Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783.
*** Am Donnerstage erhielt ich Nachricht von meiner Schwester aus Frankfurt, daß sie nun wirklich mit dem Major du B. verlobt sey. Jhre Laune und ihr Glück schenkten mir den ersten glücklichen Tag in diesem Kerker; ich wurde so heiter und so froh, als ob ich noch in ihrem Hause wäre; ich arbeitete mit Lust, und alles ging treflich. Um diesen Tag recht vergnügt zu beschließen, wollte ich den Abend bei dem Herrn Magister Herrmann zubringen, an den Sie mich empfohlen haben. Um recht vorsichtig zu gehen, sagte ich zu einem Schüler, er möchte mich bei dem Stubenlehrer entschuldigen, wenn ich etwa spät zu Hause käme. Mit dieser vergnügten Seele kam ich bis an die Apotheke des Waisenhauses. Wo wollt Jhr hin? rief mir ein Mensch nach, der höch-
*** Am Donnerstage erhielt ich Nachricht von meiner Schwester aus Frankfurt, daß sie nun wirklich mit dem Major du B. verlobt sey. Jhre Laune und ihr Gluͤck schenkten mir den ersten gluͤcklichen Tag in diesem Kerker; ich wurde so heiter und so froh, als ob ich noch in ihrem Hause waͤre; ich arbeitete mit Lust, und alles ging treflich. Um diesen Tag recht vergnuͤgt zu beschließen, wollte ich den Abend bei dem Herrn Magister Herrmann zubringen, an den Sie mich empfohlen haben. Um recht vorsichtig zu gehen, sagte ich zu einem Schuͤler, er moͤchte mich bei dem Stubenlehrer entschuldigen, wenn ich etwa spaͤt zu Hause kaͤme. Mit dieser vergnuͤgten Seele kam ich bis an die Apotheke des Waisenhauses. Wo wollt Jhr hin? rief mir ein Mensch nach, der hoͤch- <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0025" n="21"/><lb/> ten, und versicherte sie, daß ich davon keine Silbe gewußt. Der Große verlangte, ich sollte mich auf einem freien Platze mit ihm balgen, damit er sich seine Ehre wieder erwerben koͤnne. Jch sagte ihm, ich wuͤrde dieß nicht thun. Der eine Lehrer mischte sich drein, und suchte ihn zu einer Aussoͤhnung zu bewegen. Dieß wollte er auch thun, wenn die Klasse es zugaͤbe, und oͤffentlich gestuͤnde, daß seine Ehre nichts dabei litte. Dieß thaten sie durch einen lauten Zuruf; er gab mir die Hand, und ich mußte an seinem Arme nach Hause gehen. Von diesem allen erfaͤhrt der Jnspektor kein Wort. </p> <p rend="center">***</p> <p>Am Donnerstage erhielt ich Nachricht von meiner Schwester aus Frankfurt, daß sie nun wirklich mit dem Major du B. verlobt sey. Jhre Laune und ihr Gluͤck schenkten mir den ersten gluͤcklichen Tag in diesem Kerker; ich wurde so heiter und so froh, als ob ich noch in ihrem Hause waͤre; ich arbeitete mit Lust, und alles ging treflich. Um diesen Tag recht vergnuͤgt zu beschließen, wollte ich den Abend bei dem Herrn Magister Herrmann zubringen, an den Sie mich empfohlen haben. Um recht vorsichtig zu gehen, sagte ich zu einem Schuͤler, er moͤchte mich bei dem Stubenlehrer entschuldigen, wenn ich etwa spaͤt zu Hause kaͤme. Mit dieser vergnuͤgten Seele kam ich bis an die Apotheke des Waisenhauses. Wo wollt Jhr hin? rief mir ein Mensch nach, der hoͤch-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [21/0025]
ten, und versicherte sie, daß ich davon keine Silbe gewußt. Der Große verlangte, ich sollte mich auf einem freien Platze mit ihm balgen, damit er sich seine Ehre wieder erwerben koͤnne. Jch sagte ihm, ich wuͤrde dieß nicht thun. Der eine Lehrer mischte sich drein, und suchte ihn zu einer Aussoͤhnung zu bewegen. Dieß wollte er auch thun, wenn die Klasse es zugaͤbe, und oͤffentlich gestuͤnde, daß seine Ehre nichts dabei litte. Dieß thaten sie durch einen lauten Zuruf; er gab mir die Hand, und ich mußte an seinem Arme nach Hause gehen. Von diesem allen erfaͤhrt der Jnspektor kein Wort.
***
Am Donnerstage erhielt ich Nachricht von meiner Schwester aus Frankfurt, daß sie nun wirklich mit dem Major du B. verlobt sey. Jhre Laune und ihr Gluͤck schenkten mir den ersten gluͤcklichen Tag in diesem Kerker; ich wurde so heiter und so froh, als ob ich noch in ihrem Hause waͤre; ich arbeitete mit Lust, und alles ging treflich. Um diesen Tag recht vergnuͤgt zu beschließen, wollte ich den Abend bei dem Herrn Magister Herrmann zubringen, an den Sie mich empfohlen haben. Um recht vorsichtig zu gehen, sagte ich zu einem Schuͤler, er moͤchte mich bei dem Stubenlehrer entschuldigen, wenn ich etwa spaͤt zu Hause kaͤme. Mit dieser vergnuͤgten Seele kam ich bis an die Apotheke des Waisenhauses. Wo wollt Jhr hin? rief mir ein Mensch nach, der hoͤch-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |