Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite


Reihe der Dinge von den gröbern Sinnen mit größerer organischen Vollendung in sinnlicherer Wahrnehmung auftrete.

Misgestaltet tritt der Mensch in die Sinnenwelt ein, -- keine Ordnung reget noch seine Glieder, kein Hauch eines göttlichen Ordens strömet auf seinen Körper: sinnliche Thierheit führet das Zepter, und nur der edlere Theil ist da, um bald hinreifend das Joch des Despoten von sich zu schütteln. Wie hingeworfene Thonmasse, welche die schaffende Hand des Künstlers zu einer Form umbildet, ist der ganze Umriß des Schädels -- ohne Wölbung in plattgedruckter geradlinichter Fläche erstreckt sich die Stirn bis zum Scheitel, und der Nacken wieder in der unthätigen Gestalt eines liegenden Eins -- weit hinausstehend zugespitzt -- bis zur Stirne: der Vordertheil des Gesichts ist unbestimmter Zusammenfluß von Säften und weicher Masse, noch kein Theil auf demselben durch bestimmte Grenzen gemessen: die Sinne, ruhendes Auge ungeöfnet, -- das Werkzeug des Geruchs vor den eindringenden Lufttheilchen verschlossen --


Reihe der Dinge von den groͤbern Sinnen mit groͤßerer organischen Vollendung in sinnlicherer Wahrnehmung auftrete.

Misgestaltet tritt der Mensch in die Sinnenwelt ein, — keine Ordnung reget noch seine Glieder, kein Hauch eines goͤttlichen Ordens stroͤmet auf seinen Koͤrper: sinnliche Thierheit fuͤhret das Zepter, und nur der edlere Theil ist da, um bald hinreifend das Joch des Despoten von sich zu schuͤtteln. Wie hingeworfene Thonmasse, welche die schaffende Hand des Kuͤnstlers zu einer Form umbildet, ist der ganze Umriß des Schaͤdels — ohne Woͤlbung in plattgedruckter geradlinichter Flaͤche erstreckt sich die Stirn bis zum Scheitel, und der Nacken wieder in der unthaͤtigen Gestalt eines liegenden Eins — weit hinausstehend zugespitzt — bis zur Stirne: der Vordertheil des Gesichts ist unbestimmter Zusammenfluß von Saͤften und weicher Masse, noch kein Theil auf demselben durch bestimmte Grenzen gemessen: die Sinne, ruhendes Auge ungeoͤfnet, — das Werkzeug des Geruchs vor den eindringenden Lufttheilchen verschlossen —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0012" n="12"/><lb/>
Reihe der Dinge                         von den gro&#x0364;bern Sinnen mit gro&#x0364;ßerer organischen Vollendung in sinnlicherer                         Wahrnehmung auftrete.</p>
            <p>Misgestaltet tritt der Mensch in die Sinnenwelt ein, &#x2014; keine Ordnung reget                         noch seine Glieder, kein Hauch eines go&#x0364;ttlichen Ordens stro&#x0364;met auf seinen                         Ko&#x0364;rper: sinnliche Thierheit fu&#x0364;hret das Zepter, und nur der edlere Theil ist                         da, um bald hinreifend das Joch des Despoten von sich zu schu&#x0364;tteln. Wie                         hingeworfene Thonmasse, welche die schaffende Hand des Ku&#x0364;nstlers zu einer                         Form umbildet, ist der ganze Umriß des Scha&#x0364;dels &#x2014; ohne Wo&#x0364;lbung in                         plattgedruckter geradlinichter Fla&#x0364;che erstreckt sich die Stirn bis zum                         Scheitel, und der Nacken wieder in der untha&#x0364;tigen Gestalt eines liegenden                         Eins &#x2014; weit hinausstehend zugespitzt &#x2014; bis zur Stirne: der Vordertheil des                         Gesichts ist unbestimmter Zusammenfluß von Sa&#x0364;ften und weicher Masse, noch                         kein Theil auf demselben durch bestimmte Grenzen gemessen: die Sinne,                         ruhendes Auge ungeo&#x0364;fnet, &#x2014; das Werkzeug des Geruchs vor den eindringenden                         Lufttheilchen verschlossen &#x2014;<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0012] Reihe der Dinge von den groͤbern Sinnen mit groͤßerer organischen Vollendung in sinnlicherer Wahrnehmung auftrete. Misgestaltet tritt der Mensch in die Sinnenwelt ein, — keine Ordnung reget noch seine Glieder, kein Hauch eines goͤttlichen Ordens stroͤmet auf seinen Koͤrper: sinnliche Thierheit fuͤhret das Zepter, und nur der edlere Theil ist da, um bald hinreifend das Joch des Despoten von sich zu schuͤtteln. Wie hingeworfene Thonmasse, welche die schaffende Hand des Kuͤnstlers zu einer Form umbildet, ist der ganze Umriß des Schaͤdels — ohne Woͤlbung in plattgedruckter geradlinichter Flaͤche erstreckt sich die Stirn bis zum Scheitel, und der Nacken wieder in der unthaͤtigen Gestalt eines liegenden Eins — weit hinausstehend zugespitzt — bis zur Stirne: der Vordertheil des Gesichts ist unbestimmter Zusammenfluß von Saͤften und weicher Masse, noch kein Theil auf demselben durch bestimmte Grenzen gemessen: die Sinne, ruhendes Auge ungeoͤfnet, — das Werkzeug des Geruchs vor den eindringenden Lufttheilchen verschlossen —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, University of Glasgow, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01002_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01002_1793/12
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01002_1793/12>, abgerufen am 21.11.2024.