Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783.
Wirklich hielt er auf das eigensinnigste alle Gebote, die er erfahren konnte, und sah die ganze Zeit über Halle nicht, als von den Bergen auf seinen Spaziergängen. Seiner Mutter schrieb er, daß es ihm in Halle ziemlich wohl gefiele, und daß er hofte, er würde sich recht gut in die Ordnung finden lernen. Seinem Vetter, dem Pastor L., meldete er etwas mehr von seinen wahren Empfindungen, und seiner Schwester in Frankfurt entdeckte er sich ganz, weil er glaubte, sie würde es bewirken können, daß er zu ihr nach Frankfurt zöge, und die dasige Schule besuchte. Allein er erhielt eine kalte gleichgültige Antwort. Der Pastor L. warf ihm Eigensinn und Stolz vor, und die Antwort seiner Mutter war voll *)Das Uebrige dieses Briefes hab ich verlegt. J.
Wirklich hielt er auf das eigensinnigste alle Gebote, die er erfahren konnte, und sah die ganze Zeit uͤber Halle nicht, als von den Bergen auf seinen Spaziergaͤngen. Seiner Mutter schrieb er, daß es ihm in Halle ziemlich wohl gefiele, und daß er hofte, er wuͤrde sich recht gut in die Ordnung finden lernen. Seinem Vetter, dem Pastor L., meldete er etwas mehr von seinen wahren Empfindungen, und seiner Schwester in Frankfurt entdeckte er sich ganz, weil er glaubte, sie wuͤrde es bewirken koͤnnen, daß er zu ihr nach Frankfurt zoͤge, und die dasige Schule besuchte. Allein er erhielt eine kalte gleichguͤltige Antwort. Der Pastor L. warf ihm Eigensinn und Stolz vor, und die Antwort seiner Mutter war voll *)Das Uebrige dieses Briefes hab ich verlegt. J.
<TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0027" n="23"/><lb/> dieß alles zum erstenmale, und war aufgebracht genug, mich uͤber diesen Beinamen zu freuen, und uͤber sein Amt zu spotten. Jch habe nun erfahren, daß man ohne einen ausdruͤcklichen Erlaubnißschein von dem Jnspektor nicht zehn Schritt von seiner Wohnung gehen darf, und selten erhaͤlt man ihn. Jch habe mir daher vorgenommen, dieß Gesetz wirklich zu halten, so lange ich in diesem Gefaͤngnisse sitzen muß, und ich will doch sehen, ob ich es werde so weit bringen, diese Gesetze alle zu halten. Jch habe schon angefangen, mir ein Verzeichniß davon zu machen.*)<note place="foot"><p>*)Das Uebrige dieses Briefes hab ich verlegt.</p><p rendition="#right"><hi rendition="#b">J.</hi></p></note></p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Wirklich hielt er auf das eigensinnigste alle Gebote, die er erfahren konnte, und sah die ganze Zeit uͤber Halle nicht, als von den Bergen auf seinen Spaziergaͤngen. Seiner Mutter schrieb er, daß es ihm in Halle ziemlich wohl gefiele, und daß er hofte, er wuͤrde sich recht gut in die Ordnung finden lernen. Seinem Vetter, dem Pastor L., meldete er etwas mehr von seinen wahren Empfindungen, und seiner Schwester in Frankfurt entdeckte er sich ganz, weil er glaubte, sie wuͤrde es bewirken koͤnnen, daß er zu ihr nach Frankfurt zoͤge, und die dasige Schule besuchte. Allein er erhielt eine kalte gleichguͤltige Antwort. Der Pastor L. warf ihm Eigensinn und Stolz vor, und die Antwort seiner Mutter war voll<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [23/0027]
dieß alles zum erstenmale, und war aufgebracht genug, mich uͤber diesen Beinamen zu freuen, und uͤber sein Amt zu spotten. Jch habe nun erfahren, daß man ohne einen ausdruͤcklichen Erlaubnißschein von dem Jnspektor nicht zehn Schritt von seiner Wohnung gehen darf, und selten erhaͤlt man ihn. Jch habe mir daher vorgenommen, dieß Gesetz wirklich zu halten, so lange ich in diesem Gefaͤngnisse sitzen muß, und ich will doch sehen, ob ich es werde so weit bringen, diese Gesetze alle zu halten. Jch habe schon angefangen, mir ein Verzeichniß davon zu machen.*)
Wirklich hielt er auf das eigensinnigste alle Gebote, die er erfahren konnte, und sah die ganze Zeit uͤber Halle nicht, als von den Bergen auf seinen Spaziergaͤngen. Seiner Mutter schrieb er, daß es ihm in Halle ziemlich wohl gefiele, und daß er hofte, er wuͤrde sich recht gut in die Ordnung finden lernen. Seinem Vetter, dem Pastor L., meldete er etwas mehr von seinen wahren Empfindungen, und seiner Schwester in Frankfurt entdeckte er sich ganz, weil er glaubte, sie wuͤrde es bewirken koͤnnen, daß er zu ihr nach Frankfurt zoͤge, und die dasige Schule besuchte. Allein er erhielt eine kalte gleichguͤltige Antwort. Der Pastor L. warf ihm Eigensinn und Stolz vor, und die Antwort seiner Mutter war voll
*)Das Uebrige dieses Briefes hab ich verlegt.
J.
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