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Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.

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Poeterey erst[e] Zeit.
an/ und ist vermuthlich/ daß solche aus
den alten Teutschen Liedern zusammen
getragen worden. In derselben teut-
schen Historie meldet er auch/ daß
wie der König
Tuisco zu anreitzung
der Nachkommen die Gutthaten
der Frommen mit Liedern zu eh-
ren befohlen/ hätte König
Laber ge-
boten/ daß man auch von denen die
Ubels thäten/ damit sie sich schäme-
ten und besserten/ Lieder machete/
dieselbige bey Nachte offentlich
auff den Gassen für den Häusern
sünge/ wenn man das Licht ange-
zündet hatte/ darum man auch sol-
che Gesanglichter genennet.
Sein
also diese gleichsahm Satyren und zu ver-
besserung der Sitten angesehen gewesen.
Ist schier eine solche Gewohnheit/ wie
bey den alten Aegyptern/ bey welchen
jemand tanglich des Königs Tugenden
heraußstreichen/ und seyn Versehen ent-
schüldigen müssen. Damit er zu den Tu-
genden angefrischt/ und von Lastern ab-

ge-

Poeterey erſt[e] Zeit.
an/ und iſt vermuthlich/ daß ſolche aus
den alten Teutſchen Liedern zuſammen
getragen worden. In derſelben teut-
ſchen Hiſtorie meldet er auch/ daß
wie der Koͤnig
Tuiſco zu anreitzung
der Nachkommen die Gutthaten
der Frommen mit Liedern zu eh-
ren befohlen/ haͤtte Koͤnig
Laber ge-
boten/ daß man auch von denen die
Ubels thaͤten/ damit ſie ſich ſchaͤme-
ten und beſſerten/ Lieder machete/
dieſelbige bey Nachte offentlich
auff den Gaſſen für den Haͤuſern
ſuͤnge/ wenn man das Licht ange-
zuͤndet hatte/ darum man auch ſol-
che Geſanglichter genennet.
Sein
alſo dieſe gleichſahm Satyren und zu ver-
beſſerung der Sitten angeſehen geweſen.
Iſt ſchier eine ſolche Gewohnheit/ wie
bey den alten Aegyptern/ bey welchen
jemand tāglich des Koͤnigs Tugenden
heraußſtreichen/ und ſeyn Verſehen ent-
ſchuͤldigen muͤſſen. Damit er zu den Tu-
genden angefriſcht/ und von Laſtern ab-

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[285/0297] Poeterey erſte Zeit. an/ und iſt vermuthlich/ daß ſolche aus den alten Teutſchen Liedern zuſammen getragen worden. In derſelben teut- ſchen Hiſtorie meldet er auch/ daß wie der Koͤnig Tuiſco zu anreitzung der Nachkommen die Gutthaten der Frommen mit Liedern zu eh- ren befohlen/ haͤtte Koͤnig Laber ge- boten/ daß man auch von denen die Ubels thaͤten/ damit ſie ſich ſchaͤme- ten und beſſerten/ Lieder machete/ dieſelbige bey Nachte offentlich auff den Gaſſen für den Haͤuſern ſuͤnge/ wenn man das Licht ange- zuͤndet hatte/ darum man auch ſol- che Geſanglichter genennet. Sein alſo dieſe gleichſahm Satyren und zu ver- beſſerung der Sitten angeſehen geweſen. Iſt ſchier eine ſolche Gewohnheit/ wie bey den alten Aegyptern/ bey welchen jemand tāglich des Koͤnigs Tugenden heraußſtreichen/ und ſeyn Verſehen ent- ſchuͤldigen muͤſſen. Damit er zu den Tu- genden angefriſcht/ und von Laſtern ab- ge-

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Zitationshilfe: Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/297>, abgerufen am 22.11.2024.