Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.
Ferner müssen auch nie zwei wirksame Jdeen zusammenstoßen, die auf eben dasselbe Organ wirken, und Verrichtungen verschiedener Art hervorzubringen bemüht sind; woraus eine Unbestimmtheit der Wirkung, die wir in Rücksicht auf die Sprachorgane Stottern nennen, entspringt. Dieser Fehler ist mehr psychologisch als mechanisch oder organisch, aus folgenden Gründen. 1) Jn Affekt sind wir mehr oder weniger diesem Fehler unterworfen. 2) Man ist demselben in einer fremden Sprache mehr ausgesetzt, als in der Muttersprache. 3) Mehr wenn jemand zugegen ist, vor dem wir uns scheuen, diese Schwachheit merken zu lassen. 4) Am wenigsten aber, wenn man allein ist, laut und langsam spricht oder singt. 5) Wenn der Stotternde zu sprechen fortfahren will, so wiederholt er einige bereits ausgesprochene Sylben, um gleichsam auszuholen, und fährt mit der äußersten Geschwindigkeit über die schwierige Sylbe, sehr oft ohne Anstoß hinweg. Zuweilen muß die Operation zu diesem Behuf wie-
Ferner muͤssen auch nie zwei wirksame Jdeen zusammenstoßen, die auf eben dasselbe Organ wirken, und Verrichtungen verschiedener Art hervorzubringen bemuͤht sind; woraus eine Unbestimmtheit der Wirkung, die wir in Ruͤcksicht auf die Sprachorgane Stottern nennen, entspringt. Dieser Fehler ist mehr psychologisch als mechanisch oder organisch, aus folgenden Gruͤnden. 1) Jn Affekt sind wir mehr oder weniger diesem Fehler unterworfen. 2) Man ist demselben in einer fremden Sprache mehr ausgesetzt, als in der Muttersprache. 3) Mehr wenn jemand zugegen ist, vor dem wir uns scheuen, diese Schwachheit merken zu lassen. 4) Am wenigsten aber, wenn man allein ist, laut und langsam spricht oder singt. 5) Wenn der Stotternde zu sprechen fortfahren will, so wiederholt er einige bereits ausgesprochene Sylben, um gleichsam auszuholen, und faͤhrt mit der aͤußersten Geschwindigkeit uͤber die schwierige Sylbe, sehr oft ohne Anstoß hinweg. Zuweilen muß die Operation zu diesem Behuf wie- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0033" n="33"/><lb/> menhang der wirksamen Begriffe, so wie der organischen Regungen unterbreche, indem das oͤftere Ablassen und Ansetzen der willkuͤhrlichen Handlung ihr das Ansehen der <hi rendition="#b">Aengstlichkeit</hi> giebt, welches Misfallen erregt.</p> <p>Ferner muͤssen auch nie zwei wirksame Jdeen zusammenstoßen, die auf eben dasselbe Organ wirken, und Verrichtungen verschiedener Art hervorzubringen bemuͤht sind; woraus eine Unbestimmtheit der Wirkung, die wir in Ruͤcksicht auf die Sprachorgane <hi rendition="#b">Stottern</hi> nennen, entspringt.</p> <p>Dieser Fehler ist mehr <hi rendition="#b">psychologisch</hi> als <hi rendition="#b">mechanisch</hi> oder <hi rendition="#b">organisch,</hi> aus folgenden Gruͤnden.</p> <p>1) Jn Affekt sind wir mehr oder weniger diesem Fehler unterworfen.</p> <p>2) Man ist demselben in einer fremden Sprache mehr ausgesetzt, als in der Muttersprache.</p> <p>3) Mehr wenn jemand zugegen ist, vor dem wir uns scheuen, diese Schwachheit merken zu lassen.</p> <p>4) Am wenigsten aber, wenn man allein ist, laut und langsam spricht oder singt.</p> <p>5) Wenn der Stotternde zu sprechen fortfahren will, so wiederholt er einige bereits ausgesprochene Sylben, um gleichsam auszuholen, und faͤhrt mit der aͤußersten Geschwindigkeit uͤber die schwierige Sylbe, sehr oft ohne Anstoß hinweg. Zuweilen muß die Operation zu diesem Behuf wie-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [33/0033]
menhang der wirksamen Begriffe, so wie der organischen Regungen unterbreche, indem das oͤftere Ablassen und Ansetzen der willkuͤhrlichen Handlung ihr das Ansehen der Aengstlichkeit giebt, welches Misfallen erregt.
Ferner muͤssen auch nie zwei wirksame Jdeen zusammenstoßen, die auf eben dasselbe Organ wirken, und Verrichtungen verschiedener Art hervorzubringen bemuͤht sind; woraus eine Unbestimmtheit der Wirkung, die wir in Ruͤcksicht auf die Sprachorgane Stottern nennen, entspringt.
Dieser Fehler ist mehr psychologisch als mechanisch oder organisch, aus folgenden Gruͤnden.
1) Jn Affekt sind wir mehr oder weniger diesem Fehler unterworfen.
2) Man ist demselben in einer fremden Sprache mehr ausgesetzt, als in der Muttersprache.
3) Mehr wenn jemand zugegen ist, vor dem wir uns scheuen, diese Schwachheit merken zu lassen.
4) Am wenigsten aber, wenn man allein ist, laut und langsam spricht oder singt.
5) Wenn der Stotternde zu sprechen fortfahren will, so wiederholt er einige bereits ausgesprochene Sylben, um gleichsam auszuholen, und faͤhrt mit der aͤußersten Geschwindigkeit uͤber die schwierige Sylbe, sehr oft ohne Anstoß hinweg. Zuweilen muß die Operation zu diesem Behuf wie-
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
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