Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 2. Berlin, 1793.
Er that darauf Vorschläge, wie er mich wieder mit meinen Verwandten aussöhnen wolle, die ich aber alle verwarf. Nein, es ist mir nicht möglich von diesen Menschen Wohlthaten anzunehmen! Er schien das zu begreifen -- Wissen Sie was? sagt er, wollen Sie übersetzen, so will ich Jhnen einen Verleger schaffen, und ich steh' Jhnen für eine ziemliche Einnahme. Er erzählte mir dann, daß er von einem Leipziger Buchhändler Auftrag erhalten habe, einige Jtalienische Werke zu übersetzen, der ihm für den Bogen zwei Thaler geboten habe. Er könne diese Arbeit wegen seiner andern Geschäfte nicht wohl übernehmen, und da ich ohne dies der Jtalienischen Sprache noch mächtiger sey, als er selbst, so wisse er mir gar keinen bessern Vorschlag zu thun. Jch sagte mit Freuden Ja! und er freute sich fast kindisch, daß er mir helfen konnte. Guter Gott! Nun bin ich ja wieder ganz ganz glücklich! Welch ein süßer Friede in meiner Brust! -- Nun will ich arbeiten und nichts mehr hören und sehen und wissen als meine Arbeit und meine Wissenschaften, und -- meine Erholung, meine Freude ist Sie dann, und nur Sie. Was
Er that darauf Vorschlaͤge, wie er mich wieder mit meinen Verwandten aussoͤhnen wolle, die ich aber alle verwarf. Nein, es ist mir nicht moͤglich von diesen Menschen Wohlthaten anzunehmen! Er schien das zu begreifen — Wissen Sie was? sagt er, wollen Sie uͤbersetzen, so will ich Jhnen einen Verleger schaffen, und ich steh' Jhnen fuͤr eine ziemliche Einnahme. Er erzaͤhlte mir dann, daß er von einem Leipziger Buchhaͤndler Auftrag erhalten habe, einige Jtalienische Werke zu uͤbersetzen, der ihm fuͤr den Bogen zwei Thaler geboten habe. Er koͤnne diese Arbeit wegen seiner andern Geschaͤfte nicht wohl uͤbernehmen, und da ich ohne dies der Jtalienischen Sprache noch maͤchtiger sey, als er selbst, so wisse er mir gar keinen bessern Vorschlag zu thun. Jch sagte mit Freuden Ja! und er freute sich fast kindisch, daß er mir helfen konnte. Guter Gott! Nun bin ich ja wieder ganz ganz gluͤcklich! Welch ein suͤßer Friede in meiner Brust! — Nun will ich arbeiten und nichts mehr hoͤren und sehen und wissen als meine Arbeit und meine Wissenschaften, und — meine Erholung, meine Freude ist Sie dann, und nur Sie. Was <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0093" n="93"/><lb/> kuͤßte mich, und seine Augen waren feucht, sagte, daß er oft an mich gedacht, daß es ihn oft bekuͤmmert habe, daß meine Talente so in Unmuth hinsterben sollten, und heute besonders sey ich ihm nicht aus dem Sinn gekommen.</p> <p>Er that darauf Vorschlaͤge, wie er mich wieder mit meinen Verwandten aussoͤhnen wolle, die ich aber alle verwarf. Nein, es ist mir nicht moͤglich von diesen Menschen Wohlthaten anzunehmen! Er schien das zu begreifen — Wissen Sie was? sagt er, wollen Sie uͤbersetzen, so will ich Jhnen einen Verleger schaffen, und ich steh' Jhnen fuͤr eine ziemliche Einnahme. Er erzaͤhlte mir dann, daß er von einem Leipziger Buchhaͤndler Auftrag erhalten habe, einige Jtalienische Werke zu uͤbersetzen, der <choice><corr>ihm</corr><sic>ihn</sic></choice> fuͤr den Bogen zwei Thaler geboten habe. Er koͤnne diese Arbeit wegen seiner andern Geschaͤfte nicht wohl uͤbernehmen, und da ich ohne dies der Jtalienischen Sprache noch maͤchtiger sey, als er selbst, so wisse er mir gar keinen bessern Vorschlag zu thun.</p> <p>Jch sagte mit Freuden Ja! und er freute sich fast kindisch, daß er mir helfen konnte.</p> <p>Guter Gott! Nun bin ich ja wieder ganz ganz gluͤcklich! Welch ein suͤßer Friede in meiner Brust! — Nun will ich arbeiten und nichts mehr hoͤren und sehen und wissen als meine Arbeit und meine Wissenschaften, und — meine Erholung, meine Freude ist Sie dann, und nur Sie. Was<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [93/0093]
kuͤßte mich, und seine Augen waren feucht, sagte, daß er oft an mich gedacht, daß es ihn oft bekuͤmmert habe, daß meine Talente so in Unmuth hinsterben sollten, und heute besonders sey ich ihm nicht aus dem Sinn gekommen.
Er that darauf Vorschlaͤge, wie er mich wieder mit meinen Verwandten aussoͤhnen wolle, die ich aber alle verwarf. Nein, es ist mir nicht moͤglich von diesen Menschen Wohlthaten anzunehmen! Er schien das zu begreifen — Wissen Sie was? sagt er, wollen Sie uͤbersetzen, so will ich Jhnen einen Verleger schaffen, und ich steh' Jhnen fuͤr eine ziemliche Einnahme. Er erzaͤhlte mir dann, daß er von einem Leipziger Buchhaͤndler Auftrag erhalten habe, einige Jtalienische Werke zu uͤbersetzen, der ihm fuͤr den Bogen zwei Thaler geboten habe. Er koͤnne diese Arbeit wegen seiner andern Geschaͤfte nicht wohl uͤbernehmen, und da ich ohne dies der Jtalienischen Sprache noch maͤchtiger sey, als er selbst, so wisse er mir gar keinen bessern Vorschlag zu thun.
Jch sagte mit Freuden Ja! und er freute sich fast kindisch, daß er mir helfen konnte.
Guter Gott! Nun bin ich ja wieder ganz ganz gluͤcklich! Welch ein suͤßer Friede in meiner Brust! — Nun will ich arbeiten und nichts mehr hoͤren und sehen und wissen als meine Arbeit und meine Wissenschaften, und — meine Erholung, meine Freude ist Sie dann, und nur Sie. Was
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
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