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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793.

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baren an, und macht es durch verschiedene, ihm gleich mögliche Bestimmungen, zu ein mehreren Objekten Gemeinschaftliches. Man nimmt z.B. den Begriff von Raum, der schon an sich objektive Realität hat, und bestimmt ihn auf verschiedene Arten zu verschiedene Objekte (z.B. als Dreieck Zirkel u.d.g.) Das diesen Objekten Gemeinschaftliche, nehmlich der Raum ist hier nicht von denselben abstrahirt, sondern es wird vielmehr denselben vorausgesetzt, ohne welches sie nicht gedacht werden können. Jm ersten Falle ist Materie und Form (in Ansehung unserer Erkenntniß) blos zufälligerweise verknüpft. Aus dem Begriff der Ausdehnung und Solidität werden wir nie die synthetische Möglichkeit des Goldes z.B. oder der besondern Bestimmung dieses allen Körpern Gemeinschaftliches durch gelbe Farbe u.d.g. herausbringen können. Wir erkennen dieselbe blos empyrisch. Jm zweiten Falle hingegen hat die Verknüpfung von Materie und Form einen Grund a priori, nehmlich die unmögliche Denkbarkeit der Form an sich ausser ihrer Verknüpfung mit der Materie, so daß sie nicht als Subjekt sondern blos als Prädikat der Materie gedacht werden kann.

Das was auf den synthetischen Weg gefunden wird, kann auch auf den analytischen Weg gefunden werden; aber nicht immer auch umgekehrt. Man kann z.B. die Vorstellung des Raumes auch dadurch erhalten, daß man von allen möglichen ma-


baren an, und macht es durch verschiedene, ihm gleich moͤgliche Bestimmungen, zu ein mehreren Objekten Gemeinschaftliches. Man nimmt z.B. den Begriff von Raum, der schon an sich objektive Realitaͤt hat, und bestimmt ihn auf verschiedene Arten zu verschiedene Objekte (z.B. als Dreieck Zirkel u.d.g.) Das diesen Objekten Gemeinschaftliche, nehmlich der Raum ist hier nicht von denselben abstrahirt, sondern es wird vielmehr denselben vorausgesetzt, ohne welches sie nicht gedacht werden koͤnnen. Jm ersten Falle ist Materie und Form (in Ansehung unserer Erkenntniß) blos zufaͤlligerweise verknuͤpft. Aus dem Begriff der Ausdehnung und Soliditaͤt werden wir nie die synthetische Moͤglichkeit des Goldes z.B. oder der besondern Bestimmung dieses allen Koͤrpern Gemeinschaftliches durch gelbe Farbe u.d.g. herausbringen koͤnnen. Wir erkennen dieselbe blos empyrisch. Jm zweiten Falle hingegen hat die Verknuͤpfung von Materie und Form einen Grund a priori, nehmlich die unmoͤgliche Denkbarkeit der Form an sich ausser ihrer Verknuͤpfung mit der Materie, so daß sie nicht als Subjekt sondern blos als Praͤdikat der Materie gedacht werden kann.

Das was auf den synthetischen Weg gefunden wird, kann auch auf den analytischen Weg gefunden werden; aber nicht immer auch umgekehrt. Man kann z.B. die Vorstellung des Raumes auch dadurch erhalten, daß man von allen moͤglichen ma-

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[77/0077] baren an, und macht es durch verschiedene, ihm gleich moͤgliche Bestimmungen, zu ein mehreren Objekten Gemeinschaftliches. Man nimmt z.B. den Begriff von Raum, der schon an sich objektive Realitaͤt hat, und bestimmt ihn auf verschiedene Arten zu verschiedene Objekte (z.B. als Dreieck Zirkel u.d.g.) Das diesen Objekten Gemeinschaftliche, nehmlich der Raum ist hier nicht von denselben abstrahirt, sondern es wird vielmehr denselben vorausgesetzt, ohne welches sie nicht gedacht werden koͤnnen. Jm ersten Falle ist Materie und Form (in Ansehung unserer Erkenntniß) blos zufaͤlligerweise verknuͤpft. Aus dem Begriff der Ausdehnung und Soliditaͤt werden wir nie die synthetische Moͤglichkeit des Goldes z.B. oder der besondern Bestimmung dieses allen Koͤrpern Gemeinschaftliches durch gelbe Farbe u.d.g. herausbringen koͤnnen. Wir erkennen dieselbe blos empyrisch. Jm zweiten Falle hingegen hat die Verknuͤpfung von Materie und Form einen Grund a priori, nehmlich die unmoͤgliche Denkbarkeit der Form an sich ausser ihrer Verknuͤpfung mit der Materie, so daß sie nicht als Subjekt sondern blos als Praͤdikat der Materie gedacht werden kann. Das was auf den synthetischen Weg gefunden wird, kann auch auf den analytischen Weg gefunden werden; aber nicht immer auch umgekehrt. Man kann z.B. die Vorstellung des Raumes auch dadurch erhalten, daß man von allen moͤglichen ma-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01002_1793/77>, abgerufen am 14.05.2024.