Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

Nach gehörig getroffnen Maasregeln wurde der Jnquisit in den folgenden Tagen über seine That verhört, und sein Geständniß ist -- mit Beibehaltung seiner eignen Worte folgendes:

"Er heiße Salomon Elias H...., sey 33 Jahr alt, und aus Dürrenfeld in Thüringen gebürtig, wo sein Vater Schulmeister gewesen. Jn seinem 6ten Jahre sey ihm dieser gestorben, und er sey von seiner Mutter in der lutherischen Religion erzogen, auch in seinem 14ten Jahre confirmirt worden. Bald darauf sey auch seine Mutter gestorben, er habe sich nun bey seinen Anverwandten aufgehalten, und bis in sein zwanzigstes Jahr in der benachbarten Stadt Königssee die Musik gelernt. Hierauf sey er nach Hannover in das dasige Chor gegangen, habe auch zugleich während der sieben Jahre seines Aufenthalts das Seminarium frequentiret. Um Ostern 1783 sey er endlich nach E... als Kantor gekommen.

Jn Hannover habe er einer gewissen Wittwe B.... die Ehe versprochen, und dieses sey der Grund seines ganzen Unglücks. Da diese Person in der Folge einen schlechten Lebenswandel geführt, auch einen Diebstahl begangen, so habe er sein Versprechen nicht halten wollen, und sich durch 50 Rthl. und die Versicherung ihr sobald er könne noch 300 Rthl. zu geben, mit ihr abgefunden. Jn der Folge sey er auf die Gedanken gerathen, daß ihm diese B.... bey einer andern guten Parthie, die


Nach gehoͤrig getroffnen Maasregeln wurde der Jnquisit in den folgenden Tagen uͤber seine That verhoͤrt, und sein Gestaͤndniß ist — mit Beibehaltung seiner eignen Worte folgendes:

»Er heiße Salomon Elias H...., sey 33 Jahr alt, und aus Duͤrrenfeld in Thuͤringen gebuͤrtig, wo sein Vater Schulmeister gewesen. Jn seinem 6ten Jahre sey ihm dieser gestorben, und er sey von seiner Mutter in der lutherischen Religion erzogen, auch in seinem 14ten Jahre confirmirt worden. Bald darauf sey auch seine Mutter gestorben, er habe sich nun bey seinen Anverwandten aufgehalten, und bis in sein zwanzigstes Jahr in der benachbarten Stadt Koͤnigssee die Musik gelernt. Hierauf sey er nach Hannover in das dasige Chor gegangen, habe auch zugleich waͤhrend der sieben Jahre seines Aufenthalts das Seminarium frequentiret. Um Ostern 1783 sey er endlich nach E... als Kantor gekommen.

Jn Hannover habe er einer gewissen Wittwe B.... die Ehe versprochen, und dieses sey der Grund seines ganzen Ungluͤcks. Da diese Person in der Folge einen schlechten Lebenswandel gefuͤhrt, auch einen Diebstahl begangen, so habe er sein Versprechen nicht halten wollen, und sich durch 50 Rthl. und die Versicherung ihr sobald er koͤnne noch 300 Rthl. zu geben, mit ihr abgefunden. Jn der Folge sey er auf die Gedanken gerathen, daß ihm diese B.... bey einer andern guten Parthie, die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0055" n="53"/><lb/>
          <p>Nach geho&#x0364;rig getroffnen Maasregeln wurde der Jnquisit in den folgenden Tagen                         u&#x0364;ber seine That verho&#x0364;rt, und sein Gesta&#x0364;ndniß ist &#x2014; mit Beibehaltung seiner                         eignen Worte folgendes: </p>
          <p>»Er heiße Salomon Elias H...., sey 33 Jahr alt, und aus Du&#x0364;rrenfeld in                         Thu&#x0364;ringen gebu&#x0364;rtig, wo sein Vater Schulmeister gewesen. Jn seinem 6ten Jahre                         sey ihm dieser gestorben, und er sey von seiner Mutter in der lutherischen                         Religion erzogen, auch in seinem 14ten Jahre confirmirt worden. Bald darauf                         sey auch seine Mutter gestorben, er habe sich nun bey seinen Anverwandten                         aufgehalten, und bis in sein zwanzigstes Jahr in der benachbarten Stadt                         Ko&#x0364;nigssee die Musik gelernt. Hierauf sey er nach Hannover in das dasige Chor                         gegangen, habe auch zugleich wa&#x0364;hrend der sieben Jahre seines Aufenthalts das                         Seminarium frequentiret. Um Ostern 1783 sey er endlich nach E... als Kantor                         gekommen. </p>
          <p>Jn Hannover habe er einer gewissen Wittwe B.... die Ehe versprochen, und                         dieses sey der Grund seines ganzen Unglu&#x0364;cks. Da diese Person in der Folge                         einen schlechten Lebenswandel gefu&#x0364;hrt, auch einen Diebstahl begangen, so                         habe er sein Versprechen nicht halten wollen, und sich durch 50 Rthl. und                         die Versicherung ihr sobald er ko&#x0364;nne noch 300 Rthl. zu geben, mit ihr                         abgefunden. Jn der Folge sey er auf die Gedanken gerathen, daß ihm diese                         B.... bey einer andern guten Parthie, die<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0055] Nach gehoͤrig getroffnen Maasregeln wurde der Jnquisit in den folgenden Tagen uͤber seine That verhoͤrt, und sein Gestaͤndniß ist — mit Beibehaltung seiner eignen Worte folgendes: »Er heiße Salomon Elias H...., sey 33 Jahr alt, und aus Duͤrrenfeld in Thuͤringen gebuͤrtig, wo sein Vater Schulmeister gewesen. Jn seinem 6ten Jahre sey ihm dieser gestorben, und er sey von seiner Mutter in der lutherischen Religion erzogen, auch in seinem 14ten Jahre confirmirt worden. Bald darauf sey auch seine Mutter gestorben, er habe sich nun bey seinen Anverwandten aufgehalten, und bis in sein zwanzigstes Jahr in der benachbarten Stadt Koͤnigssee die Musik gelernt. Hierauf sey er nach Hannover in das dasige Chor gegangen, habe auch zugleich waͤhrend der sieben Jahre seines Aufenthalts das Seminarium frequentiret. Um Ostern 1783 sey er endlich nach E... als Kantor gekommen. Jn Hannover habe er einer gewissen Wittwe B.... die Ehe versprochen, und dieses sey der Grund seines ganzen Ungluͤcks. Da diese Person in der Folge einen schlechten Lebenswandel gefuͤhrt, auch einen Diebstahl begangen, so habe er sein Versprechen nicht halten wollen, und sich durch 50 Rthl. und die Versicherung ihr sobald er koͤnne noch 300 Rthl. zu geben, mit ihr abgefunden. Jn der Folge sey er auf die Gedanken gerathen, daß ihm diese B.... bey einer andern guten Parthie, die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, University of Glasgow, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01001_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01001_1793/55
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01001_1793/55>, abgerufen am 24.11.2024.