des 9.251
Frauenstudiums auf europäischen Universitäten gab ich in meinen 9.252
„Frauenbeftrebungen unsrer Zeit" Allgemeiner Frauenkalender 1885, 9.253
1886 und 87. Nicht das wenig befriedigende wissenschaftliche Resultat 9.254
führte zu der plötzlichen Entfernung der Russinnen, sondern ein 9.255
Ukas der russischen Regierung berief die Studentinnen in ihre 9.256
Heimat zurück aus politischen Gründen, weil Zürich als die 9.257
Zusammenkunft der Nihilisten angesehen wurde. 9.258
Den besten Beweis, daß die leitenden Professoren von den 9.259
Leistungen der studierenden Frauen befriedigt waren, gab der 9.260
akademische Senat in einem Erlaß 1873, welcher die Aufnahme von 9.261
Studierenden beiderlei Geschlechts gleichberechtigt hinstellt. 9.262
Der Rat des Cantons Neuchâtel hat 1878 die Frage nach dem 9.263
Rechte der Frauen auf Zulassung zu höheren Unterrichtsanstalten 9.264
durch die folgende Antwort entschieden: Personen weiblichen 9.265
Geschlechts haben dasselbe Recht, akademische Kurse zu absolvieren oder 9.266
als Schüler der Cantonalgymnasien einzutreten, sofern sie die für 9.267
die Aufnahme vorgeschriebenen Bedingungen erfüllen. 9.268
Aus dem hier Mitgeteilten ist es wohl einleuchtend, warum 9.269
die deutschen Universitäten es ablehnten, die russischen Studentinnen 9.270
aufzunehmen, abgesehen davon, daß deutsche Universitäten ja 9.271
überhaupt keine weiblichen Studierenden annehmen. Daß die russische 9.272
Regierung die Befähigung der Frauen zum Studium anerkannt hat, 9.273
ist dadurch bewiesen, daß Rußland selbst mehrere medizinische 9.274
Schulen für Frauen seither errichtete und russische Ärztinnen besonders 9.275
auf dem Lande anstellt. Aber auch die russischen Ärzte und 9.276
Naturforscher erkannten auf ihrem ersten Congreß in Odessa im August 9.277
1883 die studierenden Frauen an, indem sie ihnen die Teilnahme 9.278
an ihren Versammlungen nicht allein gestatteten, sondern sie an den 9.279
Sitzungen aktiv als Vorsitzende einzelner Abteilungen erwählten, 9.280
so z. B. wurde in der Abteilung für Physik und Chemie Frau 9.281
Tschajkoff, in der für theoretische Medizin die Ärztinnen Frau 9.282
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