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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783.

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So blute dann dein Herz, armes Weib -- einmal muß es doch bluten, und gewiß länger, gewiß gefährlicher, wenn meines nicht verbluten sollte -- Mein Kopf sollte meine und deine einzige Stütze seyn -- hört er auf, es zu seyn, so wird er Last mir und dir -- und was hilft ein Herz ohne Kopf -- eine Larve ohne Gehirn deinem unglücklichen Gefährten.

Dieß sey dein Trost, du verlierst keine Stütze, sondern eine Bürde, und er lässet dir wenigstens keine Erben seines Elendes dir zur Last.

Meinen Trost mag meine Asche finden, wenn sie in Lüften zerstäubt.

Deine Standhaftigkeit ist jezt mit mein Trost, sie übertrift hunderte meines und tausende deines Geschlechts -- Du hast als Mutter und Gattin deine Pflichten stets treulich erfüllt, und das giebt dir die gerechtesten Ansprüche an deiner Nebenmenschen Hülfe, die nicht Barbaren sind -- Gott, der mir seinen Schutz versagte, sey mit dir -- Dein Glück ist noch nicht verdorben -- wie es durch die Fortdauer meines unglücklichen Lebens werden könnte.

Neuer Absatz.

Beynahe vier Monate habe ichs von neuem gewagt zu leben, aber mein Elend hört nicht auf -- das hin und wieder gehabte Vergnügen war Blendwerk, und konnte die gewissere Stimme, mit mei-


So blute dann dein Herz, armes Weib ― einmal muß es doch bluten, und gewiß laͤnger, gewiß gefaͤhrlicher, wenn meines nicht verbluten sollte ― Mein Kopf sollte meine und deine einzige Stuͤtze seyn ― hoͤrt er auf, es zu seyn, so wird er Last mir und dir ― und was hilft ein Herz ohne Kopf ― eine Larve ohne Gehirn deinem ungluͤcklichen Gefaͤhrten.

Dieß sey dein Trost, du verlierst keine Stuͤtze, sondern eine Buͤrde, und er laͤsset dir wenigstens keine Erben seines Elendes dir zur Last.

Meinen Trost mag meine Asche finden, wenn sie in Luͤften zerstaͤubt.

Deine Standhaftigkeit ist jezt mit mein Trost, sie uͤbertrift hunderte meines und tausende deines Geschlechts ― Du hast als Mutter und Gattin deine Pflichten stets treulich erfuͤllt, und das giebt dir die gerechtesten Anspruͤche an deiner Nebenmenschen Huͤlfe, die nicht Barbaren sind ― Gott, der mir seinen Schutz versagte, sey mit dir ― Dein Gluͤck ist noch nicht verdorben ― wie es durch die Fortdauer meines ungluͤcklichen Lebens werden koͤnnte.

Neuer Absatz.

Beynahe vier Monate habe ichs von neuem gewagt zu leben, aber mein Elend hoͤrt nicht auf ― das hin und wieder gehabte Vergnuͤgen war Blendwerk, und konnte die gewissere Stimme, mit mei-

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[35/0039] So blute dann dein Herz, armes Weib ― einmal muß es doch bluten, und gewiß laͤnger, gewiß gefaͤhrlicher, wenn meines nicht verbluten sollte ― Mein Kopf sollte meine und deine einzige Stuͤtze seyn ― hoͤrt er auf, es zu seyn, so wird er Last mir und dir ― und was hilft ein Herz ohne Kopf ― eine Larve ohne Gehirn deinem ungluͤcklichen Gefaͤhrten. Dieß sey dein Trost, du verlierst keine Stuͤtze, sondern eine Buͤrde, und er laͤsset dir wenigstens keine Erben seines Elendes dir zur Last. Meinen Trost mag meine Asche finden, wenn sie in Luͤften zerstaͤubt. Deine Standhaftigkeit ist jezt mit mein Trost, sie uͤbertrift hunderte meines und tausende deines Geschlechts ― Du hast als Mutter und Gattin deine Pflichten stets treulich erfuͤllt, und das giebt dir die gerechtesten Anspruͤche an deiner Nebenmenschen Huͤlfe, die nicht Barbaren sind ― Gott, der mir seinen Schutz versagte, sey mit dir ― Dein Gluͤck ist noch nicht verdorben ― wie es durch die Fortdauer meines ungluͤcklichen Lebens werden koͤnnte. Neuer Absatz. Beynahe vier Monate habe ichs von neuem gewagt zu leben, aber mein Elend hoͤrt nicht auf ― das hin und wieder gehabte Vergnuͤgen war Blendwerk, und konnte die gewissere Stimme, mit mei-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0103_1783/39>, abgerufen am 23.11.2024.