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Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.

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Das VII. Cap. Von der Reime
offt erwehntem Buche auch abgehandelt.
Jener wirfft diesein vor daß die Reimen-
de Poesie durch den gleichlaut mehr den
Schlaff als die Auffmunterung veruhr-
sache. Welches aber Sorbier leugnet/
und zwar nicht ohn Ursach: Dann ob
schon die Gleichheit sich findet/ so ist doch
dieselbe verschieden/ und ist die Vielfäl-
tigkeit und Abwechselung der dinge auch
da/ die einen Zuhörer oder Leser in der
Auffmercksamkeit erhalten kan. Ja er
behauptet das Gegentheil/ daß bey An-
hörung eines noch so herrlichen ungereim-
ten Getichtes ihm der Schlaff und Eckel
eher ankommen würde; als wann der
Reim die Ohren/ die ihre Vergnügung da-
von haben/ allezeit gleichsam als durch
eine harmonie eröffnet. Welche har-
monia
dann durch die Abwechselung der
Reime sehr unterhalten wird. Dero-
halben die Italiäner in ihrem Poemate
Heroico
insonderheit diese Wechsel- Rei-
me beliebet/ die dann nicht weniger ein-
schläffern können/ als eine wollgesetzte

Mu-

Das VII. Cap. Von der Reime
offt erwehntem Buche auch abgehandelt.
Jener wirfft dieſein vor daß die Reimen-
de Poeſie durch den gleichlaut mehr den
Schlaff als die Auffmunterung veruhr-
ſache. Welches aber Sorbier leugnet/
und zwar nicht ohn Urſach: Dann ob
ſchon die Gleichheit ſich findet/ ſo iſt doch
dieſelbe verſchieden/ und iſt die Vielfaͤl-
tigkeit und Abwechſelung der dinge auch
da/ die einen Zuhoͤrer oder Leſer in der
Auffmerckſamkeit erhalten kan. Ja er
behauptet das Gegentheil/ daß bey An-
hoͤrung eines noch ſo herrlichen ungereim-
ten Getichtes ihm der Schlaff und Eckel
eher ankommen wuͤrde; als wañ der
Reim die Ohꝛen/ die ihre Vergnuͤgung da-
von haben/ allezeit gleichſam als durch
eine harmonie eroͤffnet. Welche har-
monia
dañ durch die Abwechſelung der
Reime ſehr unterhalten wird. Dero-
halben die Italiaͤner in ihrem Poëmate
Heroico
inſonderheit dieſe Wechſel- Rei-
me beliebet/ die dann nicht weniger ein-
ſchläffern koͤnnen/ als eine wollgeſetzte

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[564/0576] Das VII. Cap. Von der Reime offt erwehntem Buche auch abgehandelt. Jener wirfft dieſein vor daß die Reimen- de Poeſie durch den gleichlaut mehr den Schlaff als die Auffmunterung veruhr- ſache. Welches aber Sorbier leugnet/ und zwar nicht ohn Urſach: Dann ob ſchon die Gleichheit ſich findet/ ſo iſt doch dieſelbe verſchieden/ und iſt die Vielfaͤl- tigkeit und Abwechſelung der dinge auch da/ die einen Zuhoͤrer oder Leſer in der Auffmerckſamkeit erhalten kan. Ja er behauptet das Gegentheil/ daß bey An- hoͤrung eines noch ſo herrlichen ungereim- ten Getichtes ihm der Schlaff und Eckel eher ankommen wuͤrde; als wañ der Reim die Ohꝛen/ die ihre Vergnuͤgung da- von haben/ allezeit gleichſam als durch eine harmonie eroͤffnet. Welche har- monia dañ durch die Abwechſelung der Reime ſehr unterhalten wird. Dero- halben die Italiaͤner in ihrem Poëmate Heroico inſonderheit dieſe Wechſel- Rei- me beliebet/ die dann nicht weniger ein- ſchläffern koͤnnen/ als eine wollgeſetzte Mu-

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Zitationshilfe: Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682, S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/576>, abgerufen am 22.11.2024.