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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793.

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Dinge zu einander) auch den Gedanken, daß diese Sache mit unsern Wünschen übereinstimmt (das Urtheil vom Verhältnisse dieses Gedankens zu unsrer Empfindung) einschlösse, alsdann wäre freilich der Gedanke, und die Freude darüber eins. Es verhält sich aber in der That nicht so; in dem Gedanken ist mein Freund das Subjekt, und seine Wiederherstellung das Prädikat. Zum Urtheile daß dieses mit meinen Wünschen übereinstimmt hingegen ist der vorige Gedanke Subjekt, und seine Uebereinstimmung mit meinen Wünschen das Prädikat, das in dem Gedanken nicht enthalten war. Die Harmonie, wovon der Verfasser spricht, ist selbst ein Gedanke, und kann blos als die Ursache der Empfindung der Freude, nicht aber als die Empfindung selbst angesehn werden.

Der Unterschied zwischen ich denke, und mich dünkt glaube ich besteht darin: im ersten Falle bin ich mir die Reihe der Vorstellungen die in mir den Gedanken hervorgebracht haben, bewußt, im letzten aber nicht, in jenem bin ich also völlig thätig, in diesem aber zum Theil leidend.

H. Spaldings sonderbaren Zufall erklärt H. Mendelssohn (Band 3. Stück 46.) sehr scharfsinnig. Was mich anbetrift, so glaube ich dieses ließe sich auf eine weit einfachre Art folgendermaßen erklären.



Dinge zu einander) auch den Gedanken, daß diese Sache mit unsern Wuͤnschen uͤbereinstimmt (das Urtheil vom Verhaͤltnisse dieses Gedankens zu unsrer Empfindung) einschloͤsse, alsdann waͤre freilich der Gedanke, und die Freude daruͤber eins. Es verhaͤlt sich aber in der That nicht so; in dem Gedanken ist mein Freund das Subjekt, und seine Wiederherstellung das Praͤdikat. Zum Urtheile daß dieses mit meinen Wuͤnschen uͤbereinstimmt hingegen ist der vorige Gedanke Subjekt, und seine Uebereinstimmung mit meinen Wuͤnschen das Praͤdikat, das in dem Gedanken nicht enthalten war. Die Harmonie, wovon der Verfasser spricht, ist selbst ein Gedanke, und kann blos als die Ursache der Empfindung der Freude, nicht aber als die Empfindung selbst angesehn werden.

Der Unterschied zwischen ich denke, und mich duͤnkt glaube ich besteht darin: im ersten Falle bin ich mir die Reihe der Vorstellungen die in mir den Gedanken hervorgebracht haben, bewußt, im letzten aber nicht, in jenem bin ich also voͤllig thaͤtig, in diesem aber zum Theil leidend.

H. Spaldings sonderbaren Zufall erklaͤrt H. Mendelssohn (Band 3. Stuͤck 46.) sehr scharfsinnig. Was mich anbetrift, so glaube ich dieses ließe sich auf eine weit einfachre Art folgendermaßen erklaͤren.


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[2/0002] Dinge zu einander) auch den Gedanken, daß diese Sache mit unsern Wuͤnschen uͤbereinstimmt (das Urtheil vom Verhaͤltnisse dieses Gedankens zu unsrer Empfindung) einschloͤsse, alsdann waͤre freilich der Gedanke, und die Freude daruͤber eins. Es verhaͤlt sich aber in der That nicht so; in dem Gedanken ist mein Freund das Subjekt, und seine Wiederherstellung das Praͤdikat. Zum Urtheile daß dieses mit meinen Wuͤnschen uͤbereinstimmt hingegen ist der vorige Gedanke Subjekt, und seine Uebereinstimmung mit meinen Wuͤnschen das Praͤdikat, das in dem Gedanken nicht enthalten war. Die Harmonie, wovon der Verfasser spricht, ist selbst ein Gedanke, und kann blos als die Ursache der Empfindung der Freude, nicht aber als die Empfindung selbst angesehn werden. Der Unterschied zwischen ich denke, und mich duͤnkt glaube ich besteht darin: im ersten Falle bin ich mir die Reihe der Vorstellungen die in mir den Gedanken hervorgebracht haben, bewußt, im letzten aber nicht, in jenem bin ich also voͤllig thaͤtig, in diesem aber zum Theil leidend. H. Spaldings sonderbaren Zufall erklaͤrt H. Mendelssohn (Band 3. Stuͤck 46.) sehr scharfsinnig. Was mich anbetrift, so glaube ich dieses ließe sich auf eine weit einfachre Art folgendermaßen erklaͤren.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01002_1793/2>, abgerufen am 28.04.2024.