Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite


stellungen wirklich macht. Aber nicht auf einmal, sondern in einer Zeitfolge ist also die wahre würkende Ursache. --

"Jch gehe zu der mit der würkenden oder efficienten Ursache verknüpften formalen über, welche von dem idealen Grund, oder der Endursache nicht wohl getrennet werden kann. Denn eine jede Handlung, welche mit und durch Verstand geschehen soll, setzt ein Vorhaben zum voraus, dem eine Hinsicht auf Etwas zum Grunde liegt. Dieses Etwas ist aber nichts anders, als die Form derjenigen Sache welche zu Stande kommen soll. Jn jenem Verstande also, welcher die Kraft hat, alle Arten der Dinge hervorzubringen, und mit der herrlichsten Kunst das Vermögen der Materie im Wirklichen darzustellen, müssen nothwendig alle jene Dinge, nach einem gewissen formalen Grunde, früher schon vorhanden seyn. Eine zwiefache Form muß daher durchaus angenommen werden; einmal diejenige, welche Ursache, aber noch nicht zu Wirklichkeit bestimmende Ursache ist; alsdenn die andere, welche den Gegenstand aus der Materie wirklich jetzt entstehen läßt. Der Zweck der würkenden Ursache, oder die Endursache überhaupt, ist die Vollkommenheit des Universums, welche darin besteht, daß in den verschiedenen Theilen der Materie alle Formen zum wirklichen Daseyn gelangen: und in diesem Zwecke gefällt und ergötzt sich der Verstand so sehr, daß er nie müde wird, neue


stellungen wirklich macht. Aber nicht auf einmal, sondern in einer Zeitfolge ist also die wahre wuͤrkende Ursache. —

»Jch gehe zu der mit der wuͤrkenden oder efficienten Ursache verknuͤpften formalen uͤber, welche von dem idealen Grund, oder der Endursache nicht wohl getrennet werden kann. Denn eine jede Handlung, welche mit und durch Verstand geschehen soll, setzt ein Vorhaben zum voraus, dem eine Hinsicht auf Etwas zum Grunde liegt. Dieses Etwas ist aber nichts anders, als die Form derjenigen Sache welche zu Stande kommen soll. Jn jenem Verstande also, welcher die Kraft hat, alle Arten der Dinge hervorzubringen, und mit der herrlichsten Kunst das Vermoͤgen der Materie im Wirklichen darzustellen, muͤssen nothwendig alle jene Dinge, nach einem gewissen formalen Grunde, fruͤher schon vorhanden seyn. Eine zwiefache Form muß daher durchaus angenommen werden; einmal diejenige, welche Ursache, aber noch nicht zu Wirklichkeit bestimmende Ursache ist; alsdenn die andere, welche den Gegenstand aus der Materie wirklich jetzt entstehen laͤßt. Der Zweck der wuͤrkenden Ursache, oder die Endursache uͤberhaupt, ist die Vollkommenheit des Universums, welche darin besteht, daß in den verschiedenen Theilen der Materie alle Formen zum wirklichen Daseyn gelangen: und in diesem Zwecke gefaͤllt und ergoͤtzt sich der Verstand so sehr, daß er nie muͤde wird, neue

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0065" n="65"/><lb/>
stellungen wirklich macht. Aber nicht auf einmal,                         sondern in einer Zeitfolge ist also die wahre wu&#x0364;rkende Ursache. &#x2014;</p>
              <p>»Jch gehe zu der mit der wu&#x0364;rkenden oder efficienten Ursache verknu&#x0364;pften                         formalen u&#x0364;ber, welche von dem idealen Grund, oder der Endursache nicht wohl                         getrennet werden kann. Denn eine jede Handlung, welche mit und durch                         Verstand geschehen soll, setzt ein Vorhaben zum voraus, dem eine Hinsicht                         auf Etwas zum Grunde liegt. Dieses Etwas ist aber nichts anders, als die                         Form derjenigen Sache welche zu Stande kommen soll. Jn jenem Verstande also,                         welcher die Kraft hat, alle Arten der Dinge hervorzubringen, und mit der                         herrlichsten Kunst das Vermo&#x0364;gen der Materie im Wirklichen darzustellen,                         mu&#x0364;ssen nothwendig alle jene Dinge, nach einem gewissen formalen Grunde,                         fru&#x0364;her schon vorhanden seyn. Eine zwiefache Form muß daher durchaus                         angenommen werden; einmal diejenige, welche Ursache, aber noch nicht zu                         Wirklichkeit bestimmende Ursache ist; alsdenn die andere, welche den                         Gegenstand aus der Materie wirklich jetzt entstehen la&#x0364;ßt. Der Zweck der                         wu&#x0364;rkenden Ursache, oder die Endursache u&#x0364;berhaupt, ist die Vollkommenheit des                         Universums, welche darin besteht, daß in den verschiedenen Theilen der                         Materie alle Formen zum wirklichen Daseyn gelangen: und in diesem Zwecke                         gefa&#x0364;llt und ergo&#x0364;tzt sich der Verstand so sehr, daß er nie mu&#x0364;de wird, neue<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[65/0065] stellungen wirklich macht. Aber nicht auf einmal, sondern in einer Zeitfolge ist also die wahre wuͤrkende Ursache. — »Jch gehe zu der mit der wuͤrkenden oder efficienten Ursache verknuͤpften formalen uͤber, welche von dem idealen Grund, oder der Endursache nicht wohl getrennet werden kann. Denn eine jede Handlung, welche mit und durch Verstand geschehen soll, setzt ein Vorhaben zum voraus, dem eine Hinsicht auf Etwas zum Grunde liegt. Dieses Etwas ist aber nichts anders, als die Form derjenigen Sache welche zu Stande kommen soll. Jn jenem Verstande also, welcher die Kraft hat, alle Arten der Dinge hervorzubringen, und mit der herrlichsten Kunst das Vermoͤgen der Materie im Wirklichen darzustellen, muͤssen nothwendig alle jene Dinge, nach einem gewissen formalen Grunde, fruͤher schon vorhanden seyn. Eine zwiefache Form muß daher durchaus angenommen werden; einmal diejenige, welche Ursache, aber noch nicht zu Wirklichkeit bestimmende Ursache ist; alsdenn die andere, welche den Gegenstand aus der Materie wirklich jetzt entstehen laͤßt. Der Zweck der wuͤrkenden Ursache, oder die Endursache uͤberhaupt, ist die Vollkommenheit des Universums, welche darin besteht, daß in den verschiedenen Theilen der Materie alle Formen zum wirklichen Daseyn gelangen: und in diesem Zwecke gefaͤllt und ergoͤtzt sich der Verstand so sehr, daß er nie muͤde wird, neue

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, University of Glasgow, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01002_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01002_1793/65
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01002_1793/65>, abgerufen am 24.11.2024.