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Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.

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der Teutschen Sprache.

Hie stehn die Wort Verlust und Gewinn
gleichsam in Antithesi, eines in der Caesur,
das andere am Ende/ dadurch es die
Harmonia lieblich macht. So kan ich
auch in vorigen Exempel den Dativum Dir
hintenan setzen/ der sonst vorher geben
muß/ wann etwas anders drauff folget/
als:

Wünsche wil ich bringen Dir/
Dir/ dn mein ander Hertz.

Hie steht der Accusativus vor und der
Dativus hinter/ gantz wieder die ordent-
liche fügung der Rede. Weil die Empha-
sis
und der Gegensatz offtmahls eine un-
ordnung der Wörter veranlasset/ die
sonst ungebräuchlich ist. Ich habe in ei-
nem Carmine diese Verse gesetzet

Rom ist hie und Athen
Als wie im Schauplatz noch der Nachwelt anzusehn.

Diese Versetzung der Wörter würde viel-
leicht jemand tadeln/ dann ich hätte sa-
gen sollen hie ist Rom und Athen.
Aber es ist der Klang der Wörter viel
besser/ wann ich das Wort Rom vor-

setze.
kk 4
der Teutſchen Sprache.

Hie ſtehn die Wort Verluſt und Gewinn
gleichſam in Antitheſi, eines in der Cæſur,
das andere am Ende/ dadurch es die
Harmonia lieblich macht. So kan ich
auch in vorigẽ Exempel den Dativum Dir
hintenan ſetzen/ der ſonſt vorher geben
muß/ wann etwas anders drauff folget/
als:

Wuͤnſche wil ich bringen Dir/
Dir/ dn mein ander Hertz.

Hie ſteht der Accuſativus vor und der
Dativus hinter/ gantz wieder die ordent-
liche fuͤgung der Rede. Weil die Empha-
ſis
und der Gegenſatz offtmahls eine un-
ordnung der Woͤrter veranlaſſet/ die
ſonſt ungebraͤuchlich iſt. Ich habe in ei-
nem Carmine dieſe Verſe geſetzet

Rom iſt hie und Athen
Als wie im Schauplatz noch der Nachwelt anzuſehn.

Dieſe Verſetzung der Woͤrter wuͤrde viel-
leicht jemand tadeln/ dann ich haͤtte ſa-
gen ſollen hie iſt Rom und Athen.
Aber es iſt der Klang der Woͤrter viel
beſſer/ wann ich das Wort Rom vor-

ſetze.
kk 4
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[519/0531] der Teutſchen Sprache. Hie ſtehn die Wort Verluſt und Gewinn gleichſam in Antitheſi, eines in der Cæſur, das andere am Ende/ dadurch es die Harmonia lieblich macht. So kan ich auch in vorigẽ Exempel den Dativum Dir hintenan ſetzen/ der ſonſt vorher geben muß/ wann etwas anders drauff folget/ als: Wuͤnſche wil ich bringen Dir/ Dir/ dn mein ander Hertz. Hie ſteht der Accuſativus vor und der Dativus hinter/ gantz wieder die ordent- liche fuͤgung der Rede. Weil die Empha- ſis und der Gegenſatz offtmahls eine un- ordnung der Woͤrter veranlaſſet/ die ſonſt ungebraͤuchlich iſt. Ich habe in ei- nem Carmine dieſe Verſe geſetzet Rom iſt hie und Athen Als wie im Schauplatz noch der Nachwelt anzuſehn. Dieſe Verſetzung der Woͤrter wuͤrde viel- leicht jemand tadeln/ dann ich haͤtte ſa- gen ſollen hie iſt Rom und Athen. Aber es iſt der Klang der Woͤrter viel beſſer/ wann ich das Wort Rom vor- ſetze. kk 4

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Zitationshilfe: Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/531>, abgerufen am 22.11.2024.