Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783.
Frage ich ihn nun durch Zeichen, ob er wohl glaube, daß ich seelig werde, so will er mich zwar nicht geradezu verdammen, aber er schüttelt doch mit dem Kopfe, und mahlt ein Cruzifix aufs Papier, wobei er alsdann die Hörner und Krallen, die ich dazu gemahlt, zwar mit der Feder über dem Papier bezeichnet, aber es nicht wagt, das Papier mit der Feder wirklich zu berühren, und nur einen Zug davon zu entwerfen. Die Miene, die er dabei macht, ist aus Verwunderung, Andacht und Abscheu zusammengesetzt. So hält er auch den Selbstmord für eine große Sünde. Denn indem ich einmal in seiner Gegenwart mich stellte, als ob ich mir ein Messer in die Brust stoßen wollte, so suchte er mich durch sehr ernsthafte Mienen und Gebehrden davon abzuhalten, indem er mir zugleich bezeichnete, daß mich gewiß der Teufel hohlen und mit Füßen zertreten würde, sobald ich auf die Weise stürbe. Jch stellte mich darauf, wie einer, der vor Krankheit auf dem Bette stirbt, um ihn zu fragen, was denn mit mir geschehen würde, worauf er nach seiner Art zu verstehen gab, daß ich alsdenn wohl seelig werden könnte. Dieß war noch vorher, ehe ich die Hörner und Krallen gemahlt hatte.
Frage ich ihn nun durch Zeichen, ob er wohl glaube, daß ich seelig werde, so will er mich zwar nicht geradezu verdammen, aber er schuͤttelt doch mit dem Kopfe, und mahlt ein Cruzifix aufs Papier, wobei er alsdann die Hoͤrner und Krallen, die ich dazu gemahlt, zwar mit der Feder uͤber dem Papier bezeichnet, aber es nicht wagt, das Papier mit der Feder wirklich zu beruͤhren, und nur einen Zug davon zu entwerfen. Die Miene, die er dabei macht, ist aus Verwunderung, Andacht und Abscheu zusammengesetzt. So haͤlt er auch den Selbstmord fuͤr eine große Suͤnde. Denn indem ich einmal in seiner Gegenwart mich stellte, als ob ich mir ein Messer in die Brust stoßen wollte, so suchte er mich durch sehr ernsthafte Mienen und Gebehrden davon abzuhalten, indem er mir zugleich bezeichnete, daß mich gewiß der Teufel hohlen und mit Fuͤßen zertreten wuͤrde, sobald ich auf die Weise stuͤrbe. Jch stellte mich darauf, wie einer, der vor Krankheit auf dem Bette stirbt, um ihn zu fragen, was denn mit mir geschehen wuͤrde, worauf er nach seiner Art zu verstehen gab, daß ich alsdenn wohl seelig werden koͤnnte. Dieß war noch vorher, ehe ich die Hoͤrner und Krallen gemahlt hatte. <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0082" n="78"/><lb/> Art durch die Gestalt des Teufels, der die Seele in seine Klauen faßt, und sie in den feurigen Ofen wirft, bezeichnet. </p> <p>Frage ich ihn nun durch Zeichen, ob er wohl glaube, daß ich seelig werde, so will er mich zwar nicht geradezu verdammen, aber er schuͤttelt doch mit dem Kopfe, und mahlt ein Cruzifix aufs Papier, wobei er alsdann die Hoͤrner und Krallen, die ich dazu gemahlt, zwar mit der Feder uͤber dem Papier bezeichnet, aber es nicht wagt, das Papier mit der Feder wirklich zu beruͤhren, und nur einen Zug davon zu entwerfen. Die Miene, die er dabei macht, ist aus Verwunderung, Andacht und Abscheu zusammengesetzt. </p> <p>So haͤlt er auch den Selbstmord fuͤr eine große Suͤnde. Denn indem ich einmal in seiner Gegenwart mich stellte, als ob ich mir ein Messer in die Brust stoßen wollte, so suchte er mich durch sehr ernsthafte Mienen und Gebehrden davon abzuhalten, indem er mir zugleich bezeichnete, daß mich gewiß der Teufel hohlen und mit Fuͤßen zertreten wuͤrde, sobald ich auf die Weise stuͤrbe. </p> <p>Jch stellte mich darauf, wie einer, der vor Krankheit auf dem Bette stirbt, um ihn zu fragen, was denn mit mir geschehen wuͤrde, worauf er nach seiner Art zu verstehen gab, daß ich alsdenn wohl seelig werden koͤnnte. Dieß war noch vorher, ehe ich die Hoͤrner und Krallen gemahlt hatte. </p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [78/0082]
Art durch die Gestalt des Teufels, der die Seele in seine Klauen faßt, und sie in den feurigen Ofen wirft, bezeichnet.
Frage ich ihn nun durch Zeichen, ob er wohl glaube, daß ich seelig werde, so will er mich zwar nicht geradezu verdammen, aber er schuͤttelt doch mit dem Kopfe, und mahlt ein Cruzifix aufs Papier, wobei er alsdann die Hoͤrner und Krallen, die ich dazu gemahlt, zwar mit der Feder uͤber dem Papier bezeichnet, aber es nicht wagt, das Papier mit der Feder wirklich zu beruͤhren, und nur einen Zug davon zu entwerfen. Die Miene, die er dabei macht, ist aus Verwunderung, Andacht und Abscheu zusammengesetzt.
So haͤlt er auch den Selbstmord fuͤr eine große Suͤnde. Denn indem ich einmal in seiner Gegenwart mich stellte, als ob ich mir ein Messer in die Brust stoßen wollte, so suchte er mich durch sehr ernsthafte Mienen und Gebehrden davon abzuhalten, indem er mir zugleich bezeichnete, daß mich gewiß der Teufel hohlen und mit Fuͤßen zertreten wuͤrde, sobald ich auf die Weise stuͤrbe.
Jch stellte mich darauf, wie einer, der vor Krankheit auf dem Bette stirbt, um ihn zu fragen, was denn mit mir geschehen wuͤrde, worauf er nach seiner Art zu verstehen gab, daß ich alsdenn wohl seelig werden koͤnnte. Dieß war noch vorher, ehe ich die Hoͤrner und Krallen gemahlt hatte.
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 3. Berlin, 1783, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0103_1783/82>, abgerufen am 16.02.2025. |